Sollen auch Chefs Teilzeit arbeiten dürfen?

Ein Beitrag von von B. Scherer erschienen am 29.12.2019

Teilzeitarbeit wird immer beliebter, auch in Führungspositionen. Wie das geht und warum Jobsharing keine Lösung ist. Mehr Zeit für die Kinder oder sich selbst: Diesem Wunsch gehen immer mehr Arbeitnehmer nach und reduzieren ihr Arbeitspensum. Doch was, wenn auch der Chef oder die Chefin Teilzeit arbeiten möchte?

«Führungsfunktionen können ab einem Pensum von 60 Prozent bewältigt werden», sagt Werner Raschle, Inhaber und CEO des Personalvermittlers Consult & Pepper. Beachtet werden müsse dabei, dass eine verbindliche Stellvertretung vorhanden sei. Diese müsse priorisieren können und relevante Probleme kurzfristig an die Chefin oder den Chef weiterleiten.

Arbeitet der Chef oder die Chefin dann nicht auch an den freien Tagen? «Natürlich muss man in einer Führungsposition mit reduziertem Pensum bereit sein, sich an den freien Tagen vielleicht ein oder zwei Stunden Zeit zu nehmen, um Probleme telefonisch zu besprechen», erklärt Raschle. Keine Lösung sei Jobsharing: Zwei Ansprechpersonen erschwerten die Kommunikation für alle. Deshalb sei eine Stellvertretung die bessere Option.

Männer und Frauen möchten weniger arbeiten

Teilzeit arbeiten – auch als Chef – ist ein gesellschaftlicher Trend. «Es ist eine Generationenfrage. Heute arbeiten die meisten Frauen nach dem Mutterschaftsurlaub wieder und Väter möchten vermehrt das Arbeitspensum reduzieren – auch auf der Chefetage», sagt Raschle.

Trotzdem hält sich in vielen Köpfen die Überzeugung, dass die Chefin oder der Chef stets präsent sein müsse. «Ich persönlich finde nicht, dass ein Chef immer anwesend sein muss», entgegnet Raschle.

In kleineren Betrieben sei es oft auch eine Kostenfrage, ob Mitarbeiter im reduzierten Pensum arbeiten können: Teilzeitmitarbeiter verursachen in vielen Fällen fast gleich hohe Fixkosten wie Vollzeitangestellte. Dazu gehören etwa Kosten für Arbeitskleidung und Werkzeug. «Nicht alle Firmen können sich deshalb Teilzeit-Chefs leisten.»

In den meisten Fällen sollte ein 80-Prozent-Pensum aber gar kein Problem sein, meint Raschle: «Schliesslich gibt es viele Personen im Kader, die 20 Prozent für eine Zusatzausbildung aufwenden können. Dann ist das reduzierte Pensum auch kein Problem.»

Zudem verbessere sich die Führung, wenn die Chefetage weniger arbeite, denn dann müssten Arbeitsprozesse effizienter gestaltet werden und «allfälliges Mikromanagement ist nicht mehr möglich». Der Personalexperte glaubt deshalb, dass Teilzeitarbeit sogar für den Bundesrat empfehlenswert wäre.

Flexible Arbeitsmodelle sind gefragt

Dass immer mehr Mitarbeiter mit Führungsfunktionen ihr Pensum reduzieren möchten, bestätigen auch Firmen wie das Telecomunternehmen Swisscom und die Versicherungen Axa Winterthur und Zurich. Alle Unternehmen legen Wert darauf, den Mitarbeitern ein flexibles Arbeitsmodell anzubieten, sei es Teilzeitarbeit, Teilzeit auf Probe oder Homeoffice, wie es auf Anfrage heisst.

So bietet Swisscom für Chefs auch die Möglichkeit für Jobsharing an. Bei der Axa können Führungspositionen schon ab einem Pensum von 50 Prozent ausgeübt werden. So arbeiten 24 Prozent der Personen im Senior Management Teilzeit, davon auch ein Mitglied der Axa-Geschäftsleitung. Auch bei der Zürich Versicherung arbeiten Führungskräfte bis auf höchster Ebene Teilzeit.

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