Anteil der Beschäftigten im Homeoffice durch Corona mehr als vervierfacht

Ein Beitrag erschienen am 14.07.2020 auf www.nau.ch

Studie zu Auswirkung auf Familien und Arbeitswelt in Deutschland vorgestellt: Während der Corona-Krise hat sich der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice in Deutschland mehr als vervierfacht.

Im Lockdown-Monat April erhöhte er sich auf 23 Prozent oder knapp ein Viertel, wie aus einer am Dienstag vorgestellten Studie des Wiesbadener Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung hervorgeht. 2018 arbeiteten demnach lediglich 5,3 Prozent der Beschäftigten hierzulande mindestens die Hälfte ihrer Arbeitstage in den eigenen vier Wänden.

Vor der Corona-Pandemie habe Deutschland dabei in Europa lediglich im Mittelfeld gelegen, erklärte das Institut. In den Niederlanden und Skandinavien hätten Berufstätige schon davon fast ein Drittel ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbracht. Nach Corona rechnete es nun aber auch in der Bundesrepublik mit dauerhaften Veränderungen.

Die Erfahrungen im Lockdown würden voraussichtlich «langfristig zu einer neuen Balance von An- und Abwesenheit am Arbeitsplatz führen», erklärte Institutsdirektor Norbert Schneider. Dies biete Vorteile etwa mit Blick auf Flexibilität und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie geringeren Zeitaufwand für das Pendeln.

Auf der anderen Seite seien die Voraussetzungen für Arbeitnehmer genau in den Blick zu nehmen. Nicht jeder habe zu Hause optimale Rahmenbedingungen für Homeworking-Modelle. Eine Pflicht dazu dürfe es deshalb nicht geben, mahnte Schneider. Auch die Verfügbarkeit von Breitband-Internet im ländlichen Raum spiele dabei eine Rolle.

Laut Untersuchung gehen 42 Prozent der Beschäftigten davon aus, dass zumindest gelegentliches Arbeiten von zu Hause für sie selbst möglich wäre. Es hängt aber unter anderem auch von der Branche ab.

Die Studie basiert dem Institut zufolge auf wöchentlichen Befragungen von 3600 Menschen zu ihrer aktuellen Situation im Lockdown. Der Anteil von Eltern, die diese Zeit als sehr belastend empfanden, war dabei mit mehr als 50 Prozent deutlich höher als unter Kinderlosen. Bei alleinerziehenden Müttern war die Quote mit 60 Prozent noch höher.

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Schlechterbehandlung von Müttern ist zulässig

Ein Beitrag von Claudia Blumer erschienen am 15.07.2020 auf www.tagesanzeiger.ch

Das Bundesgericht weist die Beschwerde einer Mutter ab: Sie hatte Betriebszulagen gefordert, wie sie beim Militärdienst gewährt werden.

Das Erwerbsersatzgesetz regelt den Lohnausfall bei Militärdienst – und seit 2005 auch bei Mutterschaft. Doch es gibt Ungleichheiten: Während Militärdienstleistende neben dem Lohnersatz von 80 Prozent auch Kinderzulagen, Betriebszulagen und bei Bedarf Betreuungszulagen bekommen, ist für Mütter nur der Lohnersatz vorgesehen. Und auch dieser kann variieren: Das Taggeld für Dienstleistende beträgt maximal 245 Franken, jenes bei Mutterschaft maximal 196 Franken.

Gegen eine dieser Ungleichheiten hat sich eine Juristin aus Zürich gewehrt. Sie hat die Betriebszulage eingefordert, mit denen selbstständig Erwerbende einen Teil ihrer Fixkosten, die sie während der Erwerbspause weiterhin haben – beispielsweise für die Geschäftsmiete oder für Mitarbeiterlöhne –, bezahlen können. Doch die Juristin wurde abgewiesen, zuerst von der Zürcher Ausgleichskasse, dann vom Zürcher Sozialversicherungsgericht und nun, mit Urteil vom 22. Juni, das am Mittwoch publiziert wurde, auch vom Bundesgericht.

Laut Bundesgericht gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung während Mutterschaft und Militärdienst. Die selbstständige Rechtsanwältin mit eigener Praxis hatte nach der Geburt ihres Kindes Anfang 2018 die Betriebszulagen beantragt, im Herbst 2019 stützte das Sozialversicherungsgericht den ablehnenden Entscheid.

Parlament wollte bei Müttern sparen, bei Soldaten nicht

Aus dem Wortlaut im Gesetz lasse sich kein Anspruch auf Gleichbehandlung ableiten, heisst es im Bundesgerichtsurteil. Im Gegenteil: Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, bei Mutterschaft keine Betriebszulagen zu gewähren, was die Kommission damals, 2002, ausdrücklich und mit Blick auf die Kosten entschieden habe.

Zudem seien der Erwerbsausfall bei Mutterschaft und jener bei Militärdienst zwar im selben Gesetz geregelt – doch die Sachverhalte könnten dennoch unterschiedlich sein, schreibt das Gericht und argumentiert mit biologischen Gründen: Nur eine Frau könne Mutter werden und nur eine leibliche Mutter die Erwerbsersatzentschädigung erhalten. Männer seien deswegen noch nicht diskriminiert. Umgekehrt sei es zulässig, dass Müttern eine Betriebszulage vorenthalten bleibe, die Militärdienstleistende bekommen. Über die teilweise anderslautende Lehre setzt sich das Bundesgericht ausdrücklich hinweg.

Anwältin Fanny de Weck, welche die Mutter in dem Prozess vertritt, ist enttäuscht von dem Entscheid. «Das Gericht hätte eine Diskriminierung selbstständiger Mütter beseitigen können, hat es aber nicht gemacht.» Leider drücke sich das Bundesgericht in Grundrechtsfragen regelmässig und nehme sich aus der Verantwortung mit dem Verweis auf die Politik. «Es geht hier aber nicht nur um eine politische Frage, sondern es ist aus unserer Sicht klar verfassungswidrig und verstösst auch gegen die Menschenrechtskonvention, dass Mütter und Militärdienstleistende nicht dieselben Ansprüche haben. Der Gesetzgeber wollte bei Müttern sparen, nicht aber bei selbstständigen Dienstleistenden.» Ihre Klientin behalte sich deshalb den Weiterzug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg vor, sagt de Weck.

Bundesrat ist am Zug

Tatsächlich hat das Bundesgericht die Beschwerde nicht nur abgeschmettert, sondern fordert die Politik fast schon dazu auf, zu handeln. Im Urteil verweist das Gericht auf zwei zu diesem Thema hängige Motionen von Nationalrätin Min Li Marti und der ehemaligen Ständerätin Liliane Maury Pasquier (beide SP), Letztere wurde übernommen von Elisabeth Baume-Schneider. Die Motionen verlangen eine Anpassung des Erwerbsersatzgesetzes und die Aufnahme der Betriebszulage für Mütter. Das Bundesgericht hat der Frage zudem offensichtlich eine grosse Bedeutung beigemessen, indem es per Fünfer- statt Dreiergremium entschieden und eine Medienmitteilung dazu publiziert hat. Urteil: 9C_737/2019

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Pro und Contra Vaterschaftsurlaub

Ein Beitrag erschienen am 14.07.2020 auf www.aargauerzeitung.ch

SP-Nationalrätin Yvonne Feri ist für den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub, SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger lehnt ihn ab.

Pro: «Vaterzeit für einen guten Start ins Familienleben»

Veränderte Lebens- und Familienformen verlangen nach Anpassungen in der Ausgestaltung der Sozialsysteme in der Schweiz. Viele Paare teilen sich heute die Erwerbs- und Kinderbetreuungsarbeit. Das System der sozialen Sicherheit, dem das Modell des berufstätigen Mannes und der haushaltführenden Frau zugrunde liegt, muss diesen gesellschaftlichen Wandel nachvollziehen. Mit einem Ja zum Vaterschaftsurlaub können wir einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung unseres Sozialsystems machen.

Mit Umsetzung der Mutterschaftsentschädigung vor fünfzehn Jahren wurde endlich der Tatsache Rechnung getragen, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind. In diesem Herbst gilt es, das verstärkte Engagement von Vätern bei der Kinderbetreuung mit der Einführung eines Vaterschaftsurlaubs familienpolitisch anzuerkennen. Von der sehr bescheidenen zweiwöchigen Vaterzeit profitieren viele: die Kinder, die Familien, die Väter, die Mütter, die KMU. Nach der Geburt eines Kindes organisieren sich Familien neu.

Sind Väter in dieser wichtigen Phase präsent, entwickeln sie eine intensivere Beziehung zu ihren Kindern und beteiligen sich auch längerfristig stärker an der Familienarbeit. Die Nähe und die Verfügbarkeit der Väter tun den Kindern gut. Neben einer engen Bindung sind positive Effekte u. a. auf die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung der Kinder wissenschaftlich nachgewiesen. Und den Müttern vereinfachen es aktive Väter, weiterhin berufstätig zu sein.

Viele Arbeitgebende haben die Bedeutung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen erkannt. Während grössere Firmen bereits heute Vaterschaftsurlaube anbieten, müssen KMU auf eine staatliche Regelung hoffen, da ihnen die finanziellen Möglichkeiten für eigene Lösungen fehlen. Indem wir am 27. September dem konservativ-bürgerlichen Referendum eine Abfuhr erteilen und den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub annehmen, sagen wir Ja zu einer modernen und kindeswohlorientierten Familienpolitik, Ja zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Ja zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen.

Contra: «Keine zusätzliche Belastung durch teuren Vaterschaftsurlaub»

Der Papi-Urlaub schafft neue Ansprüche und hohe Kosten für die Allgemeinheit. Bezahlen müssen es dann alle: Jung und Alt, Grosseltern, Eltern und Kinderlose, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wir müssen uns bewusst sein, dass infolge der Corona-Krise bereits hohe, ungedeckte Mehrausgaben auf uns alle zukommen. Alle unsere Sozialwerke sind finanziell am Anschlag.

Die aktuelle Wirtschaftskrise verschärft die Lage drastisch. Die Arbeitslosenversicherung und die Sozialhilfe werden in den nächsten Monaten noch stärker unter Druck kommen, als sie es ohnehin schon waren. Gleichzeitig sind auch die Invalidenversicherung und die Altersvorsorge immer noch sanierungsbedürftig. Es geht um Milliarden, die fehlen. Als Finanzpolitikerin ist mir nicht mehr wohl dabei, wie die Sozialausgaben ins Unermessliche wachsen. Sie belaufen sich auf rund 200 Milliarden Franken jährlich und sind seit 2010 um 40 Milliarden Franken gewachsen. Und just in diesem Moment soll ein neues Sozialwerk, der Vaterschaftsurlaub, eingeführt werden? Das geht für mich nicht auf.

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Bei diesen Firmen bekommst du besonders viel Elternzeit

Ein Beitrag von Fabian Pöschl erschienen am 09.07.2020 auf www.20min.ch

20 Wochen Ferien für frischgebackene Väter und Mütter: Das bekommen Mitarbeiter beim Schweizer Konzern Japan Tobacco. Doch es gibt noch eine grosszügigere Firma, wie eine Umfrage von 20 Minuten zeigt.

Darum gehts

  • Japan Tobacco hat eine gleichberechtigte Elternzeit eingeführt.
  • Väter und Mütter bekommen 20 Wochen voll bezahlte Ferienzeit.
  • Auch wenn die Mitarbeiter ein Kind adoptieren, gibt Japan Tobacco 20 Wochen Ferien.
  • Bei Volvo Schweiz bekommen neue Väter und Mütter sogar 24 Wochen Ferien.

Frischgebackene Eltern brauchen viel Zeit für ihr Kind. Je nach Firma unterscheidet sich aber deutlich, wie viele freie Tage Väter und Mütter bekommen. Japan Tobacco International (JTI) führt beispielsweise eine gleichberechtigte Elternzeit ein, die deutlich länger als gesetzlich vorgeschrieben ist (siehe Box).

Ab 2021 bekommen alle JTI-Mitarbeiter mindestens 20 Wochen voll bezahlte Elternzeit. Die Ferien gelten unabhängig vom Geschlecht oder der sexuellen Orientierung. Ebenso spielt es keine Rolle, ob die Mitarbeitenden durch Geburt, Adoption oder Leihmutterschaft Eltern wurden, wie der Tabakkonzern mit Sitz in Genf diese Woche mitteilte.

Wie sieht es bei anderen Unternehmen aus? 20 Minuten hat eine Umfrage bei mehr als zwei Dutzend Firmen gemacht.

Wo du als frischgebackener Vater oder frischgebackene Mutter besonders viel bezahlten Urlaub kriegst, siehst du im Video. Für das Ranking wurden die bezahlten Ferientage von Mutter und Vater zusammengezählt.

Wertvolle Wiedereinsteigerinnen

Ein Beitrag erschienen am 28.06.2020 auf www.tagesanzeiger.ch/sonntagszeitung

Eine neue Studie der ETH zeigt die Vorteile für Arbeitgeber, wenn sie Mütter nach der Geburt ihres Kindes fördern. Was braucht es, damit Frauen nach der Geburt ihrer Kinder der Berufswelt nicht verloren gehen? Und was ist der Mehrwert von berufstätigen Müttern? Diesen Fragen ging Angelika Kornblum, Arbeits- und Organisationspsychologin an der ETH Zürich, nach.

Was braucht es, damit Frauen nach der Geburt ihrer Kinder der Berufswelt nicht verloren gehen? Und was ist der Mehrwert von berufstätigen Müttern?  Diesen Fragen ging Angelika Kornblum, Arbeits- und Organisationspsychologin an der ETH Zürich, nach. Sie wertete Antworten von 800 Müttern und Vätern sowie 30 Unternehmen aus und sagt: «Frisch gebackene Mütter beim beruflichen Wiedereinstieg zu fördern, hat für alle zahleiche Vorteile.» Unternehmen positionieren sich als attraktive Arbeitgeber, Know-how geht nicht verloren, und Kosten für die Rekrutierung entfallen. Dafür erhalten sie motivierte und loyale Mitarbeiterinnen. «Dass der Wiedereinstieg eine gesellschaftliche Aufgabe und von hoher Relevanz ist, ist jedoch noch nicht allen bewusst.»

Philippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia, kämpft genau dafür: «Noch immer haftet in den Köpfen vieler: Vereinbarkeit ist Sache der Frauen.» Lediglich junge Mütter verändern ihre Pensen, junge Väter praktisch nie. So haben 25 Prozent der an der Umfrage beteiligten Frauen ihr Pensum nach der Geburt um mehr als die Hälfte reduziert. Dabei möchten die meisten Frauen mehr arbeiten. Nicht 100 Prozent, doch mit einem Pensum zwischen 60 und 90 Prozent. «Dieses brachliegende Arbeitskräftepotenzial ist eine riesige Chance», sagt Kornblum. Auch da die Mütter sich nach der Geburt persönlich weiter entwickelt hätten sowie mit neuem Selbstbewusstsein arbeiten gingen. Zudem bringe sie die neue Rolle dazu, die Zeit fokussiert zu nutzen.

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