Die besten Länder für berufstätige Frauen

Südkorea, Japan und Türkei – nur in diesen OECD-Ländern sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch schlechter gestellt als in der Schweiz. Die besten Bedingungen haben Frauen, die in Schweden, Norwegen, Island oder Finnland arbeiten. Das sind die Gründe.

Jedes Jahr veröffentlicht das britische Wirtschaftsmagazin «The Economist» anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März den sogenannten Glass-Ceiling-Index. Dieser vergleicht die Arbeitsbedingungen für Frauen in 29 der 38 OECD-Länder anhand der folgenden 10 Kennzahlen:

Höhere Bildung
Absolvierte GMAT-Prüfungen von Frauen
Erwerbsquote der Frauen
Lohnunterschied Mann/Frau
Frauen in Management-Positionen
Frauen in Verwaltungsräten
Frauen im Parlament
Kosten für Kinderbetreuung
Bezahlter Mutterschaftsurlaub
Bezahlter Vaterschaftsurlaub

    Ziel ist es, die vielen unsichtbaren Barrieren, gegen die Frauen im Verlauf ihrer Karriere anstossen und die ihren Aufstieg bremsen oder verhindern, offen zu legen. Wer nun gedacht hat, die Schweiz belege in diesem Ranking einen Spitzenplatz, der irrt sich gewaltig. Rang 26 bedeutet, dass nur Japan, Südkorea und die Türkei noch schlechter dastehen. Ein Blick auf die Entwicklung seit 2016 zeigt zudem, dass sich in der Schweiz in Sachen Stellung der Frauen in der Arbeitswelt in den letzten neun Jahren nicht viel getan hat. Seit 2013 befinden wir uns auf besagtem 26. Rang. Doch warum ist die Schweiz so schlecht klassiert? Das hat vor allem mit der Kinderbetreuung zu tun: Die Nettokosten für Kinderbetreuung verschlingen gemäss «Economist» rund 49 Prozent des Durchschnittslohns. Ausserdem befinden wir uns mit durchschnittlichen 7,8 Wochen Mutterschafts- und 1,1 Wochen Vaterschaftsurlaub auch hier am untersten Ende im OECD-Ranking. Schlechter als der Durchschnitt präsentieren sich auch die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenlöhnen. Das ebenfalls schlechte Abschneiden bei der höheren Bildung dürfte dagegen eine statistische Verzerrung darstellen, weil die Berufslehre mit den anschliessenden Möglichkeiten von Berufsmaturität und Fachhochschulen von den OECD-Statistikern nicht adäquat erfasst wird. In der oberen Hälfte der 29 OECD-Länder dagegen liegt die Schweiz bei der Beteiligung von Frauen im Arbeitsmarkt, bei der Frauenvertretung in den Parlamenten und auch beim Frauenanteil in Verwaltungsräten.

    Skandinavische Länder als Vorbild

    Auf den Spitzenplätzen liegen fast erwartungsgemäss die nordischen Länder, wobei Island, Schweden, Norwegen und Finnland immer wieder die Plätze tauschen. Momentan ist Schweden die Nummer 1. Alle skandinavischen Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass sie Frauen leichter einen Hochschulabschluss ermöglichen, ihnen höhere Postionen im Arbeitsmarkt zugänglich machen und durch ein faires System des Elternurlaubs sowie flexiblen Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Dass Japan und Südkorea so schlecht abschneiden, ist der Tatsache geschuldet, dass hier Frauen immer noch einen meist finalen Entscheid zwischen Familie und Beruf zu fällen haben. Generell lässt sich anhand der Kennzahlen des «Economist» aber sagen, dass sich die Möglichkeiten für Frauen in der Arbeitswelt in die richtige Richtung entwickeln, wenn allerdings sehr langsam. Zwar erlitten Fortschritte bei der Lohngerechtigkeit zuletzt durch Corona einen kleinen Dämpfer, der Frauenanteil in Verwaltungsräten und in der höheren Bildung hat im Schnitt jedoch sichtbar zugenommen. Bleibt zu hoffen, dass der Rechtsrutsch in vielen Staaten diesen positiven Entwicklungen nicht wieder zunichtemacht.

    Weiterlesen - ein Beitrag von Philipp Reich publiziert am 06.03.25 auf watson.ch