«Wir können uns zwei Wochen Vaterschaftsurlaub leisten»

Ein Beitrag von Daniel Graf erschienen am 01.09.2020 auf www.20min.ch

230 Millionen Franken würden zwei Wochen Vaterschaftsurlaub pro Jahr Schätzungen zufolge kosten. Das sollte uns eine gute Beziehung zwischen Vater und Kind nach der Geburt wert sein, findet Stéphane Rossini.

Rossini ist Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen. Im Live-Talk von 20 Minuten hat er sich den Fragen der 20 Minuten-Leserschaft gestellt. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.

Für Rossini kommt die Abstimmung trotz Corona-Krise und sinkenden Einnahmen bei den Sozialwerken zum richtigen Zeitpunkt: «Die Erwartungen der Väter sind gross, die Geburt eines Kindes ist ein wichtiges Ereignis. Wir müssen den gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht werden», sagt Rossini.

«Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern»

Er ist selber Vater. «Ich hatte nach der Geburt wenig Zeit, um präsent zu sein. Mit dem Vaterschaftsurlaub wollen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und Ungleichheiten verringern.» Derzeit haben die Unternehmen sehr verschiedene Regelungen. «Das geht heute nicht mehr», findet Rossini.

Die Schweizer Familienpolitik sei seit jeher keine einfache Aufgabe: «Im Vergleich mit anderen Ländern wie etwa Schweden steht die Schweiz oft nicht gut da. Dort ist die Familienpolitik viel öffentlicher, während sie in der Schweiz oft als Privatsache angesehen wird.» Auch der Föderalismus der Schweiz erschwere es oft, einheitliche Regelungen zu finden.

«Elternzeit steht nicht zur Debatte»

Auf die zwei Wochen sei man über einen politischen Prozess gekommen: «Die Volksinitaitive verlangte vier Wochen, das Parlament hat sich für den Gegenvorschlag mit zwei Wochen entschieden. Darüber stimmen wir aufgrund des Referendums nun ab.» Rossini hält eine gemeinsame Elternzeit für ein «interessantes Modell». Doch diese stehe im Moment nicht zur Debatte.

Rossini erinnert daran, dass die Väter während der zwei Wochen 80 Prozent ihres Lohnes erhalten würden. «Das kostet Schätzungen zufolge rund 230 Millionen Franken pro Jahr, welche über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden sollen. Das können wir uns leisten», ist Rossini überzeugt. Durch den Vaterschaftsurlaub würden auch Schweizer KMU attraktiver: «Heute können sie es sich oft nicht leisten, ihren männlichen Angestellten nach der Geburt eines Kindes bezahlten Urlaub zu geben.»

«Im Vergleich zur AHV kostet der Vaterschaftsurlaub nicht viel»

Rossini vergleicht die 230 Millionen mit den 40 Milliarden, welche die AHV jährlich kostet: «Im Vergleich dazu ist es ein geringer Betrag. Wir müssten die Beiträge lediglich um 0,05 Prozent erhöhen. Auf 1000 Franken sind das 50 Rappen, welche zu gleichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt würden», führt Rossini aus. «Das kann die Schweiz sich leisten.» Die administrativen Kosten würden dabei lediglich 2 bis 3 Prozent ausmachen.

Trotz Corona-Krise ist der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen optimistisch: «Klar, die Corona-Krise hat uns hart getroffen. Wir gehen davon aus, dass auch die Jahre 2021 und 2022 noch schwierig werden. Danach hoffen wir, dass die Konjunktur wieder anzieht.» Wie alle anderen hofft auch Rossini, dass bald ein Impfstoff gefunden und die Pandemie überwunden werden kann.

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