Behindertengleichstellungsgesetz: Bundesrat will Schutz vor Diskriminierung stärken

Der Bundesrat hat am 8. Dezember 2023 die Vernehmlassung für eine Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes eröffnet. Die Vorlage soll Menschen mit Behinderungen im Erwerbsleben und beim Zugang zu Dienstleistungen besser vor Diskriminierungen schützen. Zudem wird die Gebärdensprache anerkannt. Vier Schwerpunktprogramme in den Bereichen Arbeit, Dienstleistungen, Wohnen und Partizipation ergänzen die vorgeschlagenen Verbesserungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Die Schweiz hat bei der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in den letzten Jahren viele Fortschritte erzielt, insbesondere beim Zugang zu Gebäuden und zum öffentlichen Verkehr. Handlungsbedarf besteht weiterhin vor allem in den Bereichen Arbeit und Dienstleistungen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) deshalb am 10. März 2023 beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage für eine Teilrevision des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) auszuarbeiten.

Arbeit und Dienstleistungen: Verbesserung des Schutzes vor Diskriminierung
Menschen mit Behinderungen sind heute nur dann umfassend vor Diskriminierungen geschützt, wenn der Staat der Arbeitgeber ist oder Dienstleistungen anbietet. Der Vorentwurf sieht deshalb vor, den Schutz vor direkten und indirekten Diskriminierungen bei privaten Arbeitsverhältnissen und Dienstleistungen auszubauen. Arbeitgebende und Dienstleistungserbringende sollen dazu verpflichtet werden, zum Abbau von Benachteiligungen angemessene Vorkehrungen vorzunehmen. Diese Vorkehrungen müssen zum einen für das entsprechende Unternehmen zumutbar sein. Zum anderen müssen sie geeignet sein, in einer konkreten Situation eine Benachteiligung zu verringern. Dazu gehört zum Beispiel die Verpflichtung, Online-Dienstleistungen barrierefrei anzubieten oder Mitarbeitenden mit Behinderungen flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen.

Anerkennung und Förderung der schweizerischen Gebärdensprachen
Im Rahmen der Vorlage will der Bundesrat zudem die Motion 22.3373 umsetzen, die eine Anerkennung der drei schweizerischen Gebärdensprachen und die Förderung der Gleichstellung gehörloser und hörbehinderter Menschen verlangt. Der Vorentwurf trägt den sprachlich-kulturellen Anliegen der Gehörlosen mit einem eigenen Abschnitt zur Anerkennung und Förderung der Gebärdensprachen Rechnung. Darüber hinaus werden die bestehenden Regelungen zum Zugang zu Informationen neu zusammengefasst.

Vier Schwerpunktprogramme: Arbeit, Dienstleistungen, Wohnen, Partizipation
Der Bundesrat hat ebenfalls vier Schwerpunktprogramme in den Bereichen Arbeit, Dienstleistungen, Wohnen und Partizipation beschlossen und stellt hierfür zusätzliche Mittel im Umfang von jährlich 500'000 Franken zur Verfügung. Die Programme sollen insbesondere die Voraussetzungen für die künftige Umsetzung der Änderungen im BehiG verbessern. Ein weiteres Ziel ist es, den Erfahrungsaustausch zwischen Bund, Kantonen und Zivilgesellschaft zu fördern, weitere Grundlagen für die Gleichstellung zu erarbeiten und Massnahmen zu erproben, die die Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen voranbringen.

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In der Schweiz leben bis zu 20 Prozent der Kinder in Armut

Zwischen 2014 und 2021 ist die Kinderarmut in der Schweiz stark angestiegen. Das Kinderhilfswerk Unicef schlägt Alarm. In kaum einem anderen Land ist Kinderarmut so stark gestiegen wie in der Schweiz. Gemäss einem Unicef-Bericht beträgt diese hierzulande bis zu 20 Prozent. Zudem sei mehr als eines von zehn Kindern von dauerhafter Armut betroffen, heisst es.

In Frankreich, Island, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sei die Kinderarmut zwischen 2014 und 2021 stark angestiegen, während sie in Lettland, Litauen, Polen und Slowenien am stärksten zurückgegangen sei. Das steht im neuen Bericht «Report Card 18» des Forschungsbüros «Innocenti» in Florenz, das zum Kinderhilfswerk Unicef der Vereinten Nationen gehört.

Schweiz liegt bei Armutsbekämpfung zurück

«Einige der reichsten Länder der Welt, darunter die Schweiz, liegen bei der Bekämpfung der Armut zurück», heisst es im Bericht. Trotz ihres Reichtums weise die Schweiz eine relativ hohe Kinderarmut auf. Insgesamt sei die materielle Entbehrung bei den Kindern aber relativ gering – mit Ausnahme von Wohnungsproblemen. Geldleistungen wie die Sozialhilfe reduzierten die Einkommensarmut der Kinder bereits um fast die Hälfte. Ohne Geldleistungen hätte die Kinderarmut im Jahr 2021 bei 30,3 Prozent gelegen, so Unicef.

Schweiz auf Platz 31

Die Schweiz liegt auf Platz 31 der 39 Länder im Ranking, zwischen den Vereinigten Staaten (Platz 30) und Österreich (Platz 32). Bei der relativen Einkommensarmut von Kindern holt die Schweiz Platz 21, bei der Veränderung der Kinderarmut zwischen 2012 und 2014, und 2019 und 2021 auf Platz 36. Die Schweiz gehöre zu den Ländern, die bei der Armut im Mittelfeld liegen, aber einen der stärksten Anstiege der Kinderarmut hätten.

Zehn Prozent mehr Kinderarmut in der Schweiz

«Die Schweiz ist eines der reichsten Länder Europas. Und trotzdem ist in den letzten zehn Jahren die Kinderarmut um zehn Prozent gestiegen», sagt Nicole Hinder, Bereichsleiterin Child Rights Advocacy von Unicef Schweiz und Liechtenstein. Die Unterstützung für Familien mit Kindern der unteren Einkommensklassen sei rückläufig, obwohl die Ausgaben für Kinder und Familien allgemein gestiegen seien.

«Ergebnis ist besorgniserregend»

Die fehlende materielle Absicherung bedeute für Kinder und Jugendliche nicht nur eine Beschneidung ihres Rechtes auf einen angemessenen Lebensstandard, sondern behindere sie auch darin, ihre Rechte wahrzunehmen und ihr volles Potenzial zu entfalten. «Dies schafft weitere Ungleichheiten», sagt Hinder. «Aus Kinderrechtsperspektive ist dieses Ergebnis besorgniserregend.»

Hohe Kinderarmut in der Schweiz

Die relative Einkommensarmutsquote für Kinder (Durchschnitt zwischen 2019 und 2021) liegt in der Schweiz bei 18,1 Prozent. Das bedeute, dass in der Schweiz zwischen 17 und 20 Prozent der Kinder in Armut leben. Mehr als eines von zehn Kindern sei von dauerhafter Armut betroffen. Die Schweiz habe das höchste Pro-Kopf-BIP aller erfassten Länder, dennoch sei die Kinderarmut relativ hoch, heisst es im Bericht. 

Trotzdem angemessener Lebensstandard

Bei der nichtmonetären Armut schneidet die Schweiz besser ab: Letztes Jahr waren 2,5 Prozent der Kinder von schwerer materieller Entbehrung und vier Prozent von kinderspezifischer materieller Entbehrung betroffen. Das relativ gute Abschneiden der Schweiz bei der materiellen Entbehrung deute darauf hin, dass ein angemessener Lebensstandard für Kinder üblich sei, auch wenn sie von Einkommensarmut betroffen seien. 

Ab wann ist ein Kind arm?

In der Schweiz bedeutet Armut nicht der Kampf ums nackte Überleben, wie in weiten Teilen der Welt. Armut muss ins Verhältnis zum Lebensstandard der Gesamtbevölkerung gesetzt werden. Das absolute Armutskonzept («Armut») basiert auf einer Armutsgrenze in Höhe des sozialen Existenzminimums. Als Armutsgrenze werden dabei die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) verwendet, die festlegen, wieviel eine Einzelperson, ein Paar oder eine Familie mindestens braucht, um alle notwendigen Ausgaben zu decken. 2021 lag die Armutsgrenze bei durchschnittlich 2289 Franken im Monat für eine Einzelperson und 3989 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern. Davon müssen die Ausgaben des täglichen Bedarfs (Essen, Hygiene, Mobilität etc.) sowie die Wohnkosten bezahlt werden, nicht jedoch die Prämien für die obligatorische Krankenversicherung.

Weiterlesen - ein Beitrag von Marcel Urech und Silvan Haenni erschienen am 06.12.2023 auf www.20min.ch

Vereinsversammlung und Fachtagung des Schweizerischen Fachverbands Mütter- und Väterberatung

#nixblabla - Sprechen wir über Kommunikation

Vereinsversammlung und Fachtagung, 
21./22. März 2024, Viscose Eventhalle, Emmen

Kommunikation bildet das Herzstück in der Arbeit der Mütter- und Väterberatung.
Sie umfasst nicht nur den Austausch von Informationen – sie dient auch dazu, Vertrauen
aufzubauen, Wissen zu vermitteln, Konflikte zu lösen und eine sichere Umgebung für
persönliche Entwicklung zu schaffen. Die Fachtagung lädt ein, sich mit der Komplexität
und Bedeutung der Kommunikation in einer diversen Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Wussten Sie, dass die wörtliche Kommunikation nur sieben Prozent der gesamten
menschlichen Kommunikation ausmacht? Die restlichen 93 % werden durch die nonverbale
Kommunikation bestimmt. Daher widmet sich die Fachtagung beim Einstieg der
nonverbalen Kommunikation. Denn erst die richtige Gestik, Mimik, Stimmlage und
Körperhaltung ermöglichen eine Kommunikation auf Augenhöhe, unabhängig von
Sprachbarrieren, Altersunterschied oder kulturellem Hintergrund. In einem weiteren
Referat werden das Konzept der gewaltfreien Kommunikation sowie die damit verbundenen
Herausforderungen im Alltag aufgezeigt – dies ist nicht nur in der Beratung
relevant sondern auch im interdisziplinären Austausch mit Fachpersonen.

Wie beeinflusst Social Media die Kommunikation in unserem Beratungssetting?
Während wir mit einem Klick Nachrichten an Menschen auf der ganzen Welt senden
können, stellt sich die Frage, wie wir die digitale Kommunikation zielgerecht nutzen, um
die Erreichbarkeit der Eltern und die Präsenz der MVB zu fördern. Und wie gelingt uns
letztlich ein souveräner und professioneller Auftritt, damit unsere wichtigsten Botschaften
auch hängenbleiben? Das praxisorientierte Schlussreferat bietet dazu konkrete
und lebensnahe Tipps und Tricks, die sogleich geübt und umgesetzt werden können.

Neben spannenden Fachreferaten steht eine Podiumsdiskussion auf dem Programm
zum Thema «Sie» oder «Du»? Umgangsformen in der Beratung heute. Aus der Perspektive der
Beratungspersonen, einer Familie und einer Knigge-Expertin wird die Frage diskutiert,
wie Umgangsformen bewusst gewählt werden können, um in der Beratung eine professionelle
und dennoch persönliche Beziehung aufbauen zu können.
Der Schweizerische Fachverband Mütter- und Väterberatung lädt Sie herzlich ein, an
der Tagung vom 21. und 22. März 2024 in Emmen teilzunehmen und in das vielschichtige
Thema einzutauchen. Der Anlass bietet auch in diesem Jahr Raum für Austausch und
Vernetzung sowie eine interessante Ausstellung.

Wir freuen uns, Sie an der Fachtagung 2024 zu begrüssen!

Weitere Informationen

Woher kam der Mini-Babyboom?

Corona hat die Geburtenzahlen richtig aufgewirbelt, besonders in der Schweiz. Doch 2023 sieht es wieder ganz anders aus.

Grosseltern verloren, Arbeit pausiert, am Familienzuwachs gearbeitet: Die Corona-Pandemie hat unser Leben vielseitig beeinflusst. Exakt neun Monate nach der «ausserordentlichen Lage» zeigte sich sodann auch ein bisher unerwarteter Effekt bei den Geburten.

Noch vor der Pandemie war die Geburtenzahl in der Schweiz rückläufig. Zwischen Dezember 2020 und März 2021 wurde dann aber eine richtige Geburtenwelle registriert. Im Vergleich zur Vorjahresperiode kam es zu einer Zunahme von 4.5 Prozent (+934), wie die neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen.

Das Muster wiederholte sich beim zweiten Shutdown: Zwischen Juli und Oktober 2021 kamen hierzulande 5.5 Prozent (+1629) mehr Kinder zur Welt als in der gleichen Vorjahresperiode – in der Deutschschweiz sogar 6 Prozent mehr.

Die Geburtenwelle in Zusammenhang mit dem Shutdown im Winter 20/21 wurde nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien beobachtet. «Bei der zweiten Geburtenwelle hingegen handelt es sich um eine schweizerische Besonderheit», so Fabienne Rausa vom BFS.

Ein aussergewöhnliches Phänomen

Aus historischer Sicht ist dieser Kindersegen überraschend. Bei früheren, ähnlichen Ereignissen wie der Spanischen Grippe könne man kein solches Muster beobachten, erklärt Kaspar Staub. Der Historiker und Epidemiologe an der Uni Zürich hat in seiner Studie zur Geburtenrate der Schweiz erstmals die jüngst beobachtete Zunahme in einem historischen Kontext untersucht.

«Bei vergangenen Krisen und Pandemien sieht man, dass sie normalerweise einen negativen Einfluss haben auf die Geburtenrate», sagt Staub. «Ungefähr neun Monate nach dem Pandemie-Höhepunkt kommt jeweils ein kurzer, deutlicher Taucher». Gründe dafür könnten verschobene Schwangerschaften, Einflüsse von Virenerkrankungen auf natürliche Aborte, aber auch eine veränderte Fruchtbarkeit sein.

«Dieser Rückgang, den man bei vergangenen Pandemien in der Schweiz das ein oder andere Mal gesehen hat – 1890, 1918, 1920, 1957, hat bei Corona so nicht stattgefunden», sagt Staub. «Es war überraschenderweise eher das Gegenteil.»

«Einer der Gründe, wie man sich das erklärt, ist die zusätzliche Zeit zu Hause – mehr Kinderzeugungen», erklärt Staub. «Zudem sehen wir den Boom auch am Ende des Shutdowns. Da könnte eine Art Optimismus dazu beigetragen haben.»

Nach dem Anstieg kommt der Fall

Gut möglich, dass der Kinderwunsch aber lediglich zeitlich vorgezogen wurde. 2022 war die Geburtenrate so niedrig wie seit den 1870er-Jahren nicht mehr, wie das Forschungsteam um Staub herausfand. Zusätzlich war der Rückgang der Geburten ab Januar 2022 stärker als der Anstieg der Geburten im Jahr 2021.

Der erste Teil des Rückgangs im Jahr 2022 fällt laut Studienautoren auf die Empfängnismonate in der ersten Hälfte des Jahres 2021, als die Impfkampagne in der Schweiz begann. «Da jedoch der Anteil der bis zum Sommer geimpften jüngerer Menschen noch gering war, kann die Impfung den Rückgang der Geburtenrate nicht erklären.»

Der schon vor der Pandemie eingesetzte Geburtenrückgang scheint sich 2023 der Untersuchung nach fortzusetzen – auch wenn «nicht substanziell». Die Forschenden gehen von einer möglichen Verbindung mit der «zunehmend unsicheren wirtschaftlichen Situation in der Schweiz» aus.

So oder so: Der Corona-Babyboom war nur von kurzer Dauer.

Weiterlesen - ein Beitrag von SRF erschienen am 06.12.2023

Teilzeitarbeit: Kinderlose Frauen: «Ein Vollzeitjob ist für mich undenkbar»

Haushalt, Work-Life-Balance oder sie wollen, können aber nicht: Die Gründe für ein Teilzeitpensum sind auch für kinderlose Frauen vielfältig. 20 Minuten hat bei ihnen nachgefragt. Zwar sind immer mehr Frauen erwerbstätig – sie entscheiden sich jedoch im Vergleich zu Männern häufiger für Teilzeitstellen. Doch woran liegt das? 20-Minuten-Leserinnen erzählen.

Teilzeitarbeit ist insbesondere bei Frauen so beliebt wie nie – auch bei kinderlosen Frauen oder solchen mit erwachsenen Kindern. So arbeiten mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in der Schweiz in Teilzeit – mehr als doppelt so viel als die Männer. Laut einem Experten sind die Gründe dafür vielfältig. So gebe es unter anderem Frauen, die ihr Pensum aufgrund ihrer Berufsbranche aufgrund der Arbeitsbelastung oder nicht vorhandenen Vollzeitjobs nicht erhöhen können oder Frauen, die ihre Work-Life-Balance stärker priorisieren, als der Grossteil der Männer. Auch viele Mitglieder der 20-Minuten-Community arbeiten in Teilzeit. 20 Minuten hat mit drei von ihnen gesprochen.

C.F. (31) arbeitet 60 Prozent: «Beste Entscheidung meines Lebens»

Mit 25 Jahren habe C.F. ein Burnout erlitten. Grund dafür sei die Überlastung an ihrem alten Arbeitsplatz gewesen. «Damals hat 80 Prozent meiner Abteilung gekündigt. Ersetzt wurde lange niemand und die Arbeit blieb hauptsächlich an mir hängen», erinnert sich die nun 31-Jährige. Das Resultat: «Sowohl körperlich wie auch mental ging es mir immer schlechter.» Letztendlich sei sie für sechs Monate krankgeschrieben worden. «Als ich zurückkam, wurde mir vorgeworfen, ich wäre faul und mir wurde sogar mit der Kündigung gedroht, wenn ich nochmals länger krank werde.» Das liess die Thurgauerin nicht auf sich sitzen und kündigte kurzerhand selbst. «Ich habe mir dann eine neue Stelle gesucht, wo ich 80 Prozent arbeiten konnte.» Nach der Arbeit habe sie sich jedoch weiterhin dermassen erledigt gefühlt, dass sie erstmal zwei Stunden schlafen musste. «Mein soziales Leben hat sehr darunter gelitten. Ich hatte keine Kraft mehr für Hobbies, Freunde oder meine Haustiere.» Jetzt arbeitet F. 60 Prozent. Es sei die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen: «Ich gehe endlich gerne zur Arbeit, auch wenn ich jetzt weniger verdiene.»

Zürcherin (25) arbeitet 80 Prozent: «Sollte selbst entscheiden dürfen, wie viel ich arbeite»

Die 25-jährige Zürcherin, die anonym bleiben möchte, arbeite zurzeit 80 Prozent, da sie nebenbei Wirtschaftsrecht studiere. Aber auch nach dem Abschluss stehe ein Vollzeitpensum für sie nicht zur Debatte. «Eine richtige Work-Life-Balance ist mir sehr wichtig. Ich möchte nicht nur für die Arbeit leben.» Die Zürcherin lege besonders Wert darauf, Zeit für sich selbst zu haben und mit Freunden und Freundinnen ausgehen zu können. «Das Wochenende reicht knapp für meine Haushaltspflichten, da bleibt keine Zeit für etwas anderes.» Ihr Arbeitgeber verlange allerdings von ihr, dass sie ihr Pensum nach Ende ihres Studiums auf 100 Prozent erhöht. Das findet die Zürcherin nicht in Ordnung: «Ich sollte selbst entscheiden dürfen, wie viel ich arbeiten will, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen.» So habe sie bereits beschlossen, zu kündigen, wenn ihr Vorgesetzter weiterhin darauf besteht.

A.H. (57) arbeitet 40 Prozent: «Mit 57 finde ich keinen Vollzeitjob mehr»

A.H. arbeitet hingegen nicht freiwillig in Teilzeit. Früher sei sie in einer Boutique einer Hilfsorganisation in einem Vollzeitpensum angestellt gewesen. Wegen des Lockdowns sei der Laden jedoch geschlossen worden und H. habe ihren Job verloren. Es sei der 57-Jährigen daraufhin sehr schwergefallen, eine neue Stelle zu finden. Dies liegt laut der Bernerin hauptsächlich an ihrem Alter. «Seit kurzem habe ich eine neue Stelle in einem Kleiderladen, aber nur für 20 bis 40 Prozent.»Mit dem entsprechenden Gehalt komme sie für die Miete und die Krankenkasse gerade noch zurecht. «Für den Ausgang oder ein schickes Essen mit Freunden reicht das Geld aber nicht.» Ihre Freundschaften würden darunter leiden. «Um wieder mehr am sozialen Leben teilnehmen zu können, möchte ich gerne wieder 100 Prozent arbeiten», so A.H. 

Weiterlesen - ein Beitrag von Monika Abdel Meseh, Michelle Ineichen und Christina Pirskanen erschienen am 03.12.2023 auf www.20min.ch

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