Arbeitsmarkt-Schere: Zu viele Alte gehen in Rente, zu wenige Junge rücken nach

Die Arbeitsmarkt-Schere öffnet sich weiter. Studien zeigen: Selbst hohe Zuwanderung kann den Mangel an Arbeitskräften langfristig kaum verhindern.

Der Kanton Zürich steht vor einem Arbeitskräftemangel: Bis 2050 fehlen 83'000 Erwerbstätige. Die Arbeitsmarkt-Schere öffnet sich, da mehr Menschen in Rente gehen als Junge nachrücken. Zürich bleibt attraktiv für junge Menschen, was die Situation etwas entschärft. Hohe Zuwanderung kann den Mangel nicht verhindern, es bräuchte doppelt so viel Zuwanderung wie in den letzten zehn Jahren. Die SVP des Kantons Zürich sieht in der Zuwanderung keine Lösung und fordert Familienförderung. Fehlende Arbeitskräfte stellen die Zürcher Wirtschaft vor grosse Herausforderungen: Bis 2050 könnten 83'000 Erwerbspersonen fehlen. Dies zeigt eine Studie des Amts für Wirtschaft. Hauptgrund ist die Arbeitsmarkt-Schere zwischen Alt und Jung sowie der Rückgang des Anteils der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung. Selbst hohe Zuwanderung kann den Effekt der Alterung nicht verhindern. Und die Geburtenrate sinkt stetig. Die Geburtenrate pro Frau ist in den letzten 60 Jahren von 2,7 auf 1,3 gesunken. Das Amt für Wirtschaft hat im neuen Zürcher Wirtschaftsmonitoring die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beleuchtet.

2029 erster, Ende 40er-Jahre zweiter Höhepunkt

In der Studie wird das Verhältnis der 20-Jährigen zu den 65-Jährigen erfasst. Seit Jahren verlassen mehr Personen altersbedingt den Arbeitsmarkt, als Junge nachrücken. 2029 dürfte die Schere am weitesten geöffnet sein: Im Kanton Zürich wird es dann 16 Prozent (2700 Personen) mehr 65-Jährige als 20-Jährige geben. Danach schliesst sich die Schere kurz, öffnet sich aber in den 2040er-Jahren mit 18 Prozent (2900 Personen) erneut. Die Auswirkungen: Der Arbeitskräftemangel nimmt zu, die Wirtschaftsdynamik lässt nach, die Branchenstruktur verändert sich, auch das Alter der Konsumenten wird einen Einfluss auf die Nachfrage haben.

Zürich ist etwas jünger

Zürich steht immerhin etwas besser da als die Gesamtschweiz. Im Kanton sinkt der Anteil Erwerbstätiger an der Gesamtbevölkerung von 63 auf 59 Prozent (Schweiz: 61 auf 55 Prozent). «Die Bevölkerungsstruktur im Kanton Zürich ist etwas jünger als in der Gesamtschweiz. Es ist die Attraktivität des Standorts Zürich als Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsort, der eine relativ junge Bevölkerung aus dem In- und Ausland anzieht», erklärt Luc Zobrist, Leiter Bereich Volkswirtschaft im Amt für Wirtschaft. Es gibt fünf Szenarien in der Studie. Doch alle zeigen, dass Zuwanderung den Effekt der Alterung schwächt, aber nicht verhindern kann. Um die Arbeitsmarkt-Schere zu stabilisieren, wäre jährlich eine doppelt so hohe Zuwanderung wie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre nötig, so das Fazit.

Walker Späh hofft auf Produktivität Dank Fortschritt

Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh hält fest, dass der Kanton eine bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials braucht. Sie hofft zudem auf eine steigende Produktivität aufgrund technologischen Fortschritts. Gar die Erhöhung des Pensionsalters zieht sie in Betracht.

SVP fordert bessere Familienpolitik

Die SVP des Kantons Zürich reagierte auf die Studienergebnisse. Zuwanderung sei keine Lösung, steht in der Medienmitteilung. Denn laut der SVP würde ohnehin «nur knapp die Hälfte der zugewanderten Personen» in den Arbeitsmarkt eintreten. Zudem würden auch Migranten älter. Die Partei fordert stärkere Familienförderung.

Weiterlesen - ein Beitrag von Céline Trachsel erschienen am 07.01.25 auf 20min.ch

Mehr Geld für Familien und Rentner – warum es doch nicht reicht

Der Bund hat auf Anfang Jahr die Familienzulagen und AHV-Renten angepasst. Für Pro Familia und Pro Senectute reicht das aber noch nicht. Für Familien und Rentner gibt es 2025 gute Nachrichten. Der Bund hat auf Anfang Jahr die Familienzulagen und AHV-Renten angepasst. Denn die Kosten für den Lebensunterhalt sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Das macht insbesondere kinderreichen Familien und älteren Personen finanziell zu schaffen.
Foto Tagesschau 04.01.2025Die Kinderzulagen werden von 200 auf 215 Franken pro Monat erhöht. Und die Ausbildungszulage steigt von 250 auf 268 Franken. Das sind allerdings nur die vom Bund festgelegten Mindestsätze. Einige Kantone, vor allem aus der Westschweiz, bezahlen freiwillig höhere Beträge. Der Direktor von Pro Familia, Philippe Gnägi, fordert deshalb: «Diese Kantone, welche das Minimum geben, sollten aus meiner Sicht viel mehr geben, um diese Familien zu unterstützen.» Denn die Kosten für Familien seien sehr hoch. Von den Kantonen fordert Pro Familia aber auch, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie finanziell stärker zu unterstützen, auch hier gebe es kantonal grosse Unterschiede. «Aus meiner Sicht gibt es zwei Massnahmen, die man treffen sollte. Erstens eine Senkung der Gebühren für Kinder­betreuungs­einrichtungen, und zweitens sollte es ein grösseres Angebot an Kitas in einigen Kantonen und Gemeinden geben», sagt Gnägi.

Zustupf reicht nicht für die ganz Armen

Mehr Geld gibt es ab dem neuen Jahr auch für Rentnerinnen und Rentner. Die minimale AHV-Rente beträgt neu 1260 Franken pro Monat. Das sind 35 Franken mehr als bisher. Die Maximalrente liegt neu bei 2520 Franken, ein Plus von monatlich 70 Franken. Bei Pro Senectute relativiert man den Zustupf. «Es bedeutet mehr Geld im Portemonnaie. Aber leider nicht genügend, weil die Teuerung in den letzten Jahren etwas stärker zugenommen hat», sagt Peter Burri Follath, Mediensprecher von Pro Senectute. Insbesondere für die ganz Armen reiche es nicht aus. «Dort ist es nur ein Tropfen auf den heissen Stein», sagt Burri. Die Organisation fordert deshalb schnellere Anpassungen bei den Ergänzungsleistungen, weil ärmere Personen auch mit diesen finanziell immer öfter an den Anschlag kämen. «Die Zeit läuft. Die Teuerung ist schneller als die Anpassung dieser Ergänzungsleistungen», sagt Burri. Hier müsste man schnell reagieren können, insbesondere bei den Mieten.

Weiterlesen - Tagesschau, 4.1.2025, 19:30 Uhr ; 



Immer mehr Beamte können im Homeoffice arbeiten

Immer mehr Bundesangestellte können von zu Hause aus arbeiten. Selbst hochrangige Armeeangehörige sind davon nicht ausgenommen. Ein Grossteil der Bundesangestellten arbeitet regelmässig im Homeoffice. Selbst Asylgesuche oder militärische Entscheide können zu Hause bearbeitet werden. Es gilt jedoch die Pflicht zur Wahrung des Amtsgeheimnisses.

83 Prozent der Bundesangestellten in der Schweiz hatten Ende 2023 die Möglichkeit, zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten zu können. Und dieses Angebot wird rege genutzt: 74 Prozent gaben dies in der bislang letzten Personalumfrage an. Dies berichtet die «Sonntagszeitung». Die Palette an Aufgaben, die von zu Hause aus erledigt werden kann, ist breit. Bundesbehörden, wie das Staatssekretariat für Migration oder die Armee werben auch explizit mit der Homeoffice-Möglichkeit.

Asylverfahren aus dem Zug – militärische Entscheide vom Stubensofa?

Im Inserat für die Stelle als «Fachspezialist/-in Asylverfahren» steht beim Arbeitsort: «Zürich und Homeoffice». Zu den Aufgaben dieses Jobs gehört es etwa, «begründete Asyl- und Wegweisungsentscheide» zu verfassen. Auch bei der Stelle als «Chef/-in Lageverfolgung / Stv. Chef/-in Lageverfolgungszentrum der Armee» steht im Inserat: «Bern und Homeoffice». Zum Aufgabenprofil gehört beispielsweise: «Auf Stufe Armee und operativer Stufe jederzeit aktuelle Entscheidgrundlagen im Bereich der laufenden Operationen, Einsätze und Unterstützungsleistungen bereitstellen.» Theoretisch ist es also möglich, während einer Zugfahrt Asylverfahren zu bearbeiten. Oder Entscheide über militärische Operationen vom Stubensofa aus zu besprechen. Vorsicht ist aber wegen des Amtsgeheimnisses geboten. Dieses gilt auch ausserhalb des Büros. In den Homeoffice-Richtlinien des Bundes heisst es: «Die mobil tätigen Mitarbeitenden sind auch während ihrer Arbeit unterwegs oder zu Hause dem Amts- und Dienstgeheimnis unterstellt.» Weiter heisst es, sie seien für die Einhaltung des Datenschutzes gemäss den geltenden Datenschutzbestimmungen und der Informatiksicherheit verantwortlich. «Besondere Vorsicht im Umgang mit Geschäftsdaten ist in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln geboten.»

Bundesrats-Revision fördert Homeoffice-Möglichkeit für Bundespersonal

Der Bundesrat fördert flexiblere Arbeitsformen für Bundesangestellte seit fast vier Jahren. Im Mai 2021 verabschiedete die Landesregierung eine entsprechende Revision des Bundespersonalrechts. Man wolle für die künftigen Herausforderungen gerüstet sein, begründete der Bundesrat damals seinen Entscheid. Die Bundesverwaltung müsse als konkurrenzfähige Arbeitgeberin kompetente und motivierte Mitarbeitende gewinnen und halten können. «Dafür braucht sie zeitgemässe Arbeitsbedingungen.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Dominik Neuhaus erschienen am 05.01.25 auf nau.ch

Urteil des Bundesgerichts - Witwer erhalten gleiche Leistungen wie Witwen – immer

Auch geschiedene Witwer haben Anrecht auf eine Rente über die Volljährigkeit der Kinder hinaus.

Die Schweiz hat Witwen und Witwer lange Zeit ungleich behandelt. Bei der Auszahlung einer Hinterbliebenenrente wurde zwischen Männern und Frauen unterschieden. Der Hauptunterschied bestand darin, dass der Anspruch von Männern auf eine Rente erlosch, wenn das jüngste Kind volljährig wurde. Frauen erhielten dagegen die Witwenrente lebenslang.  Diese Praxis beendete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor zwei Jahren. Das Gericht hielt fest, dass die Gesetzgebung der Schweiz Witwer diskriminiere. Seither ist die Politik am Zug und sucht eine neue Regelung. 

Ungleichbehandlung aufgehoben

Für die Zeit, bis eine neue Gesetzgebung in Kraft tritt, hat das Bundesamt für Sozialversicherungen eine Übergangsregelung in Kraft gesetzt und die Ungleichbehandlung von Witwen und Witwer aufgehoben. Seither erhalten auch Männer die Witwerrente unbefristet. Im jetzt vom Bundesgericht beurteilten Fall gibt es eine zusätzliche Spezialität. Es geht um einen Mann, der zum Zeitpunkt, als seine Frau starb und er zum Witwer wurde, schon sechs Jahre geschieden war. Seine damals 17-jährige Tochter besuchte ein Sonderschulinternat. Die Ausgleichskasse des Kantons Freiburg gewährte dem Mann zwar eine Witwerrente, stellte die Zahlung aber ein, als die Tochter volljährig wurde. Das Amt begründete den Entscheid damit, dass die vom Bundesamt für Sozialversicherungen eingeführte Übergangsregelung nicht für geschiedene Männer gelte. 

Regelung gilt auch für Geschiedene

Dieser Argumentation widerspricht nun das Bundesgericht. Es schreibt in seinem Leiturteil, dass die Übergangsregelung zwar ausdrücklich festhalte, dass sie nur für Witwer, nicht aber für geschiedene Ehemänner gelte.  Doch mit diesem Vorgehen werde nicht nur die Gleichstellung von geschiedenen und verwitweten Personen ohne nähere Begründung relativiert, sondern auch die Rechtsungleichheit zwischen geschiedenen Männern und Frauen fortgesetzt. Das Gericht kommt zum Schluss, dass die Weisung des Bundesamts für Sozialversicherungen gesetzeswidrig ist und deshalb nicht beachtet werden soll. Der Mann hat also Anspruch auf Witwerrente – und zwar über die Volljährigkeit seiner Tochter hinaus.

Rendez-vous, 27.12.2024, 12:30 Uhr

Existenzminimum in der Schweiz - 400 oder 1700 Franken? Grundbedarf variiert je nach Gruppe

Sozialhilfe, Asylhilfe oder Ergänzungsleistungen: Die Beträge und Absichten der Systeme unterscheiden sich stark.

Der Grundsatz ist klar: Für jene, die nicht selber dafür aufkommen können, übernimmt der Sozialstaat die Kosten fürs Wohnen, die Gesundheit und zahlt einen Betrag für Alltagsausgaben, den sogenannten Grundbedarf. Damit bezahlen also Sozialhilfebeziehende alles Weitere, also zum Beispiel ihr Essen, Kleider, den Kaffee mit Freunden oder das Busbillett. In der Sozialhilfe sind das für Alleinstehende aktuell rund 1000 Franken pro Monat. Das ist zwar das wichtigste Existenzminimum, aber längst nicht das einzige. Es gibt eine ganze Reihe solcher Definitionen, wie viel ein Haushalt zum Leben braucht.

Weniger für Asylsuchende, mehr für ältere Menschen

Der tiefste Ansatz findet sich in der Asylsozialhilfe. Dieser Grundbedarf soll laut Gesetz unter dem Ansatz der Sozialhilfe liegen. Teilweise erhalten vorläufig Aufgenommene oder Asylsuchende weniger als 400 Franken pro Monat. Den höchsten Betrag bekommen ältere Menschen und Menschen mit Behinderung: Sie erhalten über die Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV rund 1700 Franken pro Monat als Grundbedarf. Thomas Gächter ist Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich. Er sagt: «Es sind unterschiedliche Systeme, die sich historisch unterschiedlich entwickelt haben.» Während die Ergänzungsleistungen den Anspruch in einer Sozialversicherung wie der AHV oder der Invalidenversicherung ergänzten, habe die Sozialhilfe ein ganz anderes Ziel. Sie solle die soziale Existenz sichern, verbunden mit der Pflicht, sich so weit wie möglich selbst zu finanzieren. Und bei vorläufig Aufgenommenen gehe man davon aus, dass sie die Schweiz wieder verlassen würden, und investiere darum entsprechend nicht in deren Integration. Asylsozialhilfe oder Ergänzungsleistungen – das sind unterschiedliche Gesetze und verschiedene Geldtöpfe. Trotzdem stellt sich die Frage: Braucht ein älterer Mensch mehr Geld zum Leben als ein Asylsuchender? Objektiv betrachtet nicht, sagt Sozialpolitikforscher Yann Bochsler von der FHNW. Denn ein Brot und ein Kaffee kostet für alle gleich viel. Aber entscheidend sei etwas anderes: «Es geht um die Frage: Wer verdient welche Art der Solidarität und Unterstützung? Wir sind im Kontext der Arbeitsgesellschaft: Da wird von jeder Person zwischen 15 und 65 Jahren erwartet, dass sie eine Ausbildung macht, um danach erwerbstätig zu sein.« Mit dem Ziel, dass die Person eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt bestreite. Wer diese Erwartung nicht erfülle, bekomme weniger.

Existenzminimum wird immer wieder neu verhandelt

Welche Rolle die Politik spielt, zeigt auch ein Blick zurück. Als die Ergänzungsleistungen vor fast 60 Jahren eingeführt worden sind, haben sie sich an den Beiträgen der Sozialhilfe orientiert. Doch während die Ergänzungsleistungen immer wieder erhöht wurden, geschah in der Sozialhilfe teilweise das Gegenteil. Wer wie viel zum Leben braucht, wird in der Sozialpolitik also laufend neu verhandelt.

Grundbedarf nach der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe

Markus Kaufmann ist Geschäftsführer der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS. Er erklärt, wie die SKOS diesen Grundbedarf berechnet: «Wir stellen einen Warenkorb zusammen, der über diesen Grundbedarf abgedeckt werden soll. Dann berechnen wir, wie viel die einkommensschwächsten 10 Prozent der Haushalte für diesen Warenkorb ausgeben. So viel, wie diese Haushalte ausgeben, so hoch ist das Existenzminimum in der Sozialhilfe.» Das ergibt dann die Empfehlung für alle Menschen in der Sozialhilfe. Der Grossteil der Kantone und Gemeinden halten sich an diesen Betrag.

Präzisierung

Am 27.12.24 wurde im Artikel präzisiert, dass Sozialhilfebeziehende vom sogenannten Grundbedarf alle weiteren Ausgaben ausser jene für Wohnen und Gesundheit –bezahlen müssen. Die Kosten für Wohnen und Gesundheit werden direkt vom Sozialstaat bezahlt.

Echo der Zeit, 16.12.2024, 18 Uhr

Der Bund schafft den Rahmen für eine nationale Armutspolitik

Der Bund will gemeinsam mit den Kantonen, Gemeinden und Akteuren der Zivilgesellschaft die Armutspolitik weiterentwickeln und stärken. Deshalb werden die bisherigen Bestrebungen neu in einer nationalen Struktur gebündelt. Dazu gehören die Nationale Plattform gegen Armut, das Nationale Armutsmonitoring und Partizipationsmöglichkeiten für Betroffene. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 20. Dezember 2024 ein entsprechendes Konzept verabschiedet. Zudem hat er das Eidgenössische Departement des Innern beauftragt, eine nationale Armutsstrategie zu erarbeiten. Die Plattform gegen Armut soll bis mindestens 2030 weitergeführt werden.

Armut ist in der Schweiz eine Realität: Rund 700 000 Menschen sind davon betroffen (8,2 % der ständigen Wohnbevölkerung). An seiner Sitzung vom 19. Juni 2024 hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) deshalb beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, um die bestehende Plattform gegen Armut in eine dauerhafte Struktur zu überführen. Zudem hat das Parlament in der Herbstsession eine Motion von Nationalrätin Estelle Revaz angenommen, die verlangt, dass die Plattform weitergeführt und eine Armutsstrategie erarbeitet wird. Mit dem nun beschlossenen Konzept nimmt der Bundesrat diese Anliegen auf. Der Bund schafft damit den Rahmen für eine koordinierte und wirksame Armutspolitik.

Nationale Strategie zur Reduktion von Armut

Das Parlament hat den Bundesrat 2020 beauftragt, ein Nationales Armutsmonitoring einzurichten. Der erste Monitoringbericht soll Ende 2025 vorliegen. Der Bundesrat hat dem EDI nun den Auftrag erteilt, auf Basis dieses Berichts bis Mitte 2027 eine nationale Strategie zur Reduktion von Armut zu erarbeiten. Die Strategie soll unter anderem im Rahmen der Plattform gegen Armut umgesetzt werden. Diese Plattform dient seit ihrer Gründung im Jahr 2014 dazu, innovative Ansätze in der Armutspolitik zu verbreiten und die Vernetzung unter den vielfältigen Akteuren zu fördern. Die Laufzeit der Plattform war ursprünglich bis Ende Jahr beschränkt, wird nun aber bis mindestens 2030 weitergeführt. Kantone, Gemeinden und zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich mit grossem Nachdruck für die Weiterführung der Plattform ausgesprochen. Um Synergien zu nutzen und neue Dynamiken auszulösen, werden künftig vermehrt gemeinsame Projekte und Veranstaltungen durchgeführt. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), der Schweizerische Städteverband und die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) haben hierfür finanzielle Beiträge zugesichert. Dazu werden weitere projektbezogene Partnerschaften angestrebt.

Pilotprojekt mit Rat für Armutsfragen

Bei der Planung und Realisierung der verschiedenen Aktivitäten werden wie bisher Menschen mit Armutserfahrungen einbezogen. Zu diesem Zweck soll ein eigenständiges Partizipationsgremium («Rat für Armutsfragen») geschaffen und in einer Pilotphase getestet werden. Dies entspricht dem Anliegen von Betroffenen, die an der Ausarbeitung eines entsprechenden Vorschlags beteiligt waren. Ende 2030 wird dem Bundesrat über die Umsetzung des Konzepts und die Ergebnisse der Plattform Bericht erstattet.

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