Wenn das Einkommen nicht ausreicht

Mehr als zwei Drittel der Familien in der Schweiz sehen der Zukunft pessimistisch entgegen.

Viele Schweizer Familien erwarten, dass sich ihre Situation in den kommenden drei Jahren negativ entwickeln wird, vor allem mit Blick auf finanzielle Themen. Steigende Krankenkassenprämien beschäftigen die Familien am meisten, wie es im Bericht zur Umfrage „Familienbarometer 2023“ heißt.

Darauf folgen Gesundheits- und Wohnkosten. Bei fast der Hälfte der befragten Familien (47 Prozent) reicht das gegenwärtige Haushaltseinkommen nur knapp oder nicht für die Bedürfnisse des täglichen Lebens. Dies geht aus der Ende 2022 vom Familiendachverband Pro Familia Schweiz und der Vorsorgeversicherung Pax durchgeführten Umfrage hervor. 28 Prozent der Familien geben zudem an, dass sie keine Möglichkeit hätten, jeweils am Ende des Monats Geld auf die Seite zu legen. In der Romandie, der italienischsprachigen Schweiz und bei Alleinerziehenden sei dieses niedrige Sparniveau noch ausgeprägter. Darüber hinaus fühlen sich weniger als die Hälfte der Familien ausreichend finanziell abgesichert für den Ruhestand oder für Risiken wie Invalidität oder Arbeitsplatzverlust. Neben finanziellen Fragen beschäftigen die Themen Bildung, Bildungspolitik und Inflation die Familien ebenfalls.

Weniger betroffen fühlen sie sich hingegen von geopolitischen Spannungen, Einwanderung oder Unsicherheiten aufgrund von Kriegen, wie es im Bericht zur Umfrage heißt.

76 Prozent zufrieden

Trotz allem sind 76 Prozent der Befragten mit ihrem gegenwärtigen Familienleben zufrieden. Allerdings nimmt diese Zufriedenheit ab, wenn die Familie mehr als drei Kinder hat, wie Pro Familia und Pax mitteilen.

Die befragten Familien sind weiter der Meinung, dass mehr finanzielle Ressourcen den wichtigsten Hebel zur Verbesserung des Familienlebens darstellen. In der italienischsprachigen Schweiz und bei Alleinerziehenden ist diese Meinung besonders ausgeprägt, wie es in der Auswertung der Umfrage heißt.

Die Familienpolitik in der Schweiz soll sich aus der Sicht der Befragten darum in erster Linie auf die Kostenreduktion bei Krankenkassenprämien und die finanzielle Unterstützung von Familien fokussieren. Ebenfalls als stark förderlich für das Familienleben erachten die Familien zudem mehr gemeinsame Freizeit, ein tieferes Stressniveau und eine Reduktion der Arbeitszeit.

2084 Familien

2084 Familien aus allen Landesteilen der Schweiz haben an der in dieser Form erstmals durchgeführten Umfrage teilgenommen, teilten Pro Familia und Pax mit. Bei der Auswertung wurde nach Sprachregion, Anzahl der Kinder, Alter der Kinder und Familientyp unterschieden.

Die befragten Familien leben mehrheitlich in einem gemeinsamen Familienhaushalt mit zwei Partnern. Bei 17 Prozent handelt es sich um Alleinerziehende.

Weiterlesen - Ein Beitrag erschienen am 30.05.2023 auf www.verlagshaus-jaumann.de

Alternative Familienkonzepte

Die 14-jährige Jelena lebt bei ihrem Vater – und in der WG ihrer Mutter. Alternative Familienmodelle stehen noch immer vor vielen Herausforderungen, bieten aber auch Vorteile.

Jelena (Name geändert) hat zwei Zuhause. Ihre Eltern leben getrennt, seit sie fünf Jahre alt ist. Das Besondere: Ihre Eltern leben in der gleichen Wohnsiedlung in einer Genossenschaft im Raum Zürich. Die Mutter lebt in einer grossen Wohngemeinschaft im zweiten Stock, der Vater in einer Wohnung im Erdgeschoss.

Pendeln zwischen zwei Wohnungen

Die beiden Orte unterscheiden sich stark. In der WG ist immer etwas los. Dort könne man fast nicht einsam sein, meint Jelena. Wenn sie sich aber Ruhe wünscht oder Zeit für sich allein braucht, kann sie in die Wohnung des Vaters. Die 14-Jährige ist froh um diese Rückzugsmöglichkeit – und um den Kontrast der beiden Wohnungen. Die kurzen Wege machen den Alltag von Jelena flexibler als bei anderen Kindern, deren Eltern weiter auseinander wohnen. «Wenn ich meinen Lieblingspulli suche, hole ich ihn schnell in der anderen Wohnung.» Die Waschküche und der Trocknungsraum seien ja sowieso dieselben.

Bessere Betreuung gefragt

Rund 250'000 Kinder in der Schweiz wachsen multilokal, also an zwei Orten auf. Etwa die Hälfte davon pendelt regelmässig zwischen zwei Haushalten, wie Jelena. Dabei war mit der Bezeichnung «multilokale Familie» ursprünglich gemeint, dass eine Familie auch dann Familie bleibt, nachdem die Kindergeneration ausgezogen ist. Heute steht die «multilokale Familie» vor allem für Nachtrennungsfamilien, die in separaten Haushalten leben. Aber es fallen auch Patchworkfamilien sowie queere Familienkonstellationen darunter. Eine Studie des Marie Meierhofer Instituts für das Kind in Zürich hat sich mit dem Aufwachsen in multilokalen Familienarrangements befasst. Die Studie untersucht, was das für die Beteiligten bedeutet und besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wurde eine repräsentative Erhebung zum Alltag in multilokalen Familienarrangements durchgeführt. Dazu wurden rund 3000 Personen befragt. Daraus entstand ein Bericht mit Empfehlungen der eidgenössischen Kommission für Familienfragen. Um die Situation für multilokale Familien zu erleichtern, braucht es laut dem Bericht langfristig vor allem angepasste Rahmenbedingungen: Bessere und erschwinglichere Betreuungsangebote, einen erleichterten Zugang zu vergünstigtem Wohnraum für kurze Distanzen und mehr Anlaufstellen für die Kinder, aber auch für die Eltern.

Bezugspersonen über die Familie hinaus

Der zweite Teil besteht aus einer qualitativen Untersuchung mit einem vertieften Einblick in den Alltag von 20 Familien. Zehn aus der Deutschschweiz und zehn aus der Romandie. Jelenas Familie war eine davon. Jelena hat viele verschiedene Bezugspersonen. Neben ihren Eltern wohnt auch ihre Gotte in der gleichen Genossenschaft. In der WG der Mutter leben fünf Erwachsene und sechs Kinder. Mit denen hat sie unterschiedlich viel Kontakt. Wenn sie etwas braucht, kann sie aber zu allen gehen. Trotzdem: Zur Familie gehören für Jelena primär ihre Eltern und ihr kleiner Bruder. Laut der Studie ist das für die meisten Kinder der Fall. Auch wenn sie ein erweitertes Netz an Bezugspersonen haben, bleiben die leiblichen oder die rechtlichen Eltern das Zentrum der Familie.

Vater-Mutter-Kind dominiert

Die Vorstellung einer Kernfamilie, bestehend aus Mutter, Vater und einem oder mehreren Kindern prägt unsere Gesellschaft sehr stark. Das bedeutet viele bürokratische Hürden für alle, die dieses Modell nicht leben. So kann ein Kind beispielsweise gar nicht erst zwei Wohnorte haben. Neuere Familienformen arbeiten sich laut der Soziologin Muriel Degen vom Marie Meierhofer Institut nach wie vor an der klassischen Kernfamilie ab. Diese bildet auch den Bezugsrahmen für andere Konstellationen, wie zum Beispiel multilokale Arrangements.

Familie als Aushandlungssache

Für Familienforscherin Degen ist Familie kein festes Konstrukt, sondern etwas, das immer wieder neu ausgehandelt werden muss. Sie spricht deshalb von «Doing Family». Familien, die nicht das klassische Modell der Kernfamilie leben, seien eher gezwungen, über das eigene Arrangement zu diskutieren: «Man hat wohl über keine anderen Kinder so viel geredet, bis sie dann entstanden sind!» Mit diesen Worten wird in der Studie von Muriel Degen die Mutter eines queeren Familienarrangements zitiert, das aus einem schwulen und einem lesbischen Paar besteht. Die vier teilen sich die Elternschaft der beiden Kinder, auch wenn nur zwei von ihnen die leiblichen Eltern sind.

Die Sprache fehlt

Die Vorstellung der Kernfamilie mit einem Zuhause prägt das Bild der Familie in unserer Gesellschaft nach wie vor sehr stark. Das zeige auch unser Wortschatz, meint Degen: «Zuhause gibt es nicht im Plural im Dictionnaire, das ist eine Lücke. Die müsste man aus meiner Sicht schliessen.» Damit sich unsere Vorstellung von Familie verändern kann, müssen wir neues Vokabular finden. So gäbe es nämlich auch keine adäquate Bezeichnung für den zweiten Elternteil nach einer Trennung. «Die Mutter meiner Tochter» sei schon etwas umständlich, findet die Soziologin.

Vorteilhafte Rollenaufweichung

Für Eltern, die sich trennen, kann die Neuorganisation auch positive Entwicklungen mit sich bringen: Laut der Studie schätzen besonders die Mütter es, klare Zeiten der Zuständigkeit zu haben. Die Mehrheit der befragten Mütter gibt an, mehr Zeit für sich selbst zu haben. Die Väter hingegen verbringen nach einer Neuorganisation allgemein mehr alltägliche Zeit mit ihren Kindern – und schätzen das. Multilokale Familienkonstellationen bringen also eine Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle mit sich. Sie erleichtern so auch die Aufweichung geschlechtstypischer Rollenverteilung. Auch wenn sie noch lange keine Garantie dafür seien, sagt Familienforscherin Degen.

Lernen von vielen

Für die Kinder bedeutet multilokales Aufwachsen vor allem eins: viele verschiedene Einflüsse. Kinder in multilokalen Familienarrangements lernen, sich einzurichten, sich heimisch zu machen. Sie lernen von mehreren Bezugspersonen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und in verschiedenen Wohnsituationen. So wie es bei Jelena der Fall ist. Ihr Rucksack für das Heimisch-Machen ist gut gefüllt. Und obwohl sie erst 14 Jahre alt ist, würde sie am liebsten schon bald ausziehen: «Ich glaube schon, dass ich ausziehen könnte und alles gut gehen würde», sagt sie.

Weiterlesen - ein Beitrag von erschienen am 30.05.2023 auf www.srf.ch

Firmen überschätzen soziale Aspekte im Büro

Voll flexibles Homeoffice ist in vielen grossen Schweizer Firmen wieder passé. Sie würden aber soziale Aspekte am Arbeitsplatz überbewerten, findet ein Experte. Das seit Corona eingeführte Homeoffice wird in Schweizer Firmen wieder seltener. Sie erkannten, dass die Arbeit von zu Hause aus nicht jedermanns Sache ist. Grundsätzlich würden Betriebe den persönlichen Austausch aber überbewerten.

Das Homeoffice hat durch die Corona-Pandemie zu einem Siegeszug angesetzt. Auch grosse Schweizer Firmen setzten darauf. Doch mehrere Grosskonzerne ändern jetzt ihre Haltung. Bei Novartis müssen neu wieder mindestens 60 Prozent der Arbeitszeit im Büro verbracht werden. Auch die Swisscom will Angestellte seit April wieder mindestens zwei Tage vor Ort haben. «Wahrscheinlich hat sich bei Auswertungen gezeigt, dass es bei manchen Menschen einen positiven, bei anderen einen negativen Effekt gab. Darum wird zurückgerudert», erklärt Unternehmensberater Mike Schwede auf Anfrage von Nau.ch. Denn viele Mitarbeiter wurden zu Hause träge. «Es gibt auch Mitarbeiter, die einfach herumsitzen und nichts machen. Das verstärkt sich im Homeoffice, weil man hier nicht kontrollieren kann.» Gerade Grossunternehmen stellten oftmals viel mehr Personen ein, als sie eigentlich bräuchten.

Experte: Firmen überschätzen sozialen Aspekt auf der Arbeit

Die Betriebe begründen die Rückkehr ins Büro aber nicht mit der Trägheit, sondern meist mit dem fehlenden persönlichen Austausch. «Dieser Aspekt scheint den Firmen wichtig, wird aber meiner Meinung nach oft überschätzt», sagt Schwede. «Weder muss man seine Arbeitskollegen mögen, noch eine gemeinsame Kultur haben – man muss gemeinsam arbeiten können.» Freunde schaffe man sich privat.In bestimmten Kulturen werde Berufliches und Privates sehr stark getrennt, in der Schweiz sei das nicht so. «Das hat auch seine positiven Seiten, diese wollen Unternehmen betonen. Viele Unternehmensführer träumen davon, dass man eine Familie, eine Kultur ist, alle kommen gerne zur Arbeit und mögen ihre Arbeitskollegen.» Wie sehr sich die Arbeitnehmenden das überhaupt wünschen, sei derweil nicht klar. Menschen seien verschieden: «Es gibt manche, die im Homeoffice zu stark abgelenkt werden. Oder solche, die sich im Büro eher gestört fühlen, zum Beispiel, wenn viel herumtelefoniert wird.» Eine grosse Rolle spiele aber auch die Art der Tätigkeit. Er erklärt es am Beispiel Elon Musk: «Bei Tesla geht es um hohe Ingenieurskunst, richtig krasses Zeug, dass die da machen. Da muss man extrem nah zusammenarbeiten.» Dort mache es Sinn, dass die Leute zusammen in einem Büro sind und arbeiten. «Das schafft man nicht mit Videocalls. Da muss man an einem Tisch zusammensitzen und Lösungen finden.»

Schweizer Grossfirmen setzen auf hybride Modelle

Tatsächlich zeigt eine Umfrage von Nau.ch: Das «hybride Modell» ist seit der Pandemie bei grossen Schweizer Arbeitgebern beliebt. «Es sieht vor, dass Büromitarbeitende etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit von ausserhalb des Büros leisten können», erklärt zum Beispiel Nestlé. Auch bei Roche setzt man seither auf ähnliche Aufteilungen. Die SBB hat entsprechende Regelungen bereits seit 2015. Glencore lässt Mitarbeiter seit der Pandemie selber entscheiden, betont aber ebenfalls, dass Anwesenheit gern gesehen ist.

Weiterlesen - ein Beitrag von Alexander König und Felix Müller erschienen am 29.05.2023 auf www.nau.ch

Was das revidierte Schweizer Erbrecht für dich bedeutet

Das Schweizer Erbrecht wurde per 1. Januar 2023 revidiert. Welche Änderungen dies mit sich bringt und was Ehepaare und Konkubinatspaare generell bei ihrem Nachlass berücksichtigen sollten in der Übersicht.

Am 1. Januar 2023 ist die Revision des Schweizer Erbrechts in Kraft getreten. Erstmals seit 100 Jahren ist es damit zu wichtigen Änderungen gekommen, was angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Zusammenleben nicht erstaunt: Scheidungen sind an der Tagesordnung, Patchwork-Familien nichts aussergewöhnliches und das Konkubinat eine Alternative zur traditionellen Ehe.

Wer in der Schweiz erbberechtigt ist

Mit dem neuen Gesetz stehen die überlebende Ehepartnerin oder der überlebende Ehepartner, die überlebende eingetragene Partnerin oder der überlebende eingetragene Partner und die Nachkommen an erster Stelle. Letztere umfassen Kinder, Enkelinnen und Enkel, Urenkelinnen und Urenkel. Der faktische Lebenspartner oder die faktische Lebenspartnerin ist nicht erbberechtigt. Trotz entsprechender Vorschläge wurde das Erbrecht diesbezüglich nicht geändert. Wenn die oder der Verstorbene keine Ehepartner, eingetragene Partner oder Nachkommen hat, so erben die Eltern oder deren Nachkommen, wie zum Beispiel die Schwester der oder des Verstorbenen. Gibt es auch keine Eltern oder Kinder der Eltern, dann erben die Grosseltern oder deren Kinder. Hinterlässt die Erblasserin oder der Erblasser keine Nachkommen, so fällt die Erbschaft an den Kanton, in dem die verstorbene Person den letzten Wohnsitz gehabt hat. Oder an die Gemeinde, die von der Gesetzgebung des betroffenen Kantons als berechtigt bezeichnet wird. Daher gilt: Wenn nicht anders festgelegt, erhalten Kinder und Ehepartnerin je die Hälfte des Nachlasses. Dies ist der gesetzliche Erbteil. «Ich brauche kein Testament und keinen Erbvertrag, wenn ich die gesetzliche Regelung kenne und damit einverstanden bin. Eine alleinstehende Mutter mit zwei Kindern ist sich bewusst, dass ihre beiden Kinder den gesamten Nachlass zur Hälfte erben und will dies auch so», sagt Rechtsanwalt Roberto Fornito von der Anwaltskanzlei Bratschi auf Anfrage von cash.ch.

Wie die Situation beim Konkubinat aussieht

Obwohl in der Schweiz als Form des Zusammenlebens weit verbreitet, hat sich an der Stellung von Konkubinatspartnern die Revision des Erbrechts - wie bereits oben angedeutet - nichts geändert. Diese haben weiterhin kein gesetzliches Erbrecht. Begünstigungen von Konkubinatspartnern müssen also weiterhin testamentarisch oder vertraglich geregelt werden. Wer aus steuerlichen Gründen nicht heiratet - auch um die doppelte Einzelrente der AHV zu beziehen - muss sich auch bewusst sein, dass unter Umständen hohe Erbschaftssteuern anfallen, wenn sich nicht verheiratete Paare gegenseitig begünstigen. Im Kanton St. Gallen beträgt der Steuersatz 30 Prozent. In gewissen Kantonen wie Zürich oder Basel-Stadt bestehen privilegierte Steuersätze oder höhere Freibeträge für Konkubinatspaare und im Kanton Schwyz zahlt man generell keine Erbschaftssteuer.

Was sich bei den gesetzlichen Pflichtteilen ändert

«Mit der am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Revision hat es zahlreiche Änderungen gegeben. Die wichtigste ist meines Erachtens der Entfall des Pflichtteils der Eltern und die Reduktion der Pflichtteile der Kinder von drei Viertel auf die Hälfte», sagt Rechtsanwalt Fornito. Lebt ein Ehegatte oder eingetragener Partner noch, hat dieser und die Kinder Anspruch auf einen Mindestanteil von einem Viertel am Erbe. Dadurch vergrössere sich die Verfügungsfreiheit bei Personen mit Nachkommen auf die Hälfte des Nachlasses - von bisher ein Viertel (nicht verheiratete Personen mit Nachkommen) beziehungsweise drei Achtel (verheiratete Personen mit Nachkommen). Zudem ist es bei verheirateten Personen ohne Nachkommen nicht mehr notwendig, mit den Eltern einen Erbverzichtsvertrag abzuschliessen, wenn man den überlebenden Partner als Alleinerben einsetzen will. Die Pflichtteile der Eltern fallen weg. Aber aufgepasst: «Verheiratete Personen ohne Nachkommen glauben häufig, der überlebende Ehegatte erbe von Gesetzes wegen alles. Das ist nicht automatisch der Fall. Wenn der überlebende Ehegatte mit dem elterlichen Stamm des verstorbenen Ehegatten erbt, ist sein Erbanteil drei Viertel», sagt Fornito gegenüber cash.ch. Seien noch Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen des verstorbenen Ehegatten vorhanden, erben diese somit einen Viertel, sofern sie nicht mittels Verfügung von der Erbschaft ausgeschlossen werden. Es gebe zwar seit der Revision keine Pflichtteile der Eltern mehr, an der gesetzlichen Erbfolge habe sich aber nichts geändert.

Wie das neue Erbrecht Schenkungen regelt

Gegenüber früher gilt neu bei der Erbregelung mit einem Erbvertrag der Grundsatz des Schenkungsverbot. Was bedeutet, dass Schenkungen - abgesehen von Gelegenheits-Geschenken wie der Batzen zum Geburtstag oder der Gutschein zur Hochzeit - nach Abschluss eines Erbvertrags grundsätzlich anfechtbar sind. Dies kann umgangen werden, wenn der Erbvertrag solche Schenkungen ausdrücklich erlaubt. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte man daher im Erbvertrag Anpassungen und Ergänzungen vornehmen: Ob und in welcher Höhe Geschenke möglich sind, sollte man explizit darin festhalten. Erschwerend kommt aber hinzu, dass alle Parteien mit den Neuerungen einverstanden sein müssen. Und wenn eine Vertragspartei bereits verstorben ist, ist eine Änderung nicht mehr möglich. Auch lauern bei Schenkungen generell Fallstricke: «Bei Vorempfängen glauben viele, dass der Wert der Schenkung per Übertragungszeitpunkt massgeblich sei. Abgestellt wird aber auf den Wert der Schenkung per Todestag. Dies kann zum Beispiel bei einem Grundstück dazu führen, dass Jahrzehnte nach der Übertragung wesentlich mehr auszugleichen ist, als ursprünglich angenommen», warnt Fornito. Man könne dies durch eine Ausgleichungsanordnung oder -vereinbarung nur beschränkt ausschliessen, wenn Pflichtteilsrechte zu beachten sind.

Wie die Nutzniessung geregelt ist

Die Nutzniessung spielt im Erbrecht häufig eine wichtige Rolle, da sie dem Erblasser oder der Erblasserin die Möglichkeit gibt, einer Person das Recht auf die Nutzung eines Vermögenswerts zu erteilen, ohne ihr auch das Eigentum am Vermögenswert übertragen zu müssen. Neu kann man dem Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin die Hälfte des Nachlasses als Eigentum und die andere Hälfte zur Nutzniessung zuteilen - bis Anfang Januar war dies ein Viertel und drei Viertel. Sollte der überlebende Ehegatte oder die überlebende eingetragene Partnerin erneut heiraten, entfällt aber die Nutzniessung am Erbanteil der Kinder. Wenn man neu Ehegatten stärker begünstigen möchte, indem ihm oder ihr die Hälfte des Nachlasses als Eigentum und die andere Hälfte zur Nutzniessung zugesprochen wird, sollte dieser Wunsch im Testament so explizit und so genau wie möglich formuliert werden.

Was bei Tod während des Scheidungsverfahrens geschieht

Ehepartner oder eingetragene Partnerinnen verlieren neu ihren Anspruch auf den Pflichtteil schon während des Scheidungsverfahrens. Bis Ende 2022 war dies erst nach dem Urteil der Fall. Zudem werden Begünstigungen des Ehegatten in einem Testament oder Erbvertrag während des Scheidungsverfahrens neu automatisch nichtig. Die Scheidung hinauszuzögern, bis die betroffene Person stirbt, zahlt sich finanziell nicht mehr aus. Es besteht aber auch folgende Möglichkeit: Mit einem einfachen Testament kann neu der in Scheidung stehende Ehepartner respektive die in Scheidung stehende Ehepartnerin vollständig enterbt werden. Damit kann auch der gesetzliche Erbteil aufgehoben werden.

Was mit Testamenten passiert, die vor dem Jahr 2023 geschrieben wurden

Auch für Testamente, die vor dem 1. Januar 2023 geschrieben wurden, gilt das neue Erbrecht - falls der Todesfall nicht vor dem Datum der Gesetzesrevision eingetreten ist. Wenn also zum Beispiel Schenkungen gemacht wurden oder von Pflichtteilen die Rede ist, kommt automatisch die neue Regelung zur Anwendung. Daher sollte man prüfen, ob das Testament auch mit den neuen Regelungen für einen noch in Ordnung ist oder ob man es ergänzen oder ein neues aufsetzen will. Beides muss man wie zuvor vollständig handschriftlich machen und das Testament mit Datum und Unterschrift versehen. Man kann zudem im ergänzten oder neuen Testament alle vorherigen Testamente widerrufen. Erbverträge wiederum werden beim Notariat abgeändert. Dies geht aber nur, wenn alle Vertragsparteien einverstanden sind.

Wie das Vererben von Aktien und Obligationen funktioniert

Werden Aktien oder Obligationen vererbt und danach veräussert, ist ein privater Kapitalgewinn nicht steuerbar. Werden aber Aktien von US-Unternehmen, US-Devisen oder US-Obligationen vererbt, müssen grundsätzlich auch die Deklarations- und Steuerpflichten in den USA geprüft werden. «Die Übertragung von Aktien oder anderen Wertschriften aus einem Depot des Erblassers auf ein Depot eines Erben kann hohe Bankgebühren zur Folge haben», sagt Fornito von der Anwaltskanzlei Bratschi. Manchmal übernehme das übernehmende Institut die Kosten für den Erwerber. Häufig sei es aber günstiger, das Depot zu liquidieren und aus dem verteilten Erlös Wertschriften zu erwerben. Zudem liegen bis zur Übertragung oder Erbteilung der Nutzen - namentlich Dividenden - und Gefahr bei der Erbengemeinschaft. Weil oft unterschiedliche Interessen und Risikoprofile vorliegen, sollte laut Fornito die Zuteilung möglichst rasch erfolgen.

Was mit der Pensionskasse und Säule 3a passiert

Ein Grossteil der Vermögen wird heute über die zweite und dritte Säule weitergegeben. Diese Sondervermögen - auch Lebensversicherungen - folgen nicht den erbrechtlichen Regelungen, sondern anderen Gesetzen und Reglementen. Man kann daher eine Erbschaft ausschlagen und behält gleichwohl allfällige Vorsorgeansprüche.

Weiterlesen - ein Beitrag von Manuel Boeck («Cash.ch») erschienen am 27.05.2023 auf www.blick.ch

Swisscom ist das familienfreundlichste Grossunternehmen der Schweiz

Pro Familia Schweiz hat die familienfreundlichsten Unternehmen der Schweiz mit dem "Family Score Award 2023" ausgezeichnet. Unter den Grossunternehmen belegt die Swisscom den ersten Platz. Rang zwei geht an den Kamerahersteller Canon sowie an Bedag Informatik.

Die Swisscom ist eines der familienfreundlichsten Unternehmen der Schweiz. Im Rahmen des "Family Score Award 2023", vergeben von Pro Familia Schweiz, belegte der Telko mit 82 von 100 Punkten den ersten Platz in der Kategorie Grossunternehmen. Kamerahersteller Canon Schweiz und Bedag Informatik teilen sich mit je 78 Punkten den zweiten Rang.

Der Family Score basiert auf einer Mitarbeitendenumfrage und soll die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens ausdrücken. Mitarbeitende können im Rahmen eines Fragebogens ihre Bedürfnisse in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mitteilen und das bereits bestehende Angebot ihres Arbeitgebers bewerten. Firmen, die einen Score von mindestens 60 Punkten erreichen, dürfen drei Jahre lang das Gütesiegel "Family Score" tragen.

Weiterlesen - ein Beitrag von von Maximilian Schenner und jor erschienen am 26.05.23 auf www.netzwoche.ch

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