Familienergänzende Kinderbetreuung: Bundesrat beantragt Krediterhöhung

Die 100 Mio. Franken, die für das Förderprogramm des Bundes für familienergänzende Kinderbetreuung gesprochen wurden, reichen nicht. Wegen der vielen Gesuche der Kantone um eine Bundesbeteiligung ist der zur Verfügung gestellte Kredit überschritten worden. Um die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern, hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 5. März 2021 beschlossen, dem Parlament eine Erhöhung des Kredits um 80 Millionen Franken zu beantragen.

Der Bund kann seit dem 1. Juli 2018 gestützt auf das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHG, SR 861) jene Kantone und Gemeinden während drei Jahren mit Finanzhilfen unterstützen, welche die Kosten der Eltern für die familienergänzende Kinderbetreuung senken. Zudem kann er Projekte fördern, mit denen Betreuungsangebote besser auf die Bedürfnisse berufstätiger Eltern ausgerichtet werden. Diese zwei neuen Finanzhilfen sind auf 5 Jahre befristet, d.h. sie enden am 30. Juni 2023.

Die für die Finanzhilfen nötigen Mittel wurden von der Bundesversammlung in Form eines 5-jährigen Verpflichtungskredits in der Höhe von 96,8 Mio. Franken bereitgestellt. Die Nachfrage nach den neuen Finanzhilfen ist so hoch, dass der zur Verfügung stehende Verpflichtungskredit nicht ausreicht. Bisher haben 11 Kantone ein Gesuch eingereicht, mit denen Finanzhilfen in der Höhe von rund 125 Mio. Franken beantragt werden. Weitere Gesuche sind in Vorbereitung. Deshalb hat der Bundesrat beschlossen, dem Parlament eine Krediterhöhung um 80 Millionen Franken zu beantragen, so dass alle Gesuche bewilligt werden können und eine Gleichbehandlung aller Kantone gewährleistet ist.

Die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit ist prioritäres familienpolitisches Ziel des Bundesrates. Wegen der – auch im internationalen Vergleich – tiefen Subventionen der öffentlichen Hand sind die Betreuungskosten für erwerbstätige Eltern in der Schweiz hoch und belasten die Familienbudgets über Gebühr. Daraus resultiert ein starker Abhalteeffekt für Zweitverdienende (meistens die Mütter), erwerbstätig zu sein oder das Erwerbspensum zu erhöhen. Die Senkung der Betreuungskosten für erwerbstätige Eltern ist deshalb ein effektives Instrument, die Vereinbarkeit zu fördern und den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

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Wer mit und für Kinder arbeitet, soll die Kinderrechte kennen und anwenden

Personen, die mit und für Kinder arbeiten, sollen besser über deren Rechte informiert sein und sich danach richten. Als besonders wichtig erachtet der Bundesrat das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Anhörung und Mitwirkung, etwa wenn sich die Eltern scheiden lassen oder ein Kind ausserfamiliär untergebracht werden soll. An seiner Sitzung vom 5. März 2021 hat der Bundesrat entschieden, Organisationen welche die Akteure der beruflichen Aus- und Weiterbildung für die Kinderrechte sensibilisieren, während fünf Jahren mit Finanzhilfen zu unterstützen. Der Bundesrat kommt damit auch Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses zur besseren Umsetzung der Kinderrechtskonvention nach.

Richterinnen, Anwälte, Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagogen, Polizistinnen, Lehrer, Migrationsfachpersonen und weitere Fachleute sollen den Kinderrechten in ihrem Berufsalltag Rechnung tragen können. Deshalb sollen die verschiedenen Berufsgruppen angeregt werden, das Thema Kinderrechte in die Aus- und Weiterbildung aufzunehmen. Zudem werden Praxishilfen wie Merkblätter und Checklisten für die verschiedenen Berufsgruppen erarbeitet und verbreitet. Dafür sieht der Bundesrat während fünf Jahren Finanzhilfen von 200'000 Franken jährlich vor. Diese gehen an Organisationen, die entsprechende Massnahmen umsetzen. Die benötigten Mittel stammen aus dem Kredit «Kinderschutz / Kinderrechte», den das Parlament in der vergangenen Wintersession auf 2 Mio. Franken aufgestockt hat.

Wichtig ist insbesondere die altersgerechte Anhörung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen. Diese leistet bei Entscheiden des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde einen wesentlichen Beitrag zu Lösungen, die dem Kindeswohl besser gerecht werden, als wenn allein aus der Erwachsenenperspektive entschieden wird. Im Fall von Scheidungen, Kindeswohlgefährdungen oder einer ausserfamiliären Unterbringung können Anhörung und Mitwirkung den betroffenen Kindern und Jugendlichen zudem helfen, besser mit der belastenden Situation umzugehen.

Mit diesen Massnahmen setzt der Bundesrat auch Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses um. Die Schweiz ist 1997 der Kinderrechtskonvention der UNO beigetreten. Damit verpflichtet sie sich, die internationalen Standards umzusetzen und dem UN-Kinderrechtsausschuss regelmässig – etwa alle fünf Jahre – Bericht zu erstatten.

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168 Millionen Kinder konnten nicht zur Schule

Die Pandemie hat 14 Länder während fast eines ganzen Jahres weitgehend in den Lockdown gezwungen. Mit verheerenden Folgen für die Kinder. Die Unicef spricht von einer «katastrophalen Bildungskrise». Seit Ausbruch der Pandemie hatten Millionen von Schülern weltweit keinen Zugang zu Bildung. Die Unicef spricht von einer «katastrophalen» Bildungskrise». Die am meisten benachteiligten Kinder würden den höchsten Preis bezahlen. Mit einer Installation vor dem UN-Hauptgebäude in New York wird auf die Krise aufmerksam gemacht.

Seit fast einem Jahr sind nach Angaben von Unicef mehr als 168 Millionen Kinder weltweit wegen Massnahmen gegen die Corona-Pandemie vom Schulunterricht ausgeschlossen. 214 Millionen Kinder hätten mehr als drei Viertel ihres Unterrichts verpasst, berichtete das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen am Mittwoch. Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore sprach von einer «katastrophalen Bildungskrise» wegen des weltweiten Lockdowns.

Dem Bericht zufolge haben sich 14 Länder von März 2020 bis Februar 2021 weitgehend im Lockdown befunden. Zwei Drittel dieser Länder gehören zu Lateinamerika und der Karibik und zählen gemeinsam fast 98 Millionen Schulkinder.

1 Tisch pro 1 Million Kinder

In Schulen würden Kinder sich mit Gleichaltrigen austauschen, Unterstützung erhalten, Zugang zu Gesundheitsdiensten und Impfungen sowie eine Mahlzeit bekommen. Die am stärksten Gefährdeten und die Kinder ohne Zugang zu Distanzunterricht sind laut Unicef einem erhöhten Risiko ausgesetzt, nie in die Schule zurückzukehren und zu Kinderehen oder Kinderarbeit gezwungen zu werden. «Die am meisten benachteiligten Kinder zahlen den höchsten Preis», sagte Fore. «Wir dürfen nichts unversucht lassen, um die Schulen offen zu halten oder ihrer raschen Wiedereröffnung Priorität einzuräumen.» Auf die Bildungskrise will Unicef mit der Installation «Pandemic Classroom» aufmerksam machen: Das Modell-Klassenzimmer zeigt 168 leere Schreibtische – einen Schreibtisch für je eine Million Kinder, deren Schulen seit einem Jahr fast vollständig geschlossen sind.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 03.03.2021 auf www.20min.ch

Was sich Schweizer Frauen wünschen, ist voller Widersprüche

Frauen mit Kindern möchten wenig arbeiten, aber später genug verdienen. Trotzdem landen sie spätestens mit dem zweiten Kind in traditionellen Rollen, das zeigt eine aktuelle Umfrage bei 6000 Schweizer Frauen.

50 zu 80, das ist, es wovon Schweizer Frauen im Jahr 2021 träumen. Zumindest sagen sie das, wenn sie gefragt werden, wie sie sich «den optimalen Erwerbsgrad für Mütter und Väter» vorstellen: Sie arbeitet Teilzeit zu 50 Prozent, er ist Hauptverdiener mit einer 80-Prozent-Anstellung. Dies ist eines der Resultate einer Umfrage, welche das Frauenmagazin Annabelle beim Forschungsinstitut Sotomo in Auftrag gegeben hat. Dafür haben 6380 Frauen online angegeben, wie zufrieden sie im Beruf, in der Partnerschaft und der Familie sind.

Das Erstaunliche daran: Die Frauen sehen vor allem bei den Männern Veränderungspotenzial. Über alle Bildungsniveaus und gelebten Familienmodelle hinweg sind sich die Frauen einig, dass Familienväter ihr Pensum reduzieren sollten. Was heute weniger als 10 Prozent der Väter tun. «Das ist eine grosse Diskrepanz zur Realität und kann als Forderung verstanden werden», interpretiert dies Studienautorin Sarah Bütikofer. Nur die Frauen unter 35 Jahren gaben an, dass sie sich eine Aufteilung von 60 zu 70 Prozent mit dem Partner, der Partnerin wünschen würden.

Die Hälfte der befragten Frauen verdient alleine zu wenig zum Leben

Ein Grossteil der Frauen verbleibt also freiwillig in kleinen Teilzeitpensen, wenn sie kleine Kinder haben, Aber, das zeigt diese Umfrage erneut, sie bleiben Geringverdiener, auch wenn die Kinder älter oder gar erwachsen sind. Daraus resultiert, dass 50 Prozent der befragten Frauen zwischen 17 und 89 Jahren angaben, dass ihr Lohn nicht reichen würde, um den Lebensunterhalt alleine zu bestreiten. Bei Frauen mit kleinen Kindern überrascht das wenig. Aber auch 72 Prozent der Frauen mit Kindern im Teenageralter und immer noch 62 Prozent der Frauen mit erwachsenen Kindern gaben an, alleine nicht genug zum Leben zu verdienen.

Berufliche Gleichstellung wird mit 50 Prozent-Pensum schwierig

Interessant und widersprüchlich wird es, wenn man sich ein paar andere Aussagen dazu anschaut. 60 Prozent der Frauen finden, dass die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern im Berufsleben nicht verwirklicht sei. Und sehen bei der finanziellen Absicherung im Alter ein Problem. Nur ein Teilzeitpensum (auch von 50 Prozent) über längere Zeit führt unweigerlich dazu, dass die Berufserfahrung geringer ausfällt und damit auch das Salär und später das Pensionsgeld, schreiben auch die Studienautoren. Solang Frau, wenn sie Mutter wird, ihr Pensum massiv kürzt, wird es schwierig mit Gleichstellung im Berufsleben und auch im Haushalt.

Mütter sind unzufriedener – ausser wenn Corona ist

Auch macht die Umfrage deutlich, dass es vor allem die Mütter sind, die unzufrieden mit ihrer Lebensrealität sind. Sie beklagen zu wenig Zeit für sich, eine schlechte berufliche Position und (mit Kleinkindern) zu wenig Sex. Im Gegensatz dazu geben sich Frauen ohne Kinder in Paarbeziehungen, Singles oder auch Alleinerziehende in fast allen Aspekten mehr Zufriedenheitspunkte als die Mütter. Allgemein hadern alle befragten Frauen am meisten mit ihrem Aussehen, der Sexualität und ihrer Karriere. In der Corona-Pandemie scheinen die Familienfrauen aber zu den Gewinnern zu gehören: Sie schätzen die Auswirkungen auf ihre Familien- und Paarsituation mehrheitlich positiv ein. Grund dafür ist laut Studie die frei werdende Zeit infolge ausgefallener Veranstaltungen und Treffen. Wohingegen Singles und Alleinerziehende unter der Isolation leiden.

Mehr Engagement zu Hause vom Partner, der Partnerin

Die befragten Frauen gaben auch an, was ihrer Meinung nach für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf hilfreich wäre. 61 Prozent fanden, der Arbeitgeber müsse sich dafür mehr anstrengen. 55 Prozent gaben an, dass eine geteilte Verantwortung zu Hause mit dem Partner hilfreich wäre. Die Förderung von familienexternen Betreuungen kam erst an dritter (Krippen) und vierter Stelle (Ganztagesschulen).

Humor ist wichtiger als ein gleichberechtigtes Familienmodell

Auch hier scheint wieder der Wunsch auf, der Partner möge mehr anpacken zu Hause, um die Lasten von Beruf und Familie gemeinsam zu tragen. Doch wurden die Frauen gefragt, welche Eigenschaften ihnen bei ihren Partner oder Partnerinnen wichtig sei, kommt die «Bereitschaft zu gleichberechtigtem Familienmodell» erst an elfter Stelle (mit 44 Prozent). Viel höher gewichteten die Befragten «Verlässlichkeit» (86 Prozent), «Humor» (80 Prozent) oder «Über Gefühle reden zu können» (69 Prozent). Und dies nicht nur bei den älteren Frauen über 65 Jahren, sondern auch bei den ganz jungen Frauen zwischen 16 und 24 Jahren. Zynischerweise könnte man sagen, dass wer bei der Partnerwahl nur auf Humor und Verlässlichkeit setzt, sich dann auch nicht wundern sollte, wenn der Punkt «Überlässt im Haushalt vieles einfach mir» bei der Frage, was den am aktuellen Partner besonders nerve, ganz oben rangiert.

Wunsch und Realität klaffen auch bei den Frauen selbst auseinander

Noch einen augenscheinlich Punkt gibt es, bei dem sich die Erwartungen und Wünsche der befragten Frauen beissen: Obwohl die Hälfte der Frauen im Erwerbsalter angibt, in der Beziehung finanziell abhängig zu sein, finden es nur 20 Prozent besonders wichtig, dass der potenzielle Partner oder die potenzielle Partnerin genug Geld verdient, um die Familie zu ernähren. Fazit: Frau weiss wohin es gehen müsste in Sachen Gleichberechtigung, ortet den grössten Bedarf im Beruflichen und beim Partner, aber ist sich in manchen Bereichen auch noch ganz schön selbst im Weg.

Weiterlesen - ein Beitrag von Katja Fischer De Santi erschienen am 2. März 2021 auf www.aargauerzeitung.ch

Nur jede zweite Frau schätzt laut einer neuen Studie den eigenen Arbeitgeber als familienfreundlich ein

Schweizerinnen fühlen sich laut einer Studie in einzelnen Bereichen gegenüber Männern immer noch stark benachteiligt. Nur 40 % glauben, dass Frauen & Männer beim aktuellen Arbeitgeber gleiche Chancen haben. Klassische Rollenmuster zeigen sich gemäss Studie auch im Alltag zuhause.

Deutschschweizer Frauen sehen zwar Fortschritte in der Gleichstellung von Frau und Mann, fühlen sich in einzelnen Bereichen aber immer noch stark benachteiligt. Gemäss einer Studie gibt es vor allem in der Arbeitswelt noch viel zu tun. Nur jede zweite Frau schätzt laut einer neuen Studie den eigenen Arbeitgeber als familienfreundlich ein. Nur zwei von fünf sind sogar der Ansicht, dass Frauen und Männer beim aktuellen Arbeitgeber die gleichen Karrierechancen haben.Drei von fünf Frauen sind also der Meinung, dass Männer bevorzugt behandelt werden. Dies zeigt die am Montag publizierte Frauenstudie «annajetzt», bei der über 6000 Frauen befragt wurden.

72 Prozent glauben, Männer hätten immer noch Vorteile

72 Prozent der befragten Frauen sind zudem der Ansicht, Männer hätten in der Schweiz insgesamt noch immer mehr Vorteile als Frauen. Dies ist im internationalen Vergleich einer der höchsten Werte in der westlichen Welt. Klassische Rollenmuster zeigen sich gemäss Studie auch im Alltag zuhause. So bleibe bei Paaren unabhängig von der Aufteilung der Erwerbsarbeit ein grosser Teil der Hausarbeit an den Frauen hängen. So stört sich beispielsweise jede vierte Befragte daran, dass ihr Partner «Schmutz und Unordnung zuhause gar nicht erst sehen» würde.

Nur wenige mit ihrem Sexleben «voll und ganz zufrieden»

In Sachen Sexualität sehen die meisten Frauen noch Luft nach oben: Nur 29 Prozent der Befragten geben an, mit ihrem Sexleben voll und ganz zufrieden zu sein. Ein Viertel hätte gerne mehr Sex und acht Prozent anderen Sex. 27 Prozent können sich so ausleben, wie sie es wünschen.Auffallend viele Frauen haben zudem negative Erfahrungen mit Sex gemacht. Besonders schockierend: Ganze 30 Prozent geben an, Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung gehabt oder sexuelle Gewalt erlebt zu haben. Trotz der Gleichstellungsdefizite ist die Mehrheit der Befragten mit ihrem Leben zufrieden. Eher weniger glücklich sind jedoch Mütter in Familienhaushalten. Sie beklagen vor allem, zu wenig Zeit für sich selber zu haben.Für die «annajetzt»-Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Sotomo mehr als 6000 Frauen über 16 Jahre in der Deutschschweiz. Die Befragung erfolgte online zwischen dem 21. und dem 31. Januar 2021. Die Studie entstand im Auftrag der Frauenzeitschrift «annabelle».

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 1. März 2021 auf www.nau.ch

68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben

Die Zeitschrift Annabelle hat über 6000 Frauen gefragt, wie gleichgestellt sie sich fühlen. Bei vielen Punkten tut sich ein Graben zwischen den Generationen auf. Am meisten Aufholbedarf sehen die Frauen bei der Gleichstellung im Beruf.

#MeToo, Frauenstreik, 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz: Die Themen Gleichstellung, Lohndiskriminierung und Feminismus sind in den letzten Jahren wieder ganz oben auf die politische Agenda geklettert. Das Umfrageinstitut Sotomo hat im Auftrag der Zeitschrift «Annabelle» bei 6280 Schweizer Frauen nun den Puls gefühlt.

Leben sie aus ihrer Sicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft? Wie verbreitet sind veraltete Rollenmodelle? Und was hat sich im Vergleich zur vorhergehenden Generation - beruflich, gesellschaftlich, sexuell - verbessert? Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse.

Wie weit ist die Schweiz bei der Gleichstellung?

Im privaten und politischen Bereich sowie in der Öffentlichkeit sehen die befragten Frauen die Gleichstellung einigermassen verwirklicht. Grossen Handlungsbedarf sehen sie noch im Beruf: Nur vier Prozent der Befragten finden, dort sei die Gleichstellung sehr gut umgesetzt. Potential gibt es aber auch in den übrigen Bereichen Familie & Partnerschaft, Öffentlichkeit und Politik: So finden etwa nur 13 Prozent, dass die Gleichstellung im Privaten «sehr gut» umgesetzt sei. Es zeigt sich auch: Jüngere Frauen zeigen sich kritischer.

Wo besteht der dringendste Handlungsbedarf?

Dass viele Frauen sich im Beruf noch nicht gleichgestellt sehen, schlägt sich auch in den dringendsten Forderungen nieder. 85 Prozent finden, das drängendste Thema sei, dass gleiche Arbeit mit gleichem Lohn entlohnt wird. Danach folgt mit 69 Prozent die finanzielle Absicherung im Alter. Und auch die dritte Forderung betrifft den Beruf: 68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben. Kontrovers schätzen die befragten Frauen das Mittel der Quoten zur Förderung der Frauen im Job ein. 48 Prozent sind dafür, 52 Prozent dagegen. Für Quoten sind mehrheitlich jüngere Frauen.

Wie viele Frauen bezeichnen sich als Feministin?

Ein Generationen-Graben tut sich bei der Frage auf, ob sich die Befragten als Feministinnen bezeichnen würden. Während bei den 16- bis 24-Jährigen 61 Prozent absolut oder «eher» zustimmen, sind es bei den älteren Generationen deutlich weniger. Die Forscherinnen und Forscher folgern daraus: «Bei den unter 35-Jährigen ist der Feminismus im Mainstream angekommen.»

Gendergerechte Sprache

Sind Politikerinnen mit gemeint, wenn es heisst, dass Politiker ein Corona-Hilfspaket fordern? Um diese Frage wird heftig gestritten. 26 Prozent der befragten Frauen finden es wichtig, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden und fordern eine konsequente Umsetzung. 40 Prozent achten darauf nicht besonders. Auch hier sind es Frauen zwischen 16 und 34 Jahren, die sich deutlich stärker für das «Gendern» aussprechen (40 Prozent Anteil).

Diskriminierung am Arbeitsplatz

Haben Frauen und Männer die gleichen Chancen im Job? Nur 40 Prozent der Befragten können diese Aussage bei ihrem Arbeitgeber unterschreiben. 11 Prozent finden, sie würden aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz Nachteile erfahren. Bei den negativen Erfahrungen werden am meisten sexualisierte Sprüche oder Witze (55 Prozent) genannt, danach folgt allgemein Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und an dritter Stelle die Frage nach dem Kinderwunsch am Vorstellungsgespräch (28 Prozent).

Das nervt Schweizer Frauen

Auch Einstellungen zur Partnerschaft haben die Forscherinnen und Forscher erfragt. 42 Prozent der Befragten nervt es, dass sie die Hauptlast im Haushalt tragen und vieles an ihnen hängen bleibt. Der Haushalt sei der zentrale Reibungspunkt, so die Forscher. Vierzig Prozent stören sich weiter daran, dass ihr Partner oder ihre Partnerin nicht über Gefühle sprechen kann oder will. Für 27 Prozent hat zudem der Faktor «ist ständig am Mobile» Nerv-Potential.

Zufriedenheit mit dem eigenen Sex-Leben

29 Prozent der befragten Frauen geben an, sie seien mit ihrem Sexleben voll und ganz zufrieden. 27 Prozent können ihre Sexualität genau so ausleben, wie sie das wollen. Ein Viertel hätte gerne mehr Sex, acht Prozent anderen Sex. Im Vergleich zur Generation ihrer Mütter geben die Befragten an, dass sich bei der sexuellen Entfaltung einiges verbessert habe: 38 Prozent stimmen dieser Aussage zu. Trotzdem ist für viele Frauen Sexualität mit negativen Erfahrungen verknüpft. Drei Viertel geben an, schon mindestens einmal im Leben Sex gehabt zu haben, um jemanden einen Gefallen zu tun. Jüngere Frauen sind davon häufiger betroffen. Zudem hatten dreissig Prozent der befragten Frauen schon Sex ohne Einwilligung, nochmal so viele haben schon einmal sexuelle Gewalt erfahren.

Weiterlesen - ein Beitrag von Pascal Michel erschienen am 1. März 2021 auf www.20min.ch