Weltweit hat das Coronavirus den grössten Homeoffice-Versuch aller Zeiten ausgelöst. Nun kehren viele Angestellte langsam an den Bürotisch zurück. Wie haben die Unternehmen in der Schweiz die Situation gemeistert? Und welche Lehren ziehen sie daraus? Diese Fragen hat die Personalberatung Robert Walters über 5000 Personen gestellt. Die Antworten liegen nun vor. Sie sind mehrheitlich positiv, wie Duresa Lika von Robert Walters erklärt.
SRF News: Ihre Studie zeigt, dass 71 Prozent der Schweizer Firmen ihre Mitarbeitenden direkt ins Homeoffice schicken konnten. Weltweit waren es nur 55 Prozent. Wieso waren die Schweizer Unternehmen so flexibel?
Duresa Lika: Das hängt unter anderem mit den Arbeitszeitmodellen hier zusammen. So hatten die Arbeitnehmer, die normalerweise täglich pendeln und ihre Reisezeit im ÖV oder in ihrem eigenen Fahrzeug verbringen, die Möglichkeit, ihre Reisezeit in die Arbeit zu investieren. Zudem wurde das Thema Innovation bereits vor Covid-19 debattiert. Mit 71 Prozent haben die meisten Unternehmen problemlos darauf reagiert. Sie konnten den Mitarbeitern von Anfang an die nötige Technologie zur Verfügung stellen.
88 Prozent der Schweizer Unternehmen haben kein Absinken der Mitarbeiter-Produktivität festgestellt. Weshalb ist das so?
Zuhause ist man, wenn man einen ergonomischen und professionell gut eingerichteten Arbeitsplatz hat, nicht abgelenkt. Man kann selbst für die Produktivität sorgen und selber den Fokus auf die Arbeit legen. Im Büro wird man oft von Mitarbeitern oder von Arbeitskollegen von anderen Abteilungen abgelenkt. Zuhause ist man hingegen wirklich fokussiert auf die Arbeit.
Ist eine Rückkehr ins Büro angesichts dessen überhaupt ein Thema?
Ob das künftig funktioniert, hängt mit der Strategie der Unternehmen zusammen. Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass die Arbeitnehmer ihre Erwartungshaltung geändert haben. Das heisst, Arbeitnehmer werden sich in Zukunft ein flexibles Arbeitsmodell von ihrem Arbeitgeber wünschen.
Die Firmen müssen darauf achten, dass die nötigen Tools zur Verfügung gestellt werden, damit das Homeoffice-Prinzip auch in Zukunft funktioniert.
Die Firmen müssen darauf achten, dass die nötige Technologie und die Tools zur Verfügung gestellt werden, damit das Homeoffice-Prinzip auch in Zukunft funktioniert und die Mitarbeiterproduktivität nicht beeinträchtigt wird. Das heisst, wenn Unternehmen die nötigen Tools nicht zur Verfügung haben, dann müssen sie zumindest bereit sein, auch in diese zu investieren.
Die Pilotphase in den letzten drei Monaten hat also gut funktioniert?
Ja. Die Mehrheit der Unternehmen hat das sehr gut gemanagt. 34 Prozent hatten zum Beispiel für ihre Rekrutierungsprozesse keine Videokonferenz-Tools. Aber 59 Prozent von ihnen zeigten die Bereitschaft, diese zu implementieren und für den nötigen Digitalisierungsschritt zu sorgen.
Vermissten die Befragten nicht ihre Kolleginnen und Kollegen?
Ja, aber das hängt auch damit zusammen, wie die Unternehmen das Homeoffice-Prinzip umsetzen. Das ist recht individuell. Man kann auch nur ab und von zuhause aus arbeiten. Diese Flexibilität wird gewünscht. So kann man zum Beispiel wieder einmal ins Büro, sich mit Kollegen austauschen und sich in der Mittagspause verabreden. Was die Mitarbeiter sich auch wünschen, ist mehr Transparenz und Autonomie, wenn sie von zuhause aus arbeiten. Das heisst, gegenseitiges Vertrauen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist erforderlich, damit das Homeoffice-Prinzip langfristig gut funktioniert.
Das Gespräch führte Claudia Weber
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