Zwangsrückkehr ins Büro: Droht Unternehmen eine Kündigungswelle?

Nach Schindler, Swatch und Swisscom holt Sulzer seine Mitarbeitenden zurück ins Büro. In den USA spürt Amazon derweil die Folgen dieser Politik: Mitarbeiter suchen sich eine neue Stelle. Immer mehr Firmen wollen das Homeoffice verbieten.Die Firmenchefinnen und -chefs glauben, dass die Angestellten im Büro besser arbeiten. Doch bei den Angestellten sorgt der Entscheid für miese Stimmung. Viele kündigen jetzt.

Schluss mit Homeoffice: Immer mehr Schweizer Firmen erwarten von ihren Mitarbeitern Präsenz im Büro – zuletzt Sulzer. Als Gründe wird oft der physische Austausch und der Teamgeist angeführt. Die Angestellten würden im Büro besser arbeiten. Nicht allen gefällt der Wechsel. In den USA bekommt der Onlinehandel-Gigant Amazon nach vergleichbaren Schritten aktuell die Konsequenzen zu spüren. Mitarbeiter verlassen den Job für eine neue Stelle, die Homeoffice anbietet. 

Miese Stimmung und Kündigungen

Ein Schritt, den auch Angestellte von Schweizer Unternehmen in Betracht ziehen – oder schon vorgenommen haben. «Ich habe gekündigt und bin nun bei einem Arbeitgeber, der das Homeoffice weiterhin fördert», sagt etwa ein News-Scout, unter der Bedingung, anonym zu bleiben. Mit dieser Einstellung ist er nicht allein. Ein weiterer Leser berichtet von einer miesen Stimmung im Büro und mehreren Kündigungen, weil sein Arbeitgeber die Anzahl Homeoffice-Tage reduziert habe.

«Ohne Homeoffice fühlt sich altmodisch an»

Für junge Berufseinsteiger kann die Büropflicht gar eine gänzlich neue Erfahrung mit der Arbeitswelt darstellen. «Nach fast zwei Jahren im Homeoffice in der Lehre, war ich daran gewöhnt von zu Hause aus zu arbeiten und flexibel zu sein», so der News-Scout. «In dem Betrieb jetzt, wo es gar kein Homeoffice gibt, fühle ich mich recht altmodisch.» Er denkt, Unternehmen werden es schwer haben, ohne Homeoffice junge Leute für sich zu begeistern. «Ich finde, Homeoffice ist jetzt modern und sollte überall zumindest für ein bis zwei Tage pro Woche angeboten werden.» Auch die Begründung der Arbeitgeber mit einer höheren Effizienz sieht sie nicht ein. «Ich bin effizienter im Homeoffice, da ich nicht so viel mit meinen Arbeitskollegen schwätze. Und im Arbeitsumfeld spüre ich, keiner will ganz zurück ins Büro.»

Herausforderungen nicht für alle reizvoll

Sulzer äussert sich währenddessen auf Anfrage nicht dazu, ob eine Kündigungswelle befürchtet wird. Stattdessen wird erneut erwähnt, dass physische Präsenz vor Ort die Zusammenarbeit und den Teamgeist stärken, und somit sowohl die persönliche Weiterentwicklung als auch das geschäftliche Wachstum positiv beeinflussen würden.

Effizienter im Homeoffice

Eine weitere Gruppe, die besonders unter der Umstellung leidet, sind Eltern: «Mit Homeoffice musste ich mich nicht abmelden, wenn mein Kind krank war, jetzt schon», so eine Mutter. Wie der Kurs bei den Mitarbeitenden aufgenommen wird, kommentiert, das Unternehmen ebenfalls nicht. Nur so viel: «Sulzer ist auf einem wichtigen und anspruchsvollen Weg zu einem starken Industrieunternehmen. Dieser Weg bringt Herausforderungen mit sich, die für viele Mitarbeitenden reizvoll sind, aber nicht für alle.»

Viele Unternehmen wollen Homeoffice beibehalten

 Wie wichtig die Option zum Homeoffice für Angestellte ist, bestätigen auch grosse Unternehmen wie die Zurich Versicherung, ABB, Baloise oder die Post auf Anfrage. «Es wird von den Mitarbeitenden auch sehr geschätzt – gar erwartet», so die Medienstelle der ABB. Allerdings verweisen etwa Coop oder die SBB darauf, dass bei vielen Stellen die Möglichkeit nicht bestehe, aufgrund der Art der Arbeit. Bei denjenigen, bei denen Homeoffice aber möglich ist, wollen die meisten Unternehmen das bisherige Modell beibehalten.
 

Das sagt der Arbeitgeberverband

 Der Schweizerische Arbeitgeberverband geht auf Anfrage davon aus, dass die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, von den Arbeitnehmenden auch künftig in Anspruch genommen wird. «Das Homeoffice und generell flexible Arbeitszeitmodelle haben sich etabliert», so Jonas Lehner von der Kommunikationsabteilung. Die Arbeitgeber seien in diesem Rahmen gewillt, Lösungen zu finden, die sowohl für die Arbeitnehmenden als auch für die Unternehmen interessant sind. «Gerade auch angesichts des Arbeitskräftemangels gehören solche flexiblen Lösungen zu einem attraktiven Arbeitgeber.» Doch: «Es besteht keinerlei Anspruch auf Homeoffice vonseiten der Arbeitnehmenden», so der Arbeitgeberverband. Die betrieblichen Regelungen zur Homeoffice-Auslegung seien zudem jederzeit umkehrbar.
 
Weiterlesen - ein Beitrag von Jan Janssen erschienen am 01.10.2024 auf 20min.ch

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