Neue Arbeitszeitmodelle: Mittwochs frei!

Ein australisches Unternehmen gibt seinen Mitarbeitern jeden Mittwoch frei und zahlt den vollen Lohn. Seither konnte der Umsatz gesteigert werden und die Angestellten sind glücklicher. Aber nicht bei allen Firmen funktioniert die verkürzte Arbeitswoche.

Am Mittwoch ist das Büro der Digital-Marketingagentur Versa leer: Das australische Unternehmen gibt seinen Mitarbeitern seit 2018 einen Tag pro Woche frei – bei vollem Gehalt. Dabei hat die Firma seit Einführung der 4-Tage-Woche den Umsatz um 46 Prozent gesteigert und der Gewinn hat sich sogar verdreifacht, wie «BBC» schreibt. Die Gründerin und Geschäftsführerin Kath Blackham glaubt, dass sie die Umsätze steigern konnte, weil die Mitarbeiter «grossartige Arbeit» leisten. Denn seit die Arbeitswoche verkürzt wurde, müssen die Angestellten deutlich organisierter und effizienter arbeiten, seien dafür aber glücklicher.

So sind Meetings effizienter gestaltet worden. Unnötiges Geschwätze gibt es in der Firma fast nicht mehr: Alle wollen, dass es funktioniert. Denn die Mitarbeiter lieben die neue Flexibilität. Wer den Mittwoch frei haben wolle, bereite sich besser auf die Arbeitswoche vor. Alle zwei Wochen überprüft das Unternehmen ausserdem, was funktioniert hat und was nicht.

Die Firma hat den Mittwoch als freien Tag ausgewählt, damit die Woche in zwei Mini-Zeitabschnitte geteilt wird. Denn Mitarbeiter haben nach dem Wochenende deutlich mehr Energie für die Arbeit. Nun können sie sich Mitte Woche noch einmal erholen, um danach besser zu arbeiten.

4-Tage-Woche ist nicht immer erfolgreich

Das australische Unternehmen ist nicht die erste Firma, die eine 4-Tage-Woche einführt. Ein neuseeländisches Unternehmen änderte 2018 nach einem Test sein Arbeitsmodell ebenfalls. Nicht immer ist die verkürzte Woche zum gleichen Lohn aber ein Erfolg.

Ein Startup in den USA kehrte wieder zur alten Wochenarbeitszeit zurück, weil die Mitarbeiter gestresster waren. Auch sei die Firma laut «BBC» weniger wettbewerbsfähig gewesen. Das Experiment mit Sechs-Stunden-Tagen in einem Pflegeheim in Schweden war ebenfalls erfolglos: Die Personalkosten explodierten, weil mehr Mitarbeiter eingestellt werden mussten.

Ein Beitrag von Barbara Scherer erschienen am 11.01.2021 auf www.20min.ch: Weiterlesen

Nun gelten Geschlechterrichtwerte für Unternehmen

Sie treten im Jahr 2021 an die Spitze ihrer Unternehmen: Michèle Rodoni (50) übernimmt ab Januar als Mobiliar-Chefin eine der grössten Versicherungen des Landes. In Rümlang im Kanton Zürich übernimmt die Maschinenbau- und Luftfahrttechnikerin Sabrina Soussan (51) im April die operative Leitung des weltweit führenden Schliesstechnik-Konzerns Dormakaba. Und die Zügel in der Hand eines der grössten Schweizer Reiseveranstalters Hotelplan hat ab Januar die Betriebsökonomin und Juristin Laura Meyer (39). Mit den drei Neuberufenen steigt der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der Schweizer Unternehmen weiter an. Noch nie gab es so viele neue Chefinnen. Doch die Politik will mehr und entschied im Sommer die Einführung von Geschlechterrichtwerte für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen grosser Unternehmen. Die dafür notwendige Änderung des Aktienrechts tritt im Januar 2021 in Kraft.

Nun müssen grosse, börsenkotierte Unternehmen mit Sitz in der Schweiz mindestens 30 Prozent der Verwaltungsratsposten mit Frauen besetzen. In der Geschäftsleitungen reichen nach dem Willen des Gesetzgebers 20 Prozent Frauenanteil. Die Unternehmen haben nun fünf (Verwaltungsrat) respektive zehn Jahre (Geschäftsleitung) Zeit, diese Richtwerte zu erreichen. Werden diese Richtwerte nicht eingehalten, ist das Unternehmen verpflichtet, im Vergütungsbericht an die Aktionäre die Gründe anzugeben und die Massnahmen zur Verbesserung darzulegen.

Experten zuversichtlich

Für Guido Schilling ist klar, die Firmen können diese Ziele erreichen. Der Headhunter untersucht den Frauenanteil in Leitungsgremien schon seit 2006. Für den angestrebten Frauenanteil in Verwaltungsräten ist er sehr zuversichtlich. Schwieriger sei es bei der Besetzung von Geschäftsleitungsmitgliedern, der Frauenanteil beträgt zur Zeit 10 Prozent. Hier benötige man internes Know-How, Wegrekrutieren von anderen Firmen sei keine nachhaltige Lösung. Deswegen müssten Firmen weiblichen Nachwuchs intern fördern. Doch viele Firmen hätten dies erkannt, so der Headhunter: «Die Firmen sind sich bewusst, dass sie die Frauen entwickeln müssen. Sie haben mittlerweile eine starke Durchmischung im mittleren Management und ich bin sehr zuversichtlich, dass Frauen in den angestrebten Zeiträumen auch ganz oben ankommen.»

Headhunterin Doris Aebi begrüsst die jüngste Entwicklung in der Schweizer Unternehmenswelt ebenfalls. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass die Schweiz noch viel weiter sein könnte und macht den internationalen Vergleich. Gemäss dem European Women on Boards-Netzwerk steht die Schweiz an Platz 14 von 17, was den Frauenanteil bei Geschäftsleitungen betrifft. «Der Hauptgrund, weshalb die Schweiz im europäischen Vergleich im hinteren Teil liegt, sind die noch immer stark zugeschriebenen Geschlechterrollen.» Diese würden sich in der Schweiz hartnäckig halten, sagt die Headhunterin. Zudem müssten Frauen die beruflichen Netzwerke noch besser nutzen. Doris Aebi ortet weiterhin eine «noch immer ungenügende Vereinbarkeit von Familie und Beruf», die dafür sorge, dass die Schweiz im internationalen Vergleich hinten liege.

Die neuen Chefinnen von Mobiliar, Dormakaba und Hotelplan sind ein weiterer Schritt, die Geschlechterrichtwerte zu erreichen. Doch nach wie kommen zahlreiche grosse Schweizer Unternehmen noch nicht an die geltenden Richtwerte heran. Nun gibt ihnen das revidierte Aktienrecht noch fünf bis zehn Jahre Zeit.

Ein Beitrag erschienen am 3. Januar 2021 auf www.srf.ch: Weiterlesen

Knatsch um den Vaterschaftsurlaub

Gilt der neue Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen zusätzlich zu bisherigen Vaterschaftsurlaubs-Regeln? Ab dem 1. Januar gilt der neue Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen. Die Gewerkschaften liefern sich nun einen Kampf mit jenen Firmen, die bereits heute einen Vaterschaftsurlaub gewähren: Laut den Gewerkschaften müssten die zwei Wochen zum bisherigen Vaterschaftsurlaub dazu gezählt werden. Klar ist der Fall bei jenen Firmen, die bisher keinen Vaterschaftsurlaub hatten: Hier gilt ab 1. Januar 2021 ein gesetzlich vorgeschriebener Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen, sprich zehn Arbeitstagen. Umstritten ist die Situation aber bei jenen Firmen, die bereits heute ihren Mitarbeitern einen Vaterschaftsurlaub anbieten. Seit der Volksabstimmung zum Vaterschaftsurlaub Ende September stehen die Gewerkschaften mit ihnen in zähen Verhandlungen, die bis heute dauern.

Zwei Wochen extra?

Geht es nach den Gewerkschaften, müssen diese Firmen ab dem 1. Januar die neu gesetzlich vorgeschriebenen zwei Wochen auf die bisherigen Vaterschaftsurlaubs-Tage obendrauf schlagen. Bot eine Firma also schon bisher einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen an, müsste sie laut Gewerkschaften nun vier Wochen daraus machen. Viele grössere Firmen handhaben dies tatsächlich so, etwa die ABB, die UBS oder auch die SRG. Doch es gibt Branchen, die sich wehren. «Am dreistesten ist der Baumeisterverband», sagt Mathias Regotz, bei der Gewerkschaft Syna für die Interessens- und Vertragspolitik zuständig. Die Vertreter des Baumeisterverbandes sagten klar, dass die gesetzliche Regelung alle Vereinbarungen im Gesamtarbeitsvertrag ersetzen würde. «Dem ist aber nicht so», erklärt Regotz. Neu müssten beide Regelungen gelten und zusammengezählt werden, so der Gewerkschafter. «In den Verordnungen und Gesetzestexten ist nirgends festgehalten, dass die neue gesetzliche Vaterschaftsurlaubs-Regelung bestehende vertragliche Vereinbarungen ersetzt.»

Kein Verständnis bei den Arbeitgebern

Kein Verständnis für diese Forderung hat man beim Arbeitgeberverband. «Wir betrachten das als Maximalforderung der Gewerkschaften für die laufenden Verhandlungen», sagt Daniella Lützelschwab, Leiterin Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht beim Schweizerischen Arbeitgeberverband. «Wir gehen nicht davon aus, dass es für eine solche Forderung eine Rechtsgrundlage gibt.» Dies bestätigt auch Basile Cardinaux, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Freiburg: «Es gibt keine gesetzliche Pflicht zu einer ‹kumulativen› Lösung». Dies sei schon bei der Einführung des Mutterschaftsurlaubs so gewesen. Zwar könnten manche Firmen nun etwas einsparen, da sie allenfalls jetzt weniger Vaterschaftsurlaub selber bezahlen müssten. Allerdings wurden mit dem Ja zum Vaterschaftsurlaub auch die Beiträge in die Erwerbsersatzordnung von 0.45 auf 0.5 Lohnprozente erhöht. Hier entstehen den Arbeitgebern neue Kosten, aber auch den Arbeitnehmern, weil der Vaterschaftsurlaub je hälftig von Arbeitgebern und - nehmern finanziert wird.

Kreative Lösungen gesucht

Die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern werden sich in vielen Branchen noch bis ins neue Jahr ziehen. Oft enden diese mit Kompromisslösungen: Da frisch gebackene Väter in ihren zwei Wochen gesetzlicher Vaterschaftsurlaub nur 80 Prozent des Lohnes erhalten, runden viele Arbeitgeber hier zum Beispiel auf 100 Prozent auf.

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Sorgometer 2020: Gleichstellung und Vereinbarkeit auf Platz 7 und 8

Zum zweiten Mal nach 2019 haben wir mit dem Sorgometer den Puls der watson-User gefühlt. Von Klimakrise über Corona bis Gleichberechtigung: Wir zeigen dir, was unsere Leser im Leben wirklich beschäftigt.

Anfang Dezember wollten wir von euch eure grössten Sorgen wissen. Dafür wurdet ihr mit 51 Aussagen konfrontiert. Ihr habt uns mitgeteilt, wie sehr euch Themen wie Klima, Migrationspolitik, Familie und Gesellschaft beschäftigen. Das Feedback war gross. Über 6000 watson-User haben den Fragebogen komplett ausgefüllt. Merci! Hier gibt es die Auswertung. Die Umfrage lief während gut einer Woche ab dem 30. November auf verschiedenen Kanälen von watson. Über 6000 User haben sich die Zeit genommen und uns ihre Sorgen mitgeteilt. Die Umfrage fand zum zweiten Mal statt, es waren die gleichen Fragen wie 2019, zusätzlich kamen sechs Fragen zu Corona dazu. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ.

Das beschäftigt am meisten

Auf jede Aussage habt ihr geantwortet, wie sehr euch das Thema beschäftigt, auf einer Skala von 0 («beschäftigt mich nicht») bis 10 («beschäftigt mich sehr»). Das sind die Aussagen, die die höchsten Werte erzielten:

  1. Der Klimawandel gibt mir zu denken: 7,70 (Vorjahres-Rang 1: 7,75)
  2. Es beelendet mich, dass Europa Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lässt: 7,04 (Vorjahres-Rang 2: 7,09)
  3. Die Gletscherschmelze bestürzt mich: 6,94 (Vorjahres-Rang 3: 7,01)
  4. Der ganze Plastikmüll beelendet mich: 6,71 (Vorjahres-Rang 4 (6,94)
  5. Die Krankenkassen-Prämien sind viel zu hoch: 6,67 (Vorjahres-Rang 5: 6,87)
  6. Die Debattenkultur im Internet macht mir Sorgen: 6,67 (Vorjahres-Rang 8: 5,22)
  7. Bei der Gleichstellung von Frau und Mann hat die Schweiz grossen Nachholbedarf: 6,45 (Vorjahres-Rang 9: 5,97)
  8. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein grosses Problem: 6,29 (Vorjahres-Rang 6: 6,44)
  9. Ich befürchte, im Alter keine ausreichende Rente zu erhalten: 6,17 (Vorjahres-Rang 7: 6,22)
  10. Für mich ist die Personenfreizügigkeit mit der EU zentral für den Wohlstand der Schweiz: 5,92 (Vorjahres-Rang 10: 5,70)

Anmerkung: Corona landet "nur" auf Rang 14.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Betrachten wir noch den Unterschied zwischen Männern und Frauen, stechen zwei Unterschiede besonders heraus. Für Frauen sind die Gleichberechtigung in der Schweiz (Rang 3) und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Rang 5) zwei der Hauptsorgen, bei den Männern liegen diese nur auf den Plätzen 9 und 10.

Diese Sorgen nahmen am meisten zu

Im Vergleich zu unserer identischen Umfrage 2019 haben diese Sorgen am meisten zugenommen:

  1. Ich fürchte mich vor Terroranschlägen: 3,13 (+0,62, Rang 34)
  2. Bei der Gleichstellung von Frau und Mann hat die Schweiz grossen Nachholbedarf: 6,45 (+0,48, Rang 7)
  3. Ich fühle mich dauernd gestresst: 4,77 (+0,46, Rang 20)
  4. Die Debattenkultur im Internet macht mir Sorgen: 6,67 (+0,45, Rang 6)
  5. Ich bin dauernd online und fühle mich internetsüchtig: 4,61 (+0,45, Rang 21)
  6. Die steigenden Mietzinsen bereiten mir Kopfzerbrechen: 4,96 (+0,42, Rang 17)
  7. Der rasante Aufstieg Chinas macht mir Angst: 5,46 (+0,35, Rang 11)
  8. Ich fühle mich oft einsam: 3,49 (+0,32, Rang 31)
  9. Wegen der vielen WhatsApp-Nachrichten und Push-Mitteilungen kann ich kaum mehr abschalten: 2,56 (+0,28, Rang 41)
  10. Es macht mich fertig, ständig erreichbar sein zu müssen: 3,53 (+0,26, Rang 30)

Sorgometer 2020: Das sind die grössten Sorgen der watson-User (Corona nur auf Rang 14), ein Beitrag erschienen am 30. Dezember 2020 auf www.watson.ch: Weiterlesen

 

 

 

2021 soll eine Elternzeit-Initiative lanciert werden - über das richtige Modell wird noch diskutiert

Nach dem Ja zum Vaterschaftsurlaub stritten die Befürworter einer Elternzeit über das weitere Vorgehen. Jetzt hat sich die Allianz aus Parteien und Verbänden zusammengerauft und will 2021 eine Initiative lancieren. Mit 60.3 Prozent Ja-Stimmen wurde der zweiwöchige bezahlte Vaterschaftsurlaub am 27. September vom Volk angenommen. Per 1. Januar 2021 tritt das entsprechende Gesetz in Kraft. Schon damals war klar: Nach dem Ja zum Vaterschaftsurlaub ist vor der Diskussion über die Elternzeit.

Der Verein Public Beta der beiden Demokratie-Aktivisten Daniel Graf und Che Wagner preschte noch vor dem Abstimmungssonntag vor und kündigte an, bis Ende 2020 bei der Bundeskanzlei einen Initiativtext für eine Elternzeit von 32 Wochen zur Vorprüfung einzureichen. Die Elternzeit sollte paritätisch aufgeteilt werden, sprich je 16 Wochen für Mutter und Vater.

Mit der Ankündigung machten sich Graf und Wagner nicht nur Freunde: Gewerkschaften, Familienorganisationen und Parteien wie die SP äusserten «Unverständnis», «Enttäuschung» und «Bedauern» über den Alleingang von Public Beta. Denn die breite Allianz, welche für die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs gekämpft hatte, wollte erst den Ausgang der Abstimmung im September abwarten. Erst danach sollten Gespräche über das weitere Vorgehen geführt werden.

Nicht auf Kosten des Mutterschaftsurlaubs

Doch die Risse scheinen unterdessen gekittet zu sein. Die Allianz hat sich wieder zusammengerauft. Die Pläne von Public Beta liegen auf Eis. Daniel Graf verweist eine Anfrage zum Stand der geplanten Initiative an Philippe Gnaegi weiter. Der ehemalige Neuenburger FDP-Regierungsrat ist Geschäftsführer von Pro Familia, welche die Elternzeit-Allianz koordiniert.

Derzeit liefen Gespräche mit verschiedenen Parteien und Organisationen, erklärt Gnaegi auf Anfrage: «Unser Ziel ist, dass die Elternzeit von allen politischen Lagern getragen wird.» Ziel sei ein Kompromiss, hinter den sich möglichst viele Parteien, Sozialpartner und Wirtschaftsverbände stellen könnten. Schliesslich sei die Elternzeit nicht nur ein sozial- und familienpolitisches, sondern auch ein wirtschaftspolitisches Anliegen, betont der Ökonom.

Konkrete Angaben über einen Zeitplan oder die inhaltlichen Eckwerte der Elternzeit-Initiative macht Gnaegi nicht. Wie lange die Elternzeit dauern soll und wie sie zwischen den Elternteilen aufgeteilt wird, sei Teil der laufenden Diskussion. Eine rote Linie gibt es für die Mitglieder der Allianz allerdings: «Die Elternzeit darf nicht auf Kosten des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs von 14 Wochen gehen, für den 60 Jahre lang gekämpft werden musste.»

Das Gesamtpaket muss stimmen

Etwas auskunftsfreudiger ist Rebekka Wyler, Co-Generalsekretärin der SP Schweiz: «Die Initiative soll im nächsten Jahr lanciert werden.» Ob sich am Ende ein paritätisches oder ein flexibel aufteilbares Modell durchsetze, sei derzeit offen. Die SP habe noch keine abschliessende Entscheidung getroffen. Wichtig ist, dass das Gesamtpaket stimmt: «Ich hoffe, dass sich alle Beteiligten kompromissbereit zeigen.»

Das unterstreicht auch Adrian Wüthrich, Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse, der die Kampagne für einen Vaterschaftsurlaub angeführt hatte: Die Frage nach dem richtigen Modell müssten die beteiligten Organisationen zuerst für sich intern und dann gemeinsam im Rahmen der Allianz ausdiskutieren.

Hoffnung auf den «guteidgenössischen Kompromiss»

Ziel einer Volksinitiative sei es, eine gesamtgesellschaftliche Diskussion anzustossen, die zu einem Meinungsumschwung in der Politik führen kann. Welche konkrete Lösung sich am Ende durchsetzt, werde sich in einigen Jahren zeigen. Klar ist auch für ihn, dass die Elternzeit über die heutige gesetzliche Mindestdauer von Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub hinausgehen muss: «Wir wollen eine Elternzeit, die diesen Namen auch verdient.»

Die Einführung eines EU-weiten individuellen Anspruchs auf eine mehrmonatige Elternzeit per Mitte 2022 und die Tatsache, dass auch in der Schweiz immer mehr Firmen ihren Angestellten freiwillig eine bezahlte Elternzeit ermöglichten, stimmen den Gewerkschafter und alt Nationalrat (SP) optimistisch. Wüthrich kann sich vorstellen, dass in einigen Jahren «ein guteidgenössischer, mehrheitsfähiger Kompromiss für eine Elternzeit auf dem Tisch liegt.»

Ein Beitrag von von Christoph Bernet erschienen am 29.12.2020 in der Aargauer Zeitung: Weiterlesen

Beruf und Familie vereinbaren: Die Männer sind gefordert

Männliche Führungskräfte engagieren sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – aber es bleibt ein «Frauenproblem».

Seit langem ist bekannt, dass Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie massgeblich zur Gleichstellung sowie zur Erhöhung des Frauenanteils in Kaderpositionen beitragen. Umso erfreulicher ist es, dass mehr als 30 Prozent der im Forschungsprojekt «Leaders for Eqa­lity» der Universität St. Gallen befragten über 800 männlichen Führungskräfte bereits wesentliche Aktivitäten umsetzen: Sie ermöglichen in ihrem Verantwortungsbereich mobiles Arbeiten und Home­office ebenso wie Teilzeit und/oder Jobsharing.  Zudem achten sie darauf, dass Besprechungszeiten so enden, dass Mütter und Väter ihre Kinder von der Kita oder Tagesbetreuung abholen und betreuen können. Und sie beantworten E-Mails und Telefonanrufe weder nach Feierabend noch in den Ferien und erwarten dies auch nicht von ihren Mitarbeitenden.

Wenig Ermutigung für Männer

Gleichzeitig wurde bei der Befragung deutlich, dass Vereinbarkeitsmassnahmen für (andere) Männer oder für sich selbst als männliche Führungskraft kaum umgesetzt werden: Zum Beispiel werden andere Männer kaum ermutigt, Teilzeit zu arbeiten. Auch die eigenen Stellenprozente zur besseren Vereinbarkeit zu reduzieren, geschieht selten. Deshalb entsteht der Eindruck, als wäre Vereinbarkeit hauptsächlich ein zu lösendes Problem für Frauen – für die männlichen Führungskräfte oder auch andere Männer scheint es keine Herausforderung ­ihres Berufslebens zu sein.

Frauen sind sehr skeptisch, was das Engagement der Männer angeht.

Diese Vermutung werden durch die erhobenen soziodemographischen Daten erhärtet: Die männlichen Führungskräfte arbeiten fast ­ausschliesslich Vollzeit, das heisst mit mehr als 91 Prozent Stellenumfang. Ihre Partnerinnen oder Partner arbeiten zu mehr als 80 Prozent Teilzeit und davon mehr als jede ­dritte Person auf 50-Prozent-Stellen.Da zudem mehr als die Hälfte der männ­lichen Führungskräfte Kinder hat, liegt es nahe, dass die Partnerin hauptsächlich die so­genannte Care-Arbeit übernimmt. Das heisst umgekehrt: Eigene Erfahrungen mit Teilzeit oder einer Vollzeit-arbeitenden Partnerin, ob nun mit oder ohne Kind, ­haben die Männer mehrheitlich nicht. Eine weitere Einschränkung der positiven Selbstwahrnehmung der männlichen Führungskräfte sind die Antworten der mehr als 350 Frauen in Kaderorganisationen. Diese wurden nach ihrer Einschätzung ihrer männlichen Kollegen befragt. Sie sind deutlich skeptischer, das heisst, sie nehmen die Männer als deutlich weniger aktiv wahr.

Diese Skepsis zeigt sich auch darin, dass 44 Prozent der Frauen der Meinung sind, Manager könnten sich eher nicht vorstellen, Besprechungszeiten vereinbarkeitsfreundlich zu gestalten. Im Vergleich dazu neigen lediglich 12 Prozent der Männer zu dieser ­Ansicht. Ähnliches gilt hinsichtlich des Ermöglichens von Teilzeit oder Jobsharing. Weniger gross ist die Diskrepanz bei der Ermutigung anderer Männer zur Teilzeitarbeit. Hier sind sich Frauen wie Männer einig, dass sich männliche Führungskräfte nicht vorstellen können, dies zu tun.

Austausch fördern

Was bedeuten diese Befunde nun für die Gleichstellungsarbeit in Unternehmen? Neben den technischen und organisatorischen Aspekten von Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie erscheint ein unternehmenskultureller Wandel notwendig. Dazu gehört vor allem ein Verständnis, dass Vereinbarkeit eine Aufgabe und Herausforderung für Frauen wie für Männer ist. Zudem gilt es, neben der neuen Selbstverständlichkeit des Arbeitens im Homeoffice auch Teilzeit und Jobsharing in Führungspositionen als neue Normalität für Frauen und Männer zu gestalten. Hierfür ist es hilfreich, Väter mehr ins Blickfeld zu rücken.

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen besonders deutlich, dass ein geeigneter Schritt zur Veränderung der Unternehmenskultur der Dialog und Austausch zwischen Frauen und Männern sein kann. Konkret geht es um einen Perspektivenwechsel der männlichen Führungskräfte: Mit den Müttern und Vätern in ihrem Team reden und erfragen, was diese brauchen können, was sich verändern sollte, was sie als Führungskräfte dazu beitragen können. Zudem können die zutage getretenen unterschiedlichen Wahrnehmungen von Frauen und Männern als Anlass genommen werden, einen analogen oder virtuellen Austausch zu initiieren, um ­gemeinsam herauszufinden, woher die Differenzen in den Antworten herrühren.

Ein Beitrag von Julia Nentwich und Gabriele Schambach erschienen am 28. Dezember 2020 auf www.handelszeitung.ch: Weiterlesen