Bundesrat erhöht Renten und Kinderzulagen ab 2025

Gute Nachrichten für Rentner und Familien: Der Bundesrat hebt Minimalrenten und Kinderzulagen an. Ein Überblick.

Renten: Die minimale AHV/IV-Rente steigt gemäss Festsetzung des Bundesrats um 35 auf insgesamt 1260 Franken pro Monat – bei nicht vorhandenen Beitragslücken. Die Maximalrente wird um 70 auf 2520 Franken erhöht. Dies betrifft die Beträge bei einer vollen Beitragsdauer. Die Mindestbeiträge der Selbstständigerwerbenden und der Nichterwerbstätigen für AHV, IV und EO werden von 514 auf 530 Franken pro Jahr erhöht, der Mindestbeitrag für die freiwillige AHV/IV von 980 auf 1010 Franken. Die Erhöhung der Renten führt zu Mehrkosten von knapp rund 1.7 Milliarden Franken.

Kinderzulagen: Diese werden von 200 auf 215 Franken pro Monat erhöht. Die Kantone können höhere Ansätze vorsehen. Derzeit richten bei den Kinderzulagen sieben Kantone (ZH, GL, SO, BL, AG, TG und TI) die Mindestansätze aus. Hier führt die vom Bundesrat beschlossene Erhöhung automatisch zu mehr Geld für die Eltern.

Ausbildungszulagen: Diese steigen von 250 auf 268 Franken pro Monat. Bei den Ausbildungszulagen zahlen sechs Kantone (ZH, GL, SO, BL, AG und TI) das vom Bund vorgeschriebene Minimum aus. Auch hier führt die vom Bundesrat beschlossene Erhöhung automatisch zu mehr Geld für die Betroffenen. Die Erhöhung der Familienzulagen ist die erste Anpassung seit Inkrafttreten des Familienzulagengesetzes im Jahr 2009.

Berufliche Vorsorge: Der Koordinationsabzug wird von 25'725 auf 26'460 Franken erhöht, die Eintrittsschwelle steigt von 22'050 auf 22'680 Franken. Der maximal erlaubte Steuerabzug im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) beträgt neu 7258 Franken. Heute liegt die Limite bei 7056 Franken für Personen, die bereits eine zweite Säule haben. Bei Personen ohne zweite Säule wird der Betrag auf neu 36'288 Franken (heute 35'280 Franken) festgesetzt.

Ergänzungsleistungen: Bei den Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen gibt es mehr Geld für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs. Für Alleinstehende steigt der Betrag von 20'100 auf 20'670 Franken pro Jahr, für Ehepaare von 30'150 auf 31'005 Franken pro Jahr und für Kinder über elf Jahren auf 10'815 Franken beziehungsweise auf 7590 Franken für Kinder unter elf Jahren. Zudem steigen die Höchstbeträge für die berücksichtigten Mietzinse: In den Grosszentren beträgt der jährliche Höchstbetrag künftig 18'900 Franken, in der Stadt 18'300 Franken und auf dem Land 16'680 Franken. Die Pauschale für Neben- und Heizkosten wird ebenfalls angepasst: Sie steigt von 3060 auf 3480 Franken pro Jahr. Dies alles führt zu Mehrkosten beim Bund von 33 Millionen Franken und 19 Millionen bei den Kantonen.

Erwerbseinkünfte: Die Freibeträge auf den Erwerbseinkünften werden ebenfalls per 2025 an die Lohnentwicklung gemäss Lohnindex angepasst. Der Freibetrag wird für Alleinstehende von 1000 auf 1300 Franken pro Jahr und für Ehepaare sowie Personen mit Kindern von 1500 auf 1950 Franken pro Jahr angehoben. Das führt zu Mehrkosten beim Bund und den Kantonen von 11 Millionen Franken.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 28.08.2024 auf srf.ch

Auf dem Weg zu gerechteren AHV-Renten im Kanton Neuenburg

Erziehungsgutschriften müssen vollständig der Person angerechnet werden, die ihr Arbeitspensum gesenkt hat, um sich um die Kinder zu kümmern. Dies hat das Neuenburger Kantonsgericht entschieden. Es gab damit einer Beschwerde des Direktors von Pro Familia statt.

Das Gesetz sieht vor, dass die Erziehungsgutschriften zwischen den Ehepartnern halbiert werden, wenn einer von ihnen in Rente geht. Der Direktor von Pro Familia Schweiz, Philippe Gnaegi, legte persönlich Beschwerde gegen eine entsprechende Entscheidung der AHV-Ausgleichskasse ein.

Er war der Ansicht, dass eine Aufteilung der Erziehungsgutschriften zu je 50 Prozent diskriminierend sei und ein faktisches Ungleichgewicht darstelle, da nur seine Ehefrau einen finanziellen Verlust erlitt, indem sie ihr Arbeitspensum reduzierte, um sich um die Kinder zu kümmern, während er weiterhin zu 100 Prozent erwerbstätig blieb.

Das Neuenburger Kantonsgericht gab Gnaegi Recht, wie aus dem Urteil hervorgeht, das Keystone-SDA vorliegt.

Weiterlesen - ein Beitrag von Keystone-SDA publiziert am 28.08.2024 auf swissinfo.ch

Neuenburger Kantonsgericht fällt wegweisendes Urteil zu AHV-Renten

Das Neuenburger Kantonsgericht entscheidet zugunsten von Pro Familia Direktor in Sachen Erziehungsgutschriften.

Erziehungsgutschriften müssen vollständig der Person angerechnet werden, die ihr Arbeitspensum gesenkt hat, um sich um die Kinder zu kümmern. Dies hat das Neuenburger Kantonsgericht entschieden. Es gab damit einer Beschwerde des Direktors von Pro Familia statt.

Das Gesetz über die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHVG) sieht vor, dass die Erziehungsgutschriften zwischen den Ehepartnern halbiert werden, sobald einer von ihnen in Rente geht. Gemäss AHVG fliessen sie damit nur zur Hälfte in die Berechnung der AHV-Rente derjenigen Person ein, die das Rentenalter bereits erreicht hat.

Der Direktor von Pro Familia Schweiz, Philippe Gnaegi, legte persönlich Beschwerde gegen eine Entscheidung der Ausgleichskasse ein, die diese Bestimmung anwandte. Er war der Ansicht, dass eine Aufteilung der Erziehungsgutschriften zu je 50 Prozent diskriminierend sei. Und ein faktisches Ungleichgewicht darstelle.

Gnaegis Kampf für Gleichstellung

Dies deshalb, da nur seine Ehefrau einen finanziellen Verlust erlitt, indem sie ihr Arbeitspensum reduzierte, um sich um die Kinder zu kümmern. Während er weiterhin zu 100 Prozent erwerbstätig blieb. Daher wollte der Beschwerdeführer, dass die Erziehungsgutschriften bis zu seinem gesetzlichen Rentenalter vollumfänglich seiner Frau angerechnet werden.

Das Neuenburger Kantonsgericht gab Gnaegi recht. Es entschied, dass seiner Frau die gesamten Gutschriften bis zum Rentenalter beider Elternteile gewährt werden müssen, wie aus dem Urteil vom 27. Juni 2024 hervorgeht, das der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt. Pro Familia Schweiz begrüsste das Urteil und sprach von einem wichtigen Schritt in Richtung Gleichstellung.

Wegweisender Entscheid

Der Entscheid sei wegweisend und werde die Überprüfung zahlreicher Altersrenten in der Schweiz nach sich ziehen, schrieb der Dachverband der Familienorganisationen in einer Mitteilung vom Mittwoch. Dies hätte zur Folge, dass viele Frauen – und auch Männer – in der Schweiz, die ihr Arbeitspensum für eine gewisse Zeit reduziert haben, um sich um ihre Kinder zu kümmern, «nicht mehr bestraft würden».

Das Gericht sei im vorliegenden Fall der Ansicht gewesen, dass die hälftige Aufteilung der Erziehungsgutschriften eine mutmassliche «indirekte Diskriminierung» von Frauen darstelle, die ihr Arbeitspensum reduzieren, um sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern.

Pro Familia verweist auch auf den statistischen Jahresbericht der AHV 2023. Dieser zeigt nach wie vor grosse Unterschiede bei den Renten von Ehepaaren mit Kindern auf. So beträgt bei verheirateten Personen, bei denen der andere Partner noch keinen Anspruch auf eine Rente hat und somit das Splitting seine Ausgleichswirkung noch nicht entfaltet hat, die durchschnittliche Rente der Frauen 1574 Franken. Während diejenige der Männer bei 2047 Franken liegt.

Weiterlesen - ein Betrag von Nau.ch erschienen am 28.08.2024

So wirkt sich die Erschöpfung der Eltern auf die Kinder aus

Wenn Eltern durch Erschöpfung an ihre Grenzen stossen, spüren Kinder das. Das kann wiederum schwerwiegende Auswirkungen auf deren Entwicklung haben. Ein Gespräch mit Alessandra Weber, Geschäftsleiterin des Instituts Kinderseele Schweiz. Immer mehr Eltern fühlen sich ausgebrannt und überfordert – ein Phänomen, das als Eltern-Burn-out bekannt ist.Wenn Mama und Papa durch Erschöpfung ihre Grenzen erreichen, spüren Kinder dies und es kann zu Schuldgefühlen und Unsicherheiten führen. Offene Gespräche und das Enttabuisieren psychischer Erkrankungen seien entscheidend, um sowohl Eltern als auch Kinder zu unterstützen, sagt Alessandra Weber, Geschäftsleiterin der Beratungsstelle «Kinderseele».

Frau Weber, wie beeinflusst ein Eltern-Burn-out das emotionale und psychische Wohlbefinden der Kinder?
Eltern tragen eine grosse Verantwortung und müssen trotz ihrer psychischen Belastungen weiterhin für ihre Familie und Kinder da sein. Das kann dazu führen, dass sie in ihrer Elternrolle an ihre Grenzen stossen. Kinder nehmen sehr schnell wahr, wenn die Energie der Eltern nachlässt und sie nicht mehr in der Lage sind, vollständig auf ihre Bedürfnisse einzugehen – selbst wenn die Betroffenen versuchen, ihre Erschöpfung zu verbergen. Diese Unsicherheit kann zu Schuldgefühlen führen. Die Kinder fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben und ob sie die Ursache für das schlechte Befinden ihrer Eltern sind. Das ist eine schwere Bürde und kann sich negativ auf ihre Entwicklung auswirken.

Inwiefern zeigt sich das in der Entwicklung?
Ein Eltern-Burn-out kann sich auf verschiedene Weise auf Kinder auswirken. Manche zeigen eine nachlassende schulische Leistung, weil sie sich weniger konzentrieren können. Andere Kinder reagieren, indem sie sich besonders anstrengen und zum Beispiel gute Noten erzielen, um den Eltern keine Last zu sein. In extremen Fällen, wenn Eltern beispielsweise suizidale Gedanken haben, wollen Kinder, wann immer möglich, in der Nähe bleiben, um sicherzustellen, dass nichts Schlimmes passiert.

Und langfristig?
Studien zeigen, dass etwa zwei Drittel der Kinder von psychisch erkrankten Eltern im Laufe ihres Lebens selbst aufgrund des Erfahrenen gesundheitliche Probleme entwickeln. Es gibt jedoch Möglichkeiten, ihnen zu helfen: Ein wichtiger Schutzfaktor ist eine beständige Bezugsperson, die verlässlich zur Verfügung steht.

Was raten Sie den betroffenen Eltern?
Sie sollen das Thema offen ansprechen und den Kindern erklären, warum sie in bestimmten Situationen keine Energie oder Geduld haben. Gleichzeitig sollten sie die Kinder fragen, wie sie die Situation wahrnehmen und wie es ihnen geht. Diese Gespräche sollten nicht einmalig, sondern Teil einer offenen Gesprächskultur sein. Manchmal haben erkrankte Eltern nicht die Kraft, darüber zu sprechen. In solchen Fällen sollte das «gesunde Elternteil» das Gespräch übernehmen und Hilfe aus der Familie oder dem sozialen Umfeld in Anspruch nehmen. Die grösste Herausforderung besteht darin, das Thema zu enttabuisieren und Eltern zu ermutigen, offen über ihre Belastungen zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Nur so können wir sicherstellen, dass sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder die Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Eltern sollten sich bewusst machen, dass sie die Verantwortung tragen, aber auch, dass es keine Schande ist, Unterstützung zu benötigen.

Was, wenn sich Eltern nicht trauen, Hilfe zu holen?
Psychische Erkrankungen sind immer noch ein grosses Tabuthema. Viele Menschen haben wenig Verständnis dafür – sie sind stigmatisiert und oft mit Scham belastet. Doch letztendlich schadet es den Kindern, wenn Probleme nicht angesprochen und entsprechend bewältigt werden können. Der grösste Liebesbeweis, den Eltern ihren Kindern machen können, ist, sich Hilfe zu holen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Anja Zobrist erschienen am 28.08.2024 auf 20min.ch

Seniorinnen und Senioren werden älter und fühlen sich jünger

Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Die Lebenserwartung steigt und nach der Pensionierung besteht die Aussicht auf einige gesunde Lebensjahre, die aktiv genutzt werden können. Subjektiv fühlen sich Seniorinnen und Senioren erst mit 80 Jahren als alt. Bei den Lebens- und Haushaltsformen oder bei der nachberuflichen Lebensgestaltung zeigt sich eine wachsende Vielfalt. Ungleichheiten lassen sich bei der finanziellen Situation, der Gesundheit und der sozialen Partizipation feststellen. Dies sind einige Resultate der zweiten Ausgabe des Panoramas Gesellschaft Schweiz zum Thema älter werden und Alter in der heutigen Gesellschaft.

Die neue Publikation «Panorama Gesellschaft Schweiz» beleuchtet in neun Kapiteln verschiedene Aspekte des Älterwerdens und des Alters. Ziel ist es, ausgewählte Themen zu vertiefen. Dabei entsteht ein differenziertes und vielschichtiges Bild verschiedener Aspekte und Dimensionen des Alterns in der Schweiz.

Die neue Qualität des Alterns

Die heutigen Seniorinnen und Senioren besitzen nicht nur eine höhere Lebenserwartung als frühere Generationen; sie sind in der Regel auch gut ausgebildet und mehrheitlich finanziell ausreichend abgesichert. Zudem bleiben sie zu einem grossen Teil relativ lange gesund. Viele ältere Menschen sind persönlich oder sozial aktiv und tragen so zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Sie entsprechen deshalb nicht mehr dem herkömmlichen defizitären Bild des Alterns, das mit dem Abbau körperlicher und kognitiver Fähigkeiten, Inaktivität, sozialem Rückzug, Einsamkeit sowie Bedürftigkeit und Abhängigkeit assoziiert wird. Dies zeigt sich auch bei der eigenen Einschätzung der älteren Menschen: Der subjektiv gefühlte Beginn des «Altseins» hat sich von durchschnittlich 69 Jahren (in den 1990er Jahren) auf rund 80 Jahre erhöht.

Allerdings schützt die längere Lebenserwartung nicht vor Krankheiten und körperlichen Einschränkungen. Zudem kumulieren sich über den gesamten Lebensverlauf individuelle biographische Ereignisse sowie Bevor- und Benachteiligungen systematisch bei bestimmten Bevölkerungsgruppen aufgrund von Geschlecht, sozialer Herkunft oder Migrationshintergrund. Zunehmende Diversität und Ausdifferenzierung der Lebenssituationen zeichnen also das Altern aus, das durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch durch soziale Ungleichheiten gekennzeichnet ist. Die Lebenssituation im «drittem Lebensalter» (zwischen 65 und 80 Jahren), in dem die Menschen mehrheitlich aktiv und gesund sind, unterscheidet sich von derjenigen im «vierten Lebensalter» (ab 80 Jahren), in dem die Menschen zunehmend Krankheit oder Abhängigkeit erleben. Dabei ist das relative Wachstum der Altersgruppe 80+ am höchsten.

Freiwilliges Engagement, mehr Mobilität und mehr ambulante Pflege

Knapp ein Viertel der 65- bis 74-Jährigen und ein Zehntel der über 74-Jährigen ist im Rahmen organisierter Freiwilligenarbeit in Vereinen und Institutionen aktiv. 40% bzw. 20% engagieren sich auf informelle Weise freiwillig. Dieses Engagement wird häufig für andere ältere Personen oder für die Betreuung von (Enkel-)Kindern geleistet.

Die grössere Heterogenität und Vielfalt der Lebenssituationen älterer Menschen ist auch eine Folge der zunehmenden Mobilität in einer globalisierten Welt. Das internationale Mobilitäts- und Migrationsverhalten wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, z. B. von Lebenshaltungskosten, familiären Motiven, Wohneigentum, Freizeit und Klima - sowohl bei den Personen mit als auch bei Personen ohne Migrationshintergrund.

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und Diversität hat sich auch die Langzeitpflege verändert. Die institutionelle Pflege (Alters- und Pflegeheime) ist rückläufig, die ambulante Pflege und intermediäre Modelle (Tagesbetreuung, Nachtbetreuung, Kurzaufenthalte in Alters- und Pflegeheimen, Alterswohnungen etc.) nehmen an Umfang zu. Die Grenzen zwischen stationärer Versorgung und dem Verbleib zuhause verschwimmen immer mehr. Diese Entwicklung ist zwar generell, zwischen den Regionen und Kantonen bestehen aber grosse Unterschiede.

Bildung und Einkommen wichtige Ungleichheitsfaktoren

Trotz der mehrheitlich guten Situation der älteren Bevölkerung ist Altersarmut weiterhin präsent. Insbesondere Personen, deren Einkommen hauptsächlich aus Leistungen der ersten Säule besteht (Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV und gegebenenfalls Ergänzungsleistungen), stehen häufig finanziell schlecht da; sie weisen eine überdurchschnittlich hohe Quote materieller und sozialer Deprivation auf. Weitere Merkmale der Armut im Alter sind Geschlecht, Alter, Partnerschaft, Nationalität, Bildungsstand. Diese Faktoren waren bereits für die «traditionelle» Altersarmut des 20. Jahrhunderts massgebend. Sie spielen auch für gesundheitliche Ungleichheiten eine Rolle: Bildungsniveau, Einkommen, Migrationserfahrung sowie soziale Isolation können den Gesundheitszustand im Alter und die Lebenserwartung beeinflussen.

Analoges gilt hinsichtlich der Möglichkeiten der gesellschaftlichen Partizipation. Deren Grad steht in engem Zusammenhang mit dem Bildungsniveau, dem Einkommen sowie weiteren Ungleichheitsfaktoren. Dies, obwohl entsprechende Angebote wie Weiterbildung, körperliche und sportliche Aktivitäten, das Engagement in der Freiwilligenarbeit, politische Partizipation oder digitale Aktivitäten ebenso zugenommen haben wie die beruflichen Tätigkeiten.

Das Altern als Individuum und als Gesellschaft ist im Wandel und wird sich - unter dem Einfluss und dem Zusammenwirken verschiedener Faktoren - auch in Zukunft verändern, wie das vorliegende «Panorama Gesellschaft Schweiz 2024» aufzeigt.

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Ein Meilenstein für die Schweiz: Das erste Kinderhospiz nimmt den Betrieb auf

Das erste Kinderhospiz der Schweiz öffnete am 13. August 2024 in Bern seine Türen. Die Stiftung allani Kinderhospiz Bern bietet lebensverkürzend erkrankten Kindern und Jugendlichen (0-18 Jahre) sowie ihren Familien im Rahmen von zeitlich begrenzten Aufenthalten und in der letzten Lebensphase professionelle Hilfe und Pflege in einem liebevollen und achtsam geführten Zuhause auf Zeit.

Am 13. August 2024, war es so weit: Die Siftung allani Kinderhospiz Bern öffnete im Westen von Bern das erste Kinderhospiz der Schweiz. Lebensverkürzend erkrankte Kinder, ihre Geschwister und ihre Eltern werden im Kinderhospiz ein Zuhause auf Zeit finden, in dem für die Betreuung und Pflege der Kinder gesorgt ist und die Familie psychisch und physisch entlastet wird. Bislang fehlte in der Schweiz dieses stationäre Angebot der Palliative Care für betroffene Kinder, ihre Eltern und Geschwister.

Allani schliesst eine Versorgungslücke

Mit seinem Angebot schliesst das allani Kinderhospiz eine Versorgungslücke im Schweizer Gesundheitssystem: Es verbindet die Geborgenheit eines Zuhauses mit der Sicherheit einer stationären Einrichtung. Damit ist es der bisher fehlende Ort zwischen akutmedizinischer Betreuung im Spital und der Kinderspitex, die zu Hause hilft. Nebst der Kurzzeitpflege (Respite Care) bietet allani auch Pflegeplätze im Bereich der End-of-life-Care: Lebensverkürzend erkrankte Kinder können im Kinderhospiz ihre letzte Lebensphase geborgen, sicher und professionell betreut verbringen und dort auch sterben.

Allani bietet Platz für bis zu acht Kinder und ihre Familien. Der Betrieb wird rund um die Uhr und grundsätzlich an 365 Tagen pro Jahr sichergestellt. Ein interdisziplinäres und erfahrenes Palliative-Care-Team sorgt für die anspruchsvolle Betreuung und Pflege der Kinder. Zum Team gehören ausserdem Physio- und Ergotherapeut:innen sowie Fachpersonen im Bereich Hauswirtschaft und Facility Management. Unterstützt wird das Kernteam durch zahlreiche Freiwillige, ohne die der Betrieb nicht zu stemmen wäre. Allani steht darüber hinaus in partnerschaftlichem Austausch mit Spitälern und Spitexorganisationen und ist im Netzwerk der pädiatrischen Palliative Care gut verankert.

Ein Meilenstein für die Schweiz

Die Macherinnen und Macher des allani Kinderhospizes Bern, 2016 als Verein gegründet und 2022 in die Stitfung überführt, haben wahre Pionierarbeit geleistet. «Es ist ein grosser Traum, der für die vielen involvierten Personen und die betroffenen Familien mit der Eröffnung des allani Kinderhospizes in Erfüllung geht», fasst Stifungsrat Patrick Schafer zusammen. «Es ist für viele ebenfalls ein Zeichen dafür, dass durch Solidarität, Hartnäckigkeit und gemeinsames ‘Dranbleiben’ Grosses entstehen kann», so Schafer. Acht Jahre hat es gedauert, bis aus einer Vision nun Realität geworden ist. Umso grösser ist die Freude bei Geschäftsführer André Glauser und dem ganzen allani-Team: «Wir freuen uns, dass wir nun von der Planungs- in die Betriebsphase wechseln und die ersten Familien willkommen heissen dürfen.»

Professionelle Pflege kombiniert mit dem Gefühl, zuhause zu sein

Der Ort, an dem die Kinder und ihre Familien künftig ein schönes Zuhause auf Zeit finden, ist ein ehemaliges Bauernhaus im Weiler Riedbach bei Bern. Das Bauernhaus und das angrenzende Stöckli sind seit Dezember 2022 unter denkmalpflegerischen Vorgaben umgebaut und auf die pflegerischen, sozialen sowie emotionalen Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien ausgerichtet worden. Entstanden sind im Bauernhaus vier Pflege- und vier Familienzimmer, in denen rund um die Uhr eine kompetente pädiatrische Betreuung gewährleistet werden kann. Für die Eltern und Geschwisterkinder stehen im umgebauten Stöckli zusätzlich vier Schlafzimmer zur Verfügung. Eine grosszügige Wohnküche, ein behaglicher Ess- und Wohnbereich, mehrere kleine Rückzugsorte, ein Spielzimmer, ein Therapiezimmer, mehrere Nasszellen und ein weitläufiger Garten ergänzen das Angebot und sollen den Kindern und ihren Familien das Gefühl geben, zuhause zu sein. Ein «Raum der Stille» bietet zudem Platz und Raum für Besinnlichkeit, Rituale und Trauer.

Ein Ort, der in schwierigen Lebensphasen entlasten kann

Als eine der ersten Familien wird die Familie Rindisbacher ins frisch eröffnete Kinderhospiz einziehen. Die neunjährige Xenia leidet an einem sehr seltenen Gendefekt. Da sie nicht laufen, nicht sprechen und nicht selbständig essen und trinken kann, benötigt sie rund um die Uhr Betreuung. Niemand weiss, wie viel Xenia von ihrer Umgebung wahrnimmt, auch nicht, wie der Krankheitsverlauf aussieht und wie hoch die Lebenserwartung ist. Xenias Eltern, Oxana und Urs Rindisbacher, haben gelernt, mit der belastenden Ungewissheit umzugehen. Und doch stossen sie in ihrem Alltag immer wieder an ihre Grenzen – insbesondere nach Spitalaufenthalten. Xenia musste sich vor Kurzem einer Operation unterziehen, was für die Eltern eine enorme Belastung bedeutet, da sie neben den bisherigen Betreuungsaufgaben zusätzlich eine postoperative Pflege sicherstellen müssen. War die Betreuung zu Hause vorübergehend nicht möglich, blieb bisher nur die Lösung eines Pflegeheims, wo allerdings kein Familienleben stattfinden konnte. «Es ist schön zu wissen, dass wir mit allani nun einen Ort haben, der uns in schwierigen Lebensphasen entlasten kann», beschreibt es Oxana Rindisbacher.

Politischer Rückhalt fehlt – gesellschaftlich oftmals tabuisiert

Die Geschichte von Rindisbachers ist kein Einzelfall: In der Schweiz leben bis zu 10‘000 Kinder mit lebensverkürzenden Krankheiten, viele Familien warten auf das Angebot eines Kinderhospizes. Dennoch sind Hospize in der Schweiz – anders als in den meisten anderen europäischen Ländern – gesetzlich nicht verankert, sprich die Kantone haben keinen Auftrag, entsprechende Angebote bereitzustellen oder finanzielle Beiträge zu leisten. Mangels öffentlicher Gelder musste denn auch das Projekt der Stiftung allani Kinderhospiz bis zur Realisierung zu 100 Prozent über Spenden finanziert werden. Und auch im künftigen Betrieb kann nur ein Teil der Betriebskosten über die IV und Krankenkassen abgerechnet werden, weshalb sich allani bis auf Weiteres primär über Spenden finanzieren muss. «Wir hoffen und sind darauf angewiesen, in Zukunft Gelder der öffentlichen Hand zu erhalten», gibt Patrick Schafer seiner Hoffnung Ausdruck. Die pädiatrische Palliative Care widmet sich Themen und Menschen, «die gesellschaftlich und politisch tabuisiert sind und oft zu kurz kommen», so Schafer. Umso wichtiger seien die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Aufklärungsarbeit. Mit ihrem Pionierprojekt will die Stiftung allani Kinderhospiz Bern auch in diesem Bereich Wirkung entfalten: zu mehr Sichtbarkeit der pädiatrischen Palliative Care und zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz.

Medienmitteilung allani Kinderhospiz