Das Neuenburger Kantonsgericht entscheidet zugunsten von Pro Familia Direktor in Sachen Erziehungsgutschriften.
Erziehungsgutschriften müssen vollständig der Person angerechnet werden, die ihr Arbeitspensum gesenkt hat, um sich um die Kinder zu kümmern. Dies hat das Neuenburger Kantonsgericht entschieden. Es gab damit einer Beschwerde des Direktors von Pro Familia statt.
Das Gesetz über die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHVG) sieht vor, dass die Erziehungsgutschriften zwischen den Ehepartnern halbiert werden, sobald einer von ihnen in Rente geht. Gemäss AHVG fliessen sie damit nur zur Hälfte in die Berechnung der AHV-Rente derjenigen Person ein, die das Rentenalter bereits erreicht hat.
Der Direktor von Pro Familia Schweiz, Philippe Gnaegi, legte persönlich Beschwerde gegen eine Entscheidung der Ausgleichskasse ein, die diese Bestimmung anwandte. Er war der Ansicht, dass eine Aufteilung der Erziehungsgutschriften zu je 50 Prozent diskriminierend sei. Und ein faktisches Ungleichgewicht darstelle.
Gnaegis Kampf für Gleichstellung
Dies deshalb, da nur seine Ehefrau einen finanziellen Verlust erlitt, indem sie ihr Arbeitspensum reduzierte, um sich um die Kinder zu kümmern. Während er weiterhin zu 100 Prozent erwerbstätig blieb. Daher wollte der Beschwerdeführer, dass die Erziehungsgutschriften bis zu seinem gesetzlichen Rentenalter vollumfänglich seiner Frau angerechnet werden.
Das Neuenburger Kantonsgericht gab Gnaegi recht. Es entschied, dass seiner Frau die gesamten Gutschriften bis zum Rentenalter beider Elternteile gewährt werden müssen, wie aus dem Urteil vom 27. Juni 2024 hervorgeht, das der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt. Pro Familia Schweiz begrüsste das Urteil und sprach von einem wichtigen Schritt in Richtung Gleichstellung.
Der Entscheid sei wegweisend und werde die Überprüfung zahlreicher Altersrenten in der Schweiz nach sich ziehen, schrieb der Dachverband der Familienorganisationen in einer Mitteilung vom Mittwoch. Dies hätte zur Folge, dass viele Frauen – und auch Männer – in der Schweiz, die ihr Arbeitspensum für eine gewisse Zeit reduziert haben, um sich um ihre Kinder zu kümmern, «nicht mehr bestraft würden».
Das Gericht sei im vorliegenden Fall der Ansicht gewesen, dass die hälftige Aufteilung der Erziehungsgutschriften eine mutmassliche «indirekte Diskriminierung» von Frauen darstelle, die ihr Arbeitspensum reduzieren, um sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern.
Pro Familia verweist auch auf den statistischen Jahresbericht der AHV 2023. Dieser zeigt nach wie vor grosse Unterschiede bei den Renten von Ehepaaren mit Kindern auf. So beträgt bei verheirateten Personen, bei denen der andere Partner noch keinen Anspruch auf eine Rente hat und somit das Splitting seine Ausgleichswirkung noch nicht entfaltet hat, die durchschnittliche Rente der Frauen 1574 Franken. Während diejenige der Männer bei 2047 Franken liegt.
Weiterlesen - ein Betrag von Nau.ch erschienen am 28.08.2024