In fast jedem zehnten Stelleninserat ist Homeoffice-Option erwähnt

Die Akzeptanz des Homeoffice ist in der Pandemie deutlich angestiegen. In fast zehn Prozent der Stelleninserate wird zurzeit eine Homeoffice-Option angeboten. Seit der Pandemie arbeiten viele Menschen vermehrt von zu Hause aus. Auch in Stelleninseraten ist dieser Trend deutlich sichtbar. In rund acht Prozent der Ausschreibungen wird die Möglichkeit zu Homeoffice geboten.

Der Anteil der Unternehmen, die Stellenbewerberinnen und -bewerber mit Homeoffice-Möglichkeiten locken, steigt. Mittlerweile ist in der Schweiz in fast jeder zehnten Stellenausschreibung die Option, zumindest teilweise auch von zu Hause aus zu arbeiten, erwähnt. Im Februar war Homeoffice in 8,8 Prozent der Stelleninserate in der Schweiz ein Thema, wie eine Auswertung von Indeed.com ergeben hat.

Mehr Akzeptanz für Homeoffice

Das internationale Stellenportal hat dazu die Stellenausschreibungen analysiert, die auf den Webseiten grosser Unternehmen veröffentlicht respektive direkt auf dem Portal aufgeschaltet wurden. Die Zahlen zeigen: Mit der Pandemie und der zeitweilig verordneten Homeofficepflicht hat die Arbeit von zu Hause aus enorm an Akzeptanz gewonnen. So war vor der Pandemie gerade einmal in 2,6 Prozent der Stelleninserate Homeoffice ein Thema. Im Laufe der Pandemie stieg der Anteil dann kontinuierlich an. Mit Blick zu den deutschsprachigen Nachbarn sind Schweizer Arbeitgeber allerdings doch noch eher zurückhaltend mit dem Homeoffice-Angebot. So wird in Deutschland und Österreich doch bereits in rund 13 Prozent der Stelleninserate das Remote-Arbeiten erwähnt. In allen drei deutschsprachigen Ländern hat sich aber seit Pandemiebeginn der Anteil der Inserate mit Homeoffice-Option mehr als verdreifacht, wie aus den Zahlen von Indeed hervorgeht, die der Nachrichtenagentur AWP vorliegen. In Frankreich und Italien dagegen liegt der Anteil mit 6,5 respektive 6,8 Prozent noch wesentlich tiefer.

Weiterlesen - ein Beitrag von SDA erschienen am 18.03.2022 auf www.nau.ch

Die Erwartungen an die hybride Arbeitswelt sind groß: Diese fünf Trends müssen Führungskräfte kennen

Am 20. März endet die Homeoffice-Pflicht in Deutschland. Nicht nur hierzulande, auch weltweit stehen Unternehmen vor der Herausforderung, den Wandel von Remote Work zum hybriden Arbeiten umzusetzen. Eines ist dabei klar: Die Bedürfnisse und Anforderungen der Beschäftigten an die Arbeitswelt haben sich in den letzten zwei Jahren verändert. Bei beruflichen Veränderungen spielen persönliche Ziele und das eigene Wohlbefinden eine größere Rolle. Mitarbeitende wünschen sich mehr Flexibilität und Zeit für persönliche Gespräche. Die Ergebnisse unseres Work Trend Index 2022 zeigen, dass sich diese Entwicklungen im vergangenen Jahr weiter fortgesetzt haben. Führungskräfte sind nun gefragt, die neuen Erwartungen zu verstehen und angemessen auf sie zu reagieren. Denn das entscheidet darüber, ob hybrides Arbeiten zum Erfolg für alle wird.

Für unseren Work Trend Index, der bereits im zweiten Jahr erscheint, haben wir 31.000 Menschen in 31 Ländern befragt sowie Billionen von Signalen in Microsoft 365 und Arbeitstrends auf LinkedIn analysiert. Wir haben uns die Pläne der Führungsebenen für 2022 angesehen und Feedback von Beschäftigten und Arbeitgebern gesammelt: Was motiviert sie zu bleiben? Was wünschen sie sich jenseits der Arbeit im Büro? Wie können Technologien unterstützen? Dabei haben wir fünf zentrale Trends identifiziert:

1. Mitarbeiter*innen weltweit und in Deutschland legen neue Maßstäbe an ihren Job an

Es hat sich verändert, wie, wo und wann gearbeitet wird – und damit ändert sich auch das Warum. Was Menschen von ihrer Arbeit erwarten und was sie bereit sind, für ihren Job zu investieren, wandelt sich. So zeigt unsere Umfrage, dass 53 Prozent der Menschen weltweit ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden über die Arbeit stellen. In Deutschland trifft dies auf 38 Prozent der Befragten zu. 18 Prozent der Befragten weltweit (12 Prozent in Deutschland) haben ihre Jobs im vergangenen Jahr gekündigt. Die fünf wichtigsten Gründe, aus denen Beschäftigte ihr Arbeitsverhältnis weltweit beendeten, waren: persönliches Wohlbefinden oder psychische Gesundheit (24 Prozent), die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (24 Prozent), das Risiko, an Corona zu erkranken (21 Prozent), mangelndes Vertrauen in die Geschäftsführung (21 Prozent) sowie fehlende Flexibilität bei Arbeitszeit oder -ort (21 Prozent). Der Blick in die Zukunft zeigt, dass sich dieser Trend insbesondere bei jüngeren Generationen fortsetzt. So sagen 52 Prozent der Generation Z und der Millennials weltweit (43 Prozent in Deutschland), dass sie sich im nächsten Jahr nach einem neuen Job umsehen werden.

2. Leitende Angestellte – zwischen den Erwartungen von Unternehmensführung und Beschäftigten

Den neuen Erwartungen der Beschäftigten zu entsprechen, ist eine Mammutaufgabe – und ohne die leitenden Angestellten[1] wird es nicht möglich sein, diese zu erfüllen. Sie stehen den Beschäftigten am nächsten und haben die besten Einblicke in persönliche und berufliche Herausforderungen. Doch all das nützt wenig, wenn die leitenden Angestellten nicht in der Lage sind zu handeln. So geben beispielsweise 50 Prozent der Entscheider*innen[2] weltweit (36 Prozent in Deutschland) an, dass sie in diesem Jahr die vollständige Rückkehr ins Büro planen – dem unbestreitbaren Wunsch der Mitarbeiter*innen nach Flexibilität zum Trotz. So haben 54 Prozent der leitenden Angestellten (51 Prozent in Deutschland) das Gefühl, dass die Unternehmensführung die Erwartungen der Beschäftigten nicht erkennt. 74 Prozent (66 Prozent in Deutschland) glauben nicht, dass sie über den Einfluss oder die Ressourcen verfügen, die sie bräuchten, um Veränderungen für ihr Team umzusetzen. Dabei führt der Weg für eine hybride Unternehmenskultur über die leitenden Angestellten, sie sollten zur Führung ihrer Teams befähigt werden.

3. Der Weg ins Büro muss sich lohnen

Durchschnittlich sagen 38 Prozent der Beschäftigten weltweit (35 Prozent in Deutschland), dass ihre größte Herausforderung darin besteht, zu wissen, wann und warum sie ins Büro kommen sollen. Gleichzeitig haben nur 28 Prozent der Entscheider*innen (24 Prozent in Deutschland) Guidelines entwickelt, wie hybrides Arbeiten im Team umgesetzt werden kann. Darüber hinaus fühlen sich global betrachtet 43 Prozent der Beschäftigten, die aus der Ferne arbeiten, nicht in Meetings einbezogen. Nur ein Viertel der Führungskräfte (27 Prozent) gibt an, dass ihr Unternehmen Regeln für hybride Meetings entwickelt hat, damit alle teilhaben können. Es ist also an der Zeit, die Rolle des Büros neu zu denken und die Frage nach dem Wer, Wo und Warum von persönlichen Meetings zu klären. Mit diesen neuen kulturellen Normen können wir sicherstellen, dass das Büro auf die Anforderungen der Beschäftigten einzahlt. Gleichzeitig hilft es dabei, dass sich alle verbunden fühlen.

4. Flexibles Arbeiten muss nicht „immer verfügbar“ bedeuten

Anhand der Produktivitätstrends in Microsoft 365 sehen wir, dass Anzahl und Umfang von Meetings und Chats weltweit zugenommen haben und diese häufig außerhalb des traditionellen „9-to-5“-Arbeitstags stattfinden. Tatsächlich ist die wöchentliche Zeit, die der*die durchschnittliche Teams-Nutzende in Meetings verbringt, seit März 2020 um 252 Prozent gestiegen. Die Arbeit nach Feierabend hat global betrachtet um 28 Prozent und am Wochenende um 14 Prozent zugenommen. Einerseits sehen wir, dass Menschen den Tag nach ihren Bedürfnissen gestalten – zum Beispiel nehmen sie weniger Meetings zur Mittagszeit wahr. Doch damit flexible Arbeit nachhaltig ist, müssen Manager*innen neue Normen schaffen und Grenzen setzen, um Mitarbeiter*innen und ihre Gesundheit zu schützen.

5. Zusammenhalt in einer hybriden Welt

Natürlich hat Remote Work auch Auswirkungen auf unsere menschlichen Beziehungen. Die Ausgabe unseres Work Trend Index aus dem letzten Jahr hat bereits deutlich gemacht, dass der Teamzusammenhalt und der persönliche Kontakt zwischen Mitarbeiter*innen nachlassen. Der diesjährige Bericht bestätigt diesen Trend. So sagen 59 Prozent der Beschäftigten weltweit (47 Prozent in Deutschland), die hybrid arbeiten, dass sie seit der Umstellung auf hybride Arbeitsformen weniger Freundschaften am Arbeitsplatz haben. Bei Mitarbeiter*innen, die remote arbeiten, betrifft dies global gesehen 56 Prozent sowie hierzulande 45 Prozent. Dabei ist es in einer hybriden Welt wichtig, dem Aufbau von Beziehungen Priorität einzuräumen und Zeit zu geben. Insbesondere Beschäftigte, die remote arbeiten oder sich im Onboarding-Prozess befinden, laufen Gefahr, zurückgelassen zu werden, und benötigen daher zusätzliche Unterstützung. Die Ergebnisse des Microsoft Work Trend Index machen deutlich, dass eine hybride Arbeitswelt einen bewussten, durchdachten Ansatz erfordert. Die Umstellung auf Hybrid Work beginnt nicht mit neuen Technologien oder Unternehmensrichtlinien. Der erste Schritt auf diesem Weg ist die Unternehmenskultur – hin zu einer Kultur, welche die Bereitschaft fördert, Arbeitsweisen neu zu gestalten. Beschäftigte müssen dazu befähigt werden, neue Fähigkeiten entwickeln, um sich an neue Arbeitsweisen anzupassen. Mit der richtigen Unterstützung und technologischen Werkzeugen kann hybrides Arbeiten eine Arbeitswelt ermöglichen, an der alle teilhaben können und erfolgreich sind.

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Generationenkonflikt: Homeoffice: Microsoft-Studie sieht Kluft zwischen Angestellten und Management

Jüngere Arbeitnehmende wollen Veränderung: Laut einer Studie haben 53 Prozent im Sinn, noch in diesem Jahr die Stelle zu wechseln. Ein Grund für die Unzufriedenheit ist die verordnete Rückkehr ins Büro.

In vielen Schweizer Betrieben war Homeoffice aufgrund der Pandemie zeitweise Pflicht. Nun wird es freiwillig, aber nicht für die Angestellten: Ob und wie oft sie ins Büro müssen, entscheidet das Management. Eine Situation, die Gräben zwischen den Generationen aufreisst, wie der am Mittwoch veröffentlichte Work Trend Index von Microsoft zeigt. Die digitale Umwälzung der Arbeitswelt sei keineswegs abgeschlossen, heisst es dazu in einer Mitteilung von Microsoft Schweiz. Gerade die Kader sähen bei der hybriden Arbeit, also der teilweisen Anwendung von Homeoffice, Probleme, wird CEO Catrin Hinkel darin zitiert. Vielen Arbeitnehmenden wüssten ausserdem nicht, wie es für sie mit Homeoffice weitergeht. Das Resultat: Millennials und junge Arbeitnehmende aus der Generation Z sehen sich nach Alternativen um. In dieser Altersgruppe beabsichtigen laut Microsoft-Studie mit 53 Prozent mehr als die Hälfte, noch in diesem Jahr die Arbeitgeberin zu wechseln. Auch Ältere suchen die Veränderung. Gemäss den Daten von Microsoft haben ein Fünftel aller befragten Schweizer Arbeitnehmenden bereits gekündigt, 39 Prozent haben im Sinn, dies noch in diesem Jahr zu tun. Hintergrund ist auch die gestiegene Sorge um die eigene Gesundheit. 36 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden gaben in der Studie an, dass ihnen Gesundheit und Wohlbefinden wichtiger sei als die Arbeit. «Vor der Pandemie war dies nicht der Fall», heisst es in der Mitteilung.

Viele Kader wollen zurück zur 100-Prozent-Präsenz

Das Management steht damit vor einem Problem. Denn rund zwei Drittel der befragten Schweizer Personalverantwortlichen gaben an, nicht über die nötigen Ressourcen für die Wünsche der Angestellten zu verfügen. 46 Prozent von ihnen bestätigten ausserdem, dass das Management den Kontakt zu den Angestellten verloren habe. In den Chefetagen sind Homeoffice-Lösungen nach wie vor mässig beliebt. 36 Prozent der befragten oberen Kader gaben an, dass ihr Ziel 100 Prozent Präsenz im Büro sei. Demgegenüber stehen 37 Prozent der Arbeitnehmenden, die angaben, in einem solchen Fall die Stelle wechseln zu wollen.Streitpunkt ist die Frage nach der Produktivität: Während 81 Prozent der Arbeitnehmenden beobachtet haben wollen, dass diese im Homeoffice gleich oder gar höher sei als im Büro, befürchten 54 Prozent der Kader, dass ihre Untergebenen daheim weniger liefern als im Büro. Die Kader seien gut beraten, bei der Rückkehr ins Büro auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten, empfiehlt Microsoft. Wichtig seien vor allem klare und für alle nachvollziehbare Regeln: 31 Prozent der Angestellten wollten wissen, wann und wofür ihre Präsenz im Büro erforderlich sei. Nur 28 Prozent der Kader hätten jedoch entsprechende Vereinbarungen getroffen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Peter Walthard erschienen am 16.03.2022 auf www.luzernerzeitung.ch

Kita-Plätze für Kinder mit Behinderung sind Mangelware

Kita-Plätze für Kinder mit Behinderung sind rar. Das Schaffhauser Spielhuus fordert ein Umdenken, nicht nur im Kanton.

Voller Lebenslust hüpfen zwei Buben auf einem Trampolin. Die beiden heben die Arme in die Luft, lachen und kreischen im Sonnenlicht. Ein paar Schritte entfernt sitzen andere Kinder im Sandkasten. Mit Schaufeln und Händen füllen sie Eimer und Förmchen. Jede Spielform ist willkommen – so wie auch jedes Kind willkommen ist. Auch Kinder mit einer Beeinträchtigung finden in den Schaffhauser Spielhuus-Tagesstätten einen Platz. Dazu gehören beispielsweise Kinder mit Down-Syndrom wie Dalia. Sie besucht die Kita schon seit mehreren Jahren. «Immer noch kommt sie mit grosser Freude», schildert ihre Mutter, Djulsa Dracic. Doch die Suche nach einer geeigneten Kita war von Sorgen geprägt. Dass Dalia eine Kita besuchen soll, steht für ihre Eltern schon früh fest. Beide sind berufstätig und auf eine Betreuung angewiesen. «Wir hatten auch schon eine Kita im Kopf», erzählt Djulsa Dracic. Aber Dalias Heilpädagogin rät von einer Anfrage ab: Der Hort habe bereits früher Kinder mit Behinderungen abgelehnt. Andere Eltern empfehlen der Familie, mehrere Horte zu kontaktieren. Und so stösst die Familie auf die Spielhuus-Kitas. «Es war sehr emotional», erinnert sich Dracic heute mit brüchiger Stimme an das Aufnahmegespräch. «Anfangs getraut man sich gar nicht, die Behinderung zu erwähnen. Man sucht nach den richtigen Worten.» Im Kopf der Mutter dreht sich ein Gedankenkarussell: Was für Alternativen gibt es bei einer Ablehnung? Kann ich nicht mehr arbeiten? Wie werde ich sonst finanziell unterstützt? Solche Ängste und Bedenken stehen exemplarisch für die Kita-Suche von betroffenen Familien. Aber: Djulsa Dracics Anfrage ist erfolgreich. Das Spielhuus mit seinen drei Kitas nimmt ihre Tochter auf. Am Standort Krebsbach findet sie einen Betreuungsplatz. Ein Glücksfall, den längst nicht alle betroffenen Mütter, Väter und Kinder erleben.

Noch grösserer Mangel an Kita-Plätzen

Schätzungsweise 9000 Kinder mit Behinderungen im Vorschulalter wohnen in der Schweiz. Dies zeigt eine Analyse von Procap, der grössten Schweizer Organisation für Menschen mit einem Handicap. Etwa 3000 von ihnen wären auf einen Kita-Platz angewiesen. Doch vielerorts mangelt es am Angebot. «Es gibt in der Schweiz generell zu wenig Kita-Plätze, vor allem auf dem Land. Bei Betreuungsplätzen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf ist das Problem noch grösser», sagt Nadine Hoch. Die Geschäftsleiterin der eidgenössischen Kommission für Familienfragen hat den schweizweiten Überblick. Kürzlich hat sie als Co-Autorin das Buch «Familienpolitik in der Schweiz» veröffentlicht. Solche Ängste und Bedenken stehen exemplarisch für die Kita-Suche von betroffenen Familien. Aber: Djulsa Dracics Anfrage ist erfolgreich. Das Spielhuus mit seinen drei Kitas nimmt ihre Tochter auf. Am Standort Krebsbach findet sie einen Betreuungsplatz. Ein Glücksfall, den längst nicht alle betroffenen Mütter, Väter und Kinder erleben.

Noch grösserer Mangel an Kita-Plätzen

Schätzungsweise 9000 Kinder mit Behinderungen im Vorschulalter wohnen in der Schweiz. Dies zeigt eine Analyse von Procap, der grössten Schweizer Organisation für Menschen mit einem Handicap. Etwa 3000 von ihnen wären auf einen Kita-Platz angewiesen. Doch vielerorts mangelt es am Angebot. «Es gibt in der Schweiz generell zu wenig Kita-Plätze, vor allem auf dem Land. Bei Betreuungsplätzen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf ist das Problem noch grösser», sagt Nadine Hoch. Die Geschäftsleiterin der eidgenössischen Kommission für Familienfragen hat den schweizweiten Überblick. Kürzlich hat sie als Co-Autorin das Buch «Familienpolitik in der Schweiz» veröffentlicht.



Auch in Schaffhausen gibt es für Vorschulkinder mit höherem Betreuungsbedarf keine finanzielle Unterstützung. Und das bringt auch die Spielhuus-Kitas in Bedrängnis. «Schon bei der Kita-Gründung hatten wir ein offenes Herz», blickt Gabriela Wichmann zurück. Sie ist Präsidentin des Vereins Spielhuus-Tagesstätten. «Wir versuchten, möglichst alle Kinder aufzunehmen.» Mädchen mit Sprachdefiziten, Buben aus schwierigen Familienverhältnissen, Kinder mit Entwicklungsstörungen. Über die Jahre nehmen komplexe Fälle aber immer mehr zu, die Nachfrage steigt. Vor zwei Jahren dann starten die Tagesstätten das Inklusionsprojekt «Schiffli». Am Standort Krebsbach schaffen sie mehr Betreuungsplätze und stellen mehr Fachpersonal an. Die Innen- und Aussenräume werden barrierefrei umgebaut.

Betreuung ohne Diskriminierung ist gefragt

Momentan besuchen rund 25 Kinder mit einer Beeinträchtigung den Standort Krebsbach. Nochmals so viele Anfragen liegen vor. «Das Bedürfnis ist wirklich riesig», sagt Wichmann. Dieser grosse Wunsch nach Inklusion widerspiegelt die Ergebnisse einer Procap-Studie. Die Finanzierung der Betreuungsplätze übernimmt in Schaffhausen eine private Stiftung. Für betroffene Familien ist dies eine grosse Erleichterung. «Wir Eltern haben dadurch keine Zusatzkosten», sagt Djulsa Dracic. Benötigt ein Kind viel Unterstützungsbedarf, kostet ein Kita-Platz rasch bis zu 400 Franken pro Tag. Doch am Finanzhimmel ziehen düstere Wolken auf. Die Gelder der privaten Stiftung laufen Ende Jahr aus. Denn das Projekt «Schiffli» ist lediglich ein Versuch. Die Stiftung hat stets klargestellt, dass die Verantwortung für ein weiteres Programm beim Kanton liegt. Auch die finanzielle Verantwortung. Und dies schon seit Jahren.

Regierungsrat Strasser räumt Versäumnisse ein

Bisher rechtfertigen sich die kantonalen Behörden damit, dass in Schaffhausen für eine solche Finanzierung die gesetzliche Grundlage fehle. Experten halten dieses Argument für eine Ausrede. Nadine Hoch, Co-Autorin des Buches Familienpolitik in der Schweiz, spricht von einem Armutszeugnis. «Dann ist es höchste Zeit, die gesetzliche Grundlage anzupassen und gemeinsam mit den Gemeinden Verantwortung zu übernehmen.» Diese Kritik scheint in der Schaffhauser Regierung Gehör zu finden: So räumt Regierungsrat Patrick Strasser (SP) Versäumnisse in der Vergangenheit ein. Er ortet im Kita-Bereich Nachholbedarf – speziell bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen. «Sie finden aktuell nur ganz schwierig einen Kita-Platz. In den letzten Jahren wurde hier sicherlich geschlafen», gibt der Schaffhauser Erziehungsdirektor zu. Er ist seit anderthalb Jahren im Amt. Die Lösung dieses Finanzierungsproblems gehört gemäss Strasser zu den diesjährigen Regierungszielen. «In den letzten Wochen haben wir geprüft, welche gesetzlichen Grundlagen es braucht. Nun werden sie geschaffen.» Für das Spielhuus und die betroffenen Familien ist der Entscheid zwar ein Lichtblick, der politische Weg ist aber zeitintensiv. Der Regierungsrat muss eine Vorlage ausarbeiten. Aufgrund der wiederkehrenden Kosten berät das Kantonsparlament und bei einem allfälligen Referendum das Volk darüber. Das kann dauern. Wichmann vergleicht den politischen Prozess mit einer Fahrt im Bummelzug: «Nötig wäre jetzt ein TGV. Wir sind jedoch politisch mit dem Reisebähnli unterwegs.» Sie wünscht sich, dass das Kantonsparlament die Vorlage rasch behandelt. «Es soll aus dem Prozess wirklich einen Expresszug machen.» Zudem sollen sinnvolle Beiträge für die Kitas gesprochen werden, sagt Wichmann weiter. Falsch wären Minimalbeiträge, die nur mehr administrativem Aufwand für die Kitas bedeuten würden.

«Bildung beginnt nicht erst ab vier Jahren»

Wohin die Vorlage steuert, ist noch offen. Sicher ist aber, dass der Kanton Schaffhausen bereits Interesse am Programm KITAplus der Stiftung Kifa Schweiz bekundet. Das bestätigt die stellvertretende Geschäftsführerin Theresia Marbach. Man sei mit Vertretern aus Schaffhausen im Gespräch. KITAplus bietet eine Art Starthilfe und schafft Rahmenbedingungen, damit Kinder mit besonderen Bedürfnissen normale Kindertagesstätten besuchen können. «KITAplus übernimmt die Projektleitung und finanziert diese auch», erklärt Marbach. Die Finanzierung des weiteren Betriebs ist danach Aufgabe von Kanton und Gemeinden. In rund fünf Kantonen ist das Projekt bereits definitiv umgesetzt. Auch Expertin Nadine Hoch bezeichnet KITAplus als gute Variante für betroffene Kinder. «Es ist die beste Lösung, sofern es die Behinderung auch zulässt.» Das Programm richtet sich nur an Kinder mit leichten Behinderungen. «Für Kinder mit schweren Beeinträchtigungen muss man deshalb sicher andere Lösungen suchen», sagt Hoch. Gleichzeitig seien nationale Leitlinien gefragt, entweder vom Bund selbst oder den zuständigen Konferenzen wie jener der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren, «damit dieser kantonale oder häufig sogar noch kommunale Flickenteppich bezüglich Qualitäts- und Finanzierungsvorgaben reduziert werden kann.» Dadurch will Hoch allen Kindern in der Schweiz die gleichen Bildungschancen ermöglichen: «Denn Bildung beginnt nicht erst ab vier Jahren mit dem Kindergarten. Bildung beginnt ab Geburt.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Roger Steinemann erschienen am 14.03.2022 auf www.srf.ch

 



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Kontroverse um Rentenlücke: Wie Kinderbetreuung und Scheidung die Rente von Frauen drücken

Mit den anstehenden Revisionen der Sozialversicherungen rücken die Fragen rund um eine gerechte Verteilung zwischen Mann und Frau ins Scheinwerferlicht und sorgen für einen polarisierten Schlagabtausch zwischen den Geschlechtern. Die Sache ist komplex und selten ist klar, wovon die Rede ist. Frauen sparen in der Altersvorsorge durchschnittlich 37 Prozent weniger an als Männer. Das hat damit zu tun, dass grossmehrheitlich immer noch Frauen die Betreuungsarbeit in der Familie leisten und dafür im BVG nicht entschädigt werden. Altersarmut ist weiblich. Die BVG-Revision sieht nur eine geringe Verbesserung dieser Situation vor. Frauen sollten darum dafür sorgen, dass die unentgeltliche Betreuung in der Familie im privaten Rahmen ausgeglichen wird.

Die Ausgangslage

Frauen bekommen 37 Prozent weniger Rente als Männer, sagt eine Studie, die 2016 im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BFS) gemacht wurde. Das heisst, sie erhalten aus der AHV und dem BVG und der 3. Säule bei der Pensionierung 37% weniger Geld als Männer. «Von wegen «Rentenlücke» – die ledigen Frauen haben die Männer überholt», titelt jedoch die NZZ am 24. Januar 2022 und wirft den Linken Stimmungsmache in der Diskussion um die Rentenreform vor. Allerdings vergleicht die NZZ in diesem Artikel ledige Frauen und Männer. Die Linke hingegen spricht vor allem von den Frauen und Männern, die Kinder haben. Das ist ein grosser und wichtiger Teil der Bevölkerung und dort liegt vieles im Argen:  Laut dem Bundesamt für Statistik leben in 29 Prozent der 3.8 Millionen Privathaushalte Kinder unter 25 Jahren, das macht gemäss BFS immerhin 40.5 Prozent der Bevölkerung aus. 16 Prozent davon sind Einelternhaushalte, und von diesen wiederum machen die Einelternhaushalte mit Müttern 83 Prozent aus.

Was hat das mit der Rentenreform zu tun? Die Mehrheit aller Paare mit Kindern in der Schweiz lebt heute ein Familienmodell, in welchem der Mann 100 Prozent arbeitet, die Frau grossmehrheitlich die Kinder betreut und in einem Teilzeitpensum 20 bis 40 Prozent arbeitet. Solange das Paar zusammenbleibt, ergeben sich in den meisten Fällen auch nach der Pensionierung keine grösseren finanziellen Probleme, sofern sie nicht schon vorher bestanden haben. Das war vom Gesetzgeber so geplant und funktioniert nach wie vor. Nun hat sich die Realität aber sehr verändert. Die Scheidungsrate ist bekanntlich massiv gestiegen. Die Zahl der Einelternhaushalte mit Kindern unter 25 Jahren hat seit 1970 um 166 Prozent zugenommen, während der Anteil der Paarhaushalte mit Kindern in dieser Zeit von 42 auf 24 Prozent zurückgegangen ist (Familien in der Schweiz, BFS 2021).

Die Situation von geschiedenen Müttern mit Kindern

Und nun kommts: Trennt sich ein Paar mit Kindern, wird zwar heute in der Regel beiden das gemeinsame Sorgerecht zugesprochen, faktisch betreut aber vor allem unter der Woche die Mutter die Kinder weiter, 83% der Einelternhaushalte sind Haushalte mit Müttern. Dies bedeutet, dass diese Frauen nicht voll arbeitsfähig sind, solange die Kinder klein sind. Dazu kommt, dass sie wegen der Kinder vorher meist in kleinen Pensen gearbeitet haben, sich weniger weiterbilden konnten und ganz selten beruflich aufgestiegen sind. Das Gericht wendet bei einer Scheidung bezüglich der angesparten Altersguthaben aus AHV, BVG und dritter Säule das Splitting an, das heisst, beide erhalten je die Hälfte des zusammen angesparten Altersguthabens. Die Frau und Mutter wird also bis zum Zeitpunkt der Scheidung indirekt auch für ihre Familienarbeit entschädigt. Das ist fair und vom Gesetzgeber gewollt, der damals noch davon ausging, dass Familien in der Regel zusammenbleiben. An die Zeit nach der Scheidung hat der Gesetzgeber damals nicht gedacht und sie wird von den Gerichten bisher auch nicht berücksichtigt, was die Altersvorsorge angeht. Dort liegt das Hauptproblem und dort entsteht der grosse Gender-Gap: Frauen, die nach einer Scheidung die Kinder weiter betreuen, können also wegen ihren Teilzeitpensen weniger oder gar keine Pensionskassenguthaben ansparen. Der Gender-Gap macht im BVG allein sogar 44% aus.

Gesetzliche Reformvorschläge

Das Ungleichgewicht bei der AHV ist mit 2.7 Prozent relativ klein. Deshalb dreht sich diese Diskussion vor allem um die Finanzierung und ums AHV-Alter. Beim BVG, wo der Gender-Gap 44 Prozent beträgt, erhofft man sich eine Besserstellung der Frauen, indem die Eintrittsschwelle auf die Hälfte reduziert wird, das heisst, dass Frauen ihr Einkommen schon ab einem Mindestlohn von rund 12'548 Franken versichern können und nicht erst ab 21'510Franken wie bisher. Diese Massnahme allein wird den Geschlechter-Graben nur unwesentlich verkleinern, aber immerhin. Eine Erziehungsgutschrift, mit welcher in der AHV die Familienarbeit der Frauen berücksichtigt wird, ist in der BVG-Revision nicht in Prüfung, weil sie dem System der einkommensbedingten Altersvorsorge widerspricht. Eine solche würde mithelfen, den Gender-Gap zu verkleinern. Vom Gesetzgeber ist hier auch in den laufenden Revisionsverhandlungen nicht viel zu erwarten.

Private Lösungsmöglichkeiten 

Helena Trachsel, Gleichstellungsbeauftragte des Kantons Zürich führt regelmässige Workshops für Frauen in Ausbildung durch. Ihr Mantra: Frauen sollten konsequent mindestens 50 Prozent im Berufsleben bleiben, auch wenn sie Kinder bekommen. Nach Studien des Gleichstellungsbüros wäre eine ideale Aufteilung der Erwerbsarbeit bei einem Paar mit Kindern sogar eine Arbeitstätigkeit von je 70 Prozent. Das würde zu einer tragbaren Altersvorsorge führen und wäre steuerrechtlich gesehen optimal. Vor allem aber würden die Frauen sich ihre berufliche Weiterentwicklung nicht verbauen. Nur gerade 10 Prozent aller Paare mit Kindern teilen sich die Erwerbsarbeit heute jedoch so auf. Oft ist die externe Kinderbetreuung zu teuer oder die Frau verdient – ihrer weniger guten Ausbildung geschuldet oder weil die Löhne noch immer nicht gleich hoch sind oder weil sie in Niedriglohnberufen tätig ist – weniger als der Mann. Das Fazit ist in den meisten Familien das Gleiche: Sie bleibt zuhause und kümmert sich um die Kinder, er arbeitet voll, weil sich alles andere finanziell nicht lohnen würde. Selbst Studentinnen der Universität Zürich, also gut ausgebildete Frauen mit Karrierechancen, räumen ein, dass es schwierig sein dürfte, ein gleichberechtigtes Familienmodell zu leben. Sogar in ihren Köpfen sind die traditionellen Muster noch sehr präsent. Corinne Brecher hat als selbständig Erwerbende im Moment keine eigene Pensionskasse. Hätte sie eine, könnte ihr Mann ihr auch regelmässig darauf einen vereinbarten Betrag einzahlen. So ergäbe sich für beide eine ausreichende Altersvorsorge, egal ob sie zusammenbleiben oder sich irgendwann trennen. Sie könnte dank ihrer ununterbrochenen Berufstätigkeit auch bei einer Trennung selbständig für sich aufkommen, die Kinderkosten könnte man hälftig teilen. Dass Frauen künftig nach einer Scheidung sofort wieder selbst für sich aufkommen müssen, hat übrigens auch das Bundesgericht 2021 entschieden. Unterstützungsbeiträge an Ex-Frauen (selten auch an Ex-Männer) wird es künftig also nur noch in Ausnahmefällen geben.

Geld anlegen

Der Umgang mit Geld ist nach wie vor für viele Frauen eine Herausforderung, das zeigt die Statistik klar. Viele trauen sich schlichtweg nicht zu, ihr Geld aktiv zu verwalten und lassen es, so sie denn eigenes Erspartes haben, auf dem Konto liegen. 30 Prozent der Frauen in der Schweiz kümmern sich nicht um ihr Geld, bei den Männern sind es 10 Prozent.  Auch das hat historische und gesellschaftlich bedingte Gründe. Bis 1976 war den Frauen eine Eröffnung eines eigenen Bankkontos nur mit Zustimmung des Ehemannes erlaubt. Bis heute hält sich in vielen Frauenköpfen die Idee, dass sie von Geldanlagen keine Ahnung hätten. Auch in den Schulen wird Finanzkompetenz nicht gelehrt.

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