Weniger arbeiten - Die Viertagewoche wird immer salonfähiger

Vier Tage arbeiten und drei Tage Freizeit – und das bei vollem Lohn. So leben international immer mehr Leute ihre Woche. Die Schweizerische Nagelfabrik und das globale Marketingunternehmen Awin gehören zu den wenigen Beispielen, die auch in der Schweiz die Arbeitswoche verkürzen.

Seit 126 Jahren fabriziert die Schweizer Nagelfabrik AG in Winterthur Nägel. Seit neun Jahren tun die Mitarbeitenden dies selbst verwaltet. Und seit sechs Jahren arbeitet die Belegschaft des mittlerweile genossenschaftlich organisierten Betriebs nur noch an vier Tagen in der Woche – zum bisherigen Lohn. Konkret heisst das, die Maschinen und Arbeiterinnen und Arbeiter produzieren von Montag bis Donnerstag. Die Wochenarbeitszeit wurde auf 34 Stunden verkürzt. «Am Freitag ist nur das Büro bedient, damit die Kundinnen und Kunden keinen Nachteil erfahren», so Genossenschafter Arif Özer. Möglich sei das, weil man Qualitäts- und Spezialprodukte herstelle und nicht auf Massenproduktion setze. Bei dringenden Aufträgen sei die Belegschaft aber selbstverständlich bereit, auch am Freitag zu produzieren. 

Vorteile und Gefahren müssten abgewogen werden

Für Matthias Mölleney ist klar: Durch das Arbeitsmodell liessen sich Beruf und Privates besser vereinen. Man gewinne viel Flexibilität. Aber es müsse sorgfältig geprüft werden. Für den Leiter des Zentrums für Personalmanagement und Führung an der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ wirft das Viertagemodell aber auch Fragen auf: «Wo soll die Produktivität herkommen?» Wenn an vier Tagen effizienter, schneller, mit weniger Pausen und mit weniger Austausch unter Kollegen und Kolleginnen gearbeitet werden müsse: «Dann ist das ein ziemlich hoher Preis. Die Frage ist: Rechnet sich das?».

Globales Unternehmen testet Viertagewoche in der Schweiz

Ebenfalls die Viertagewoche eingeführt in der Schweiz, und an allen anderen 16 Standorten weltweit, hat das globale Marketingunternehmen Awin. Und zwar als Massnahme, um die Mitarbeitenden zu entlasten. Denn die hohe Nachfrage nach E-Commerce Dienstleistungen und das Homeoffice in der Pandemie habe die Arbeitslast des Personals erhöht. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Mitarbeitenden häufig die eine oder andere Minute länger am Computer sässen. «Die Leute sagen sich, dass sie sich den Weg zur Arbeit sparen. Und investieren das dann gewollt oder nicht in Arbeitsstunden», so Tony Riedel von Awin. Es handelt sich noch um ein Pilotprojekt, das mittlerweile aber schon über ein Jahr andauert. Die Erfahrungen seien positiv. Formell sei die vertragliche Grundlage bei Awin immer noch die 40-Stunden-Woche. Doch durch effizientere Teamarbeit würden sie es schaffen, dass alle ihren zusätzlichen freien Tag geniessen können, ohne dafür die restlichen vier Tage länger zu arbeiten.

Vorstoss zur Arbeitszeitverkürzung

Könnte das Modell in der Schweiz Fuss fassen? Im Dezember 2021 hat SP Nationalrätin Tamara Funiciello eine Motion eingereicht. Diese fordert, die Erwerbsarbeitszeit innert zehn Jahren auf maximal 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich für tiefe und mittlere Löhne zu senken. Der Bundesrat hat die Ablehnung der Motion beantragt, der Entscheid des Parlaments steht noch aus. Bisherige Versuche, die Arbeitszeit auf gesetzlicher Ebene zu reduzieren, hatten in der Schweiz keinen Erfolg. Eine klare Meinung haben die Mitarbeitenden der «Nagli». Sie sind überzeugt von der Viertagewoche – und der Geschäftsverlauf gäbe ihnen seit sechs Jahren recht.

Weiterlesen - ein

Klarer Trend zu höherer Bildung in der Schweiz

In den letzten 20 Jahren zeichnet sich in der Schweiz ein klarer Trend zu höherer Bildung ab. Vor allem Frauen studieren öfter als früher. Heute studieren deutlich mehr Frauen, als noch vor 20 Jahren. Allgemein hat die Quote der Hochschulabsolventen schweizweit zugenommen. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS).

In den letzten 20 Jahren hat sich in der Schweiz ein deutlicher Trend zu höherer Ausbildung gezeigt. Die Zahl derjenigen, die sich mit einer Lehre begnügen, stieg nur leicht, diejenigen auf tertiärer Stufe dagegen stark. Frauen entscheiden sich besonders oft für eine Hochschulausbildung. An den Pädagogischen Hoch- und Fachhochschulen haben Frauen ihre Quote auf über 53 Prozent fast verdoppelt. An den Universitäten, wo ihr Anteil schon vor 20 Jahren relativ hoch war, stellten sie 2020 über die Hälfte (51,8 Prozent) der Studentenschaft.

Auch Ausländerquote nahm stark zu

An den Universitäten nahm auch die Ausländerquote signifikant zu, um 11 Prozentpunkte innert 20 Jahren. Das liegt um etwa 6 Prozentpunkte über dem allgemeinen Anstieg des Ausländeranteils in der Wohnbevölkerung. Die am Freitag vom Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichten Zahlen sagen allerdings nichts darüber aus, wer von den Studierenden extra zur Ausbildung in die Schweiz immigrierte. Auf den übrigen Bildungsstufen entspricht der Anstieg des Ausländeranteils ungefähr dem allgemeinen Quotenanstieg. Bei der beruflichen Grundbildung liegt sie leicht darüber, bei der Höheren Berufsbildung und den Fach- und Pädagogischen Hochschulen leicht darunter. Parallel zur Ausbildungsstatistik hat das BFS am Freitag auch eine Zusammenstellung von Statistiken über Lehrkräfteausbildung veröffentlicht. Angesichts des herrschenden Lehrermangels sind beispielsweise die Zahlen zu Quereinsteigenden von Interesse: Diese Ausbildung wurde 2012 aus einem damaligen Lehrermangel heraus erleichtert. Die Begeisterung für diesen Ausbildungsweg nahm bis 2016 kontinuierlich zu von 21 Abschlüssen 2012 auf 217 fünf Jahre später. Seither sanken die Abschlüsse von Quereinsteigenden wieder und lagen 2020 bei 136 von insgesamt 5162 EDK-anerkannten Lehrkräfteabschlüssen.

Abschlüsse nehmen in allen Regionen zu

Über andere Formen der Abschlüsse lassen sich weniger eindeutige Aussagen machen. «Seit 2010 nahmen die Abschlüsse im Mittel in allen Regionen zu», schreibt das BFS, «der Trend war jedoch nicht immer linear, sondern wies auch Einbrüche auf». In den letzten beiden Jahren zeigt sich aber eine abnehmende Zahl von Lehrkräfteabschlüssen in der Deutschschweiz, bei starker Zunahme in der Westschweiz und leichtem Anstieg im Tessin. Grosso modo lagen die Zahlen der Abschlüsse 2020 etwa im Bereich von denjenigen 2015. Während diesem Zeitraum dürfte die Schülerzahl aber analog dem Bevökerungswachstum zugenommen haben. Das erklärt unter dem Strich den Lehrkräftemangel.

Weiterlesen - ein Beitrag von SDA erschienen am 25.02.2022 auf www.nau.ch

 

Armutsfalle: 17 Prozent der Schweizer Haushalte haben wenig bis kaum Geld

Trotz Banken und Luxus in den Bergen: In der Schweiz gibt es auch viele arme Menschen. Von Armut betroffen sind insbesondere Einelternhaushalte, ganz speziell diejenigen von Frauen. Das Medianeinkommen in der Schweiz beträgt 63’470 Franken pro Jahr. Das zeigt eine Analyse fürs Jahr 2015. Risikofaktoren für Armut sind Bildung, Erwerbssituation und Herkunft.

Die Schweiz zählt zu den reichsten Ländern der Welt. Trotzdem gibt es auch hier Armut. 17 Prozent der Schweizer Haushalte müssen mit geringen bis sehr geringen finanziellen Mitteln auskommen. Bei Personen im Erwerbsalter sind es 15 Prozent, im Rentenalter 22 Prozent. Das zeigt eine am Dienstag vorgestellte Analyse der Uni St. Gallen von 4,5 Millionen Personen vom Bundesamt für Sozialversicherungen für das Jahr 2015. Sehr geringe finanzielle Mittel hat, wer weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens verdient (siehe Box). Das Medianeinkommen betrug vor sieben Jahren 63’470 Franken pro Jahr.

Durchschnitt oder Median?

Um die Einkommen in der Schweiz festzuhalten, werden zwei Werte verwendet: der Durchschnitt und der Median. Diese können sich deutlich voneinander unterscheiden. Die Hälfte aller Haushalte in der Schweiz haben ein höheres Einkommen als der Medianwert. Der Durchschnitt wird hingegen aus allen Einkommen errechnet und besagt, wie hoch das Einkommen sein müsste, damit alle Haushalte gleich viel haben. Am Beispiel des Kantons Zug wird der Unterschied zwischen Median und Durchschnitt deutlich: In diesem steuergünstigen Kanton gibt es viele Haushalte mit einem hohen Einkommen. 2017 betrug das durchschnittliche Einkommen im Kanton Zug 107’300 Franken, das höchste in der ganzen Schweiz. Doch der Medianwert für das gleiche Jahr liegt bei 66’100 Franken. Der Medianwert zeigt, dass es auch im Kanton Zug noch viele Haushalte mit weniger Einkommen gibt. Zwar ist der Anteil der Rentner und Rentnerinnen in Armut besonders gross. Es gibt aber im Alter besonders viele Vermögende. Das mediane Nettovermögen steigt bis zur Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen auf rund 140’000 Franken. Mit dem Renteneintrittsalter springt es dann auf rund 250’000 Franken, was die Studienautoren mit dem Bezug von Kapitalleistungen der Altersvorsorge erklären. Die Daten der Jahre 2012 bis 2015 zeigen, dass sich rund ein Viertel der Personen aus der Armut befreien konnte. Für elf Prozent hingegen führten diese Jahre in eine Situation mit geringen oder sehr geringen Mitteln.

Frauen besonders von Armut gefährdet

Von Armut betroffen sind insbesondere Einelternhaushalte, ganz speziell diejenigen von Frauen. Noch grösser ist die Armutsfalle, wenn die Kinder noch klein sind. Auch längere Unterbrüche von der Arbeit nach der Geburt eines Kindes erhöhen das Armutsrisiko. Wichtige Risikofaktoren sind zudem Bildung, Erwerbssituation und Herkunft: Geringe bis sehr geringe Mittel finden sich überdurchschnittlich häufig bei Selbstständigerwerbenden, Beschäftigten in der Landwirtschaft, Personen mit geringer Bildung und aus einem nicht europäischen Land.

Weiterlesen - ein Beitrag von Fabian Pöschl erschienen am 22.02.2022 auf www.20min.ch

 

 

Schon beim Berufseinstieg – Frauen haben weniger Interesse an Vollzeitjobs – nicht nur wegen der Kinder

Frauen haben höhere Pensen als früher

Frauen haben höhere Pensen als früher

«Wenn eine Frau in der Schweiz 80 Prozent arbeitet, entspricht das in Frankreich fast einem Vollzeitpensum.»
Ursina Kuhn, Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften der Universität Lausanne

Nur halb so hohe Renten wie Männer

Nur halb so hohe Renten wie Männer

«Die berufliche Vorsorge soll Erwerbstätigkeit versichern, egal wann und wie diese erbracht wird.»
Melanie Mettler, GLP-Nationalrätin

«Teilzeitarbeit ist eher ein Tabuthema auf dem Bau»

Baggerführer und Maurer können nicht im Homeoffice arbeiten. Und doch will das Bauunternehmen J. Wiederkehr AG einige familienfreundliche Weichen in der Personalpolitik stellen. Starthilfe gibt dem Familienbetrieb die Teilnahme am Pilot fürs Zertifikat «Work-Family Balance».

Man fühlt sich zwischen dem älteren Mobiliar, den mit Papieren und Ordnern gesäumten Regalen von Bauunternehmer Josef Wiederkehr in Dietikon in ein analoges Zeitalter zurückversetzt – wären da nicht die Monitore. Hinter seinem Sessel hängt ein schwarzweisses Gemälde eines Geschäftsmannes, sitzend und in Anzug gekleidet. Der Manager (oder ist es ein Arbeiter im Sonntagsanzug?) hält etwas ungelenk ein übergrosses Kind fürsorglich auf dem Arm und gibt ihm ein Glas Milch zu trinken. Der Tessiner Maler Mario Comensoli widmete sich in vielen Arbeiterbildern den Immigranten in den 1950erund 1960er-Jahren – und irgendwann auch deren sozialem Aufstieg mit dem «Wirtschaftswunder». Das Immigrantenbild scheint seiner Zeit voraus zu sein. Es ist eines von mehreren Comensolis im Fundus des Familienunternehmens in vierter Generation. Mag sein, dass auch Josef Wiederkehr von den Fragen, die es aufwirft, fasziniert war. Sonst würde er den gesenkten, selbstzufriedenen Blick des Mannes im Nacken kaum tagein, tagaus ertragen. Die Rollenbilder in der Familie waren damals klar verteilt – so stellt der Mann mit Kind wohl eine Feierabendszene dar. Jedenfalls wird der Protagonist kaum über Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle, Remote Work oder Co-working nachgedacht haben.

Ganz anders Bauunternehmer Wiederkehr: Statt zuzuwarten, bis vom Staat entsprechende Direktiven zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommen –, Stichwort «Elternzeit»-Initiative – wird er lieber selber aktiv. Die inhabergeführte Bauunternehmung mit 70 Mitarbeitenden beteiligte sich als Pilot an der Entwicklung eines neuen Zertifikats «Work-Family Balance» für familienfreundliche Personalpolitik. Gemeinsam mit der Schulthess Klinik in Zürich wurde so die J. Wiederkehr AG nach ausführlichen Mitarbeiterbefragungen und der Erarbeitung eines Massnahmenplans als erstes Unternehmen von der beratenden Pro Familia Schweiz und der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) im November mit dem Zertifikat ausgezeichnet. Die beiden Pilotbetriebe haben sich damit auch gleich verbindliche Ziele für die nächsten drei Jahre gesetzt. Die SQS stellt auch die ISOZertifikate für Qualitätsmanagement (ISO 9001) aus.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen im Februar 2022 in der vom KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich (KGV) publiziert Mitgliederzeitung Zürcher Wirtschaft

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