In Schweizer Familien wirkt sich der Lockdown nach Geschlecht unterschiedlich auf die Erwerbstätigkeit aus, zeigt die Auswertung des SRG-Corona-Monitors. Bei Frauen führte der höhere Betreuungsbedarf der Kinder deutlich häufiger zu einer Reduktion der beruflichen Arbeitskapazitäten als bei Männern. Kinder im Haushalt wirkten sich zudem stark auf die Stimmung wä rend der Covid-19-Krise aus.
Familien und Erwerbstätigkeit zu vereinbaren, war für viele Eltern bereits vor der COVID-19-Krise ein Balanceakt. Mit der Schliessung der Schulen und der Ausbildungsstätten verschärfte sich die Situation allerdings, zeigt die Studie der Forschungsstelle Sotomo, die vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG in Auftrag gegeben wurde.
Am deutlichsten zeigt sich der Geschlechterunterschied bei der Kapazität für Erwerbstätigkeiten: Analysiert man nur die Familienhaushalte mit betreuungspflichtigen Kindern, gaben Frauen zu jedem Befragungszeitpunkt deutlich häufiger als Männer an, aufgrund von mehr Betreuungspflichten weniger Zeit für die Arbeit zu haben. Bei den Frauen lag der Anteil um rund zehn Prozentpunkte höher als bei den Männern.
Nationalrat diskutiert Gleichstellungspolitik
Die berufliche Arbeitsbelastung der Männer blieb seit Februar häufiger unverändert als diejenige der Frauen: Zwischen einem Fünftel und einem Viertel der befragten Männern gaben während der vier Befragungswellen an, keinerlei Veränderung in Bezug auf ihre berufliche Arbeitsbelastung festzustellen. Bei den befragten Frauen waren dies zwischen März und Mai nur zwischen 14 und 17 Prozent. Erst als im Juni die Schulen wieder geöffnet waren, gab ebenfalls ein Viertel der befragten Frauen an, keine Veränderungen festzustellen.
Grössere Belastung bei jüngeren Kindern
Die Angaben von Personen in Familienhaushalten mit Kindern im betreuungspflichtigen Alter und denjenigen in Haushalten ohne Kinder unter 16 Jahren unterschieden sich wenig überraschend in wesentlichen Punkten.
Befragten ohne Kinder unter 16 Jahren im Haushalt gaben häufiger als solche mit betreuungspflichtigen Kindern an, dass sie keine Veränderung in ihrer beruflichen Arbeitsbelastung feststellten. Zudem sieht man einen deutlichen Unterschied bei der fehlenden zusätzlichen Belastung durch Kinderbetreuung und Homeschooling.
Je höher der Bildungsstand, desto weniger Kapazitäten
Vor allem Befragte mit einem hohen Einkommen und einem höheren Bildungsstand traf die Krise zu Hause besonders. Je höher der Bildungsstand, desto häufiger gaben die Befragten an, über weniger Kapazität für ihren Beruf zu verfügen.
Am meisten scheinen auch hier Frauen mit hoher Bildung unter verminderten beruflichen Arbeitskapazitäten zu leiden: Solange die Schulen geschlossen waren, gaben jeweils deutlich über vierzig Prozent der gut ausgebildeten Frauen an, über weniger Zeit für ihre Erwerbstätigkeit zu verfügen. Bei den Männern mit hohem Bildungsstand gab dies nur etwa jeder Dritte an.
Hier finden Sie die Sotomo-Studie
Mental gleich belastend
Ob man in einem Haushalt mit Kindern lebt oder nicht, hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Stimmung in den eigenen vier Wänden. Frauen und Männer mit betreuungspflichtigen Kindern empfanden den erhöhten Kinderbetreuungsaufwand mental gleichermassen belastend.
Homeschooling war dabei das grösste Problem. Mit der Zeit sank jedoch die Belastung – was auf eine Art Gewöhnungseffekt zurückzuführen sein könnte oder den vielerorts wiederaufgenommenen Schulunterricht im Mai. Auch der Bewegungsmangel machte Frauen und Männern gleichermassen zu schaffen.
Pandemie verstärkt bereits vorhandene Strukturen
Gleichzeitig führte der Lockdown aber bei einem grossen Teil der Befragten aus Haushalten mit Kindern zu einer gestärkten Familie und Partnerschaft. Doch je länger die ausserordentliche Lage andauerte, desto grössere Geschlechter-Differenzen gibt es in Haushalten mit kleinen Kindern wiederum. War es bei der ersten Befragung noch ausgeglichen, gaben in der letzten Befragungswelle nur noch ein Drittel der Männer an, die Familie oder Partnerschaft als gestärkt wahrzunehmen. Bei den Frauen war es immer noch knapp die Hälfte.
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