Das erste Kinderhospiz der Schweiz öffnete am 13. August 2024 in Bern seine Türen. Die Stiftung allani Kinderhospiz Bern bietet lebensverkürzend erkrankten Kindern und Jugendlichen (0-18 Jahre) sowie ihren Familien im Rahmen von zeitlich begrenzten Aufenthalten und in der letzten Lebensphase professionelle Hilfe und Pflege in einem liebevollen und achtsam geführten Zuhause auf Zeit.
Am 13. August 2024, war es so weit: Die Siftung allani Kinderhospiz Bern öffnete im Westen von Bern das erste Kinderhospiz der Schweiz. Lebensverkürzend erkrankte Kinder, ihre Geschwister und ihre Eltern werden im Kinderhospiz ein Zuhause auf Zeit finden, in dem für die Betreuung und Pflege der Kinder gesorgt ist und die Familie psychisch und physisch entlastet wird. Bislang fehlte in der Schweiz dieses stationäre Angebot der Palliative Care für betroffene Kinder, ihre Eltern und Geschwister.
Allani schliesst eine Versorgungslücke
Mit seinem Angebot schliesst das allani Kinderhospiz eine Versorgungslücke im Schweizer Gesundheitssystem: Es verbindet die Geborgenheit eines Zuhauses mit der Sicherheit einer stationären Einrichtung. Damit ist es der bisher fehlende Ort zwischen akutmedizinischer Betreuung im Spital und der Kinderspitex, die zu Hause hilft. Nebst der Kurzzeitpflege (Respite Care) bietet allani auch Pflegeplätze im Bereich der End-of-life-Care: Lebensverkürzend erkrankte Kinder können im Kinderhospiz ihre letzte Lebensphase geborgen, sicher und professionell betreut verbringen und dort auch sterben.
Allani bietet Platz für bis zu acht Kinder und ihre Familien. Der Betrieb wird rund um die Uhr und grundsätzlich an 365 Tagen pro Jahr sichergestellt. Ein interdisziplinäres und erfahrenes Palliative-Care-Team sorgt für die anspruchsvolle Betreuung und Pflege der Kinder. Zum Team gehören ausserdem Physio- und Ergotherapeut:innen sowie Fachpersonen im Bereich Hauswirtschaft und Facility Management. Unterstützt wird das Kernteam durch zahlreiche Freiwillige, ohne die der Betrieb nicht zu stemmen wäre. Allani steht darüber hinaus in partnerschaftlichem Austausch mit Spitälern und Spitexorganisationen und ist im Netzwerk der pädiatrischen Palliative Care gut verankert.
Ein Meilenstein für die Schweiz
Die Macherinnen und Macher des allani Kinderhospizes Bern, 2016 als Verein gegründet und 2022 in die Stitfung überführt, haben wahre Pionierarbeit geleistet. «Es ist ein grosser Traum, der für die vielen involvierten Personen und die betroffenen Familien mit der Eröffnung des allani Kinderhospizes in Erfüllung geht», fasst Stifungsrat Patrick Schafer zusammen. «Es ist für viele ebenfalls ein Zeichen dafür, dass durch Solidarität, Hartnäckigkeit und gemeinsames ‘Dranbleiben’ Grosses entstehen kann», so Schafer. Acht Jahre hat es gedauert, bis aus einer Vision nun Realität geworden ist. Umso grösser ist die Freude bei Geschäftsführer André Glauser und dem ganzen allani-Team: «Wir freuen uns, dass wir nun von der Planungs- in die Betriebsphase wechseln und die ersten Familien willkommen heissen dürfen.»
Professionelle Pflege kombiniert mit dem Gefühl, zuhause zu sein
Der Ort, an dem die Kinder und ihre Familien künftig ein schönes Zuhause auf Zeit finden, ist ein ehemaliges Bauernhaus im Weiler Riedbach bei Bern. Das Bauernhaus und das angrenzende Stöckli sind seit Dezember 2022 unter denkmalpflegerischen Vorgaben umgebaut und auf die pflegerischen, sozialen sowie emotionalen Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien ausgerichtet worden. Entstanden sind im Bauernhaus vier Pflege- und vier Familienzimmer, in denen rund um die Uhr eine kompetente pädiatrische Betreuung gewährleistet werden kann. Für die Eltern und Geschwisterkinder stehen im umgebauten Stöckli zusätzlich vier Schlafzimmer zur Verfügung. Eine grosszügige Wohnküche, ein behaglicher Ess- und Wohnbereich, mehrere kleine Rückzugsorte, ein Spielzimmer, ein Therapiezimmer, mehrere Nasszellen und ein weitläufiger Garten ergänzen das Angebot und sollen den Kindern und ihren Familien das Gefühl geben, zuhause zu sein. Ein «Raum der Stille» bietet zudem Platz und Raum für Besinnlichkeit, Rituale und Trauer.
Ein Ort, der in schwierigen Lebensphasen entlasten kann
Als eine der ersten Familien wird die Familie Rindisbacher ins frisch eröffnete Kinderhospiz einziehen. Die neunjährige Xenia leidet an einem sehr seltenen Gendefekt. Da sie nicht laufen, nicht sprechen und nicht selbständig essen und trinken kann, benötigt sie rund um die Uhr Betreuung. Niemand weiss, wie viel Xenia von ihrer Umgebung wahrnimmt, auch nicht, wie der Krankheitsverlauf aussieht und wie hoch die Lebenserwartung ist. Xenias Eltern, Oxana und Urs Rindisbacher, haben gelernt, mit der belastenden Ungewissheit umzugehen. Und doch stossen sie in ihrem Alltag immer wieder an ihre Grenzen – insbesondere nach Spitalaufenthalten. Xenia musste sich vor Kurzem einer Operation unterziehen, was für die Eltern eine enorme Belastung bedeutet, da sie neben den bisherigen Betreuungsaufgaben zusätzlich eine postoperative Pflege sicherstellen müssen. War die Betreuung zu Hause vorübergehend nicht möglich, blieb bisher nur die Lösung eines Pflegeheims, wo allerdings kein Familienleben stattfinden konnte. «Es ist schön zu wissen, dass wir mit allani nun einen Ort haben, der uns in schwierigen Lebensphasen entlasten kann», beschreibt es Oxana Rindisbacher.
Politischer Rückhalt fehlt – gesellschaftlich oftmals tabuisiert
Die Geschichte von Rindisbachers ist kein Einzelfall: In der Schweiz leben bis zu 10‘000 Kinder mit lebensverkürzenden Krankheiten, viele Familien warten auf das Angebot eines Kinderhospizes. Dennoch sind Hospize in der Schweiz – anders als in den meisten anderen europäischen Ländern – gesetzlich nicht verankert, sprich die Kantone haben keinen Auftrag, entsprechende Angebote bereitzustellen oder finanzielle Beiträge zu leisten. Mangels öffentlicher Gelder musste denn auch das Projekt der Stiftung allani Kinderhospiz bis zur Realisierung zu 100 Prozent über Spenden finanziert werden. Und auch im künftigen Betrieb kann nur ein Teil der Betriebskosten über die IV und Krankenkassen abgerechnet werden, weshalb sich allani bis auf Weiteres primär über Spenden finanzieren muss. «Wir hoffen und sind darauf angewiesen, in Zukunft Gelder der öffentlichen Hand zu erhalten», gibt Patrick Schafer seiner Hoffnung Ausdruck. Die pädiatrische Palliative Care widmet sich Themen und Menschen, «die gesellschaftlich und politisch tabuisiert sind und oft zu kurz kommen», so Schafer. Umso wichtiger seien die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Aufklärungsarbeit. Mit ihrem Pionierprojekt will die Stiftung allani Kinderhospiz Bern auch in diesem Bereich Wirkung entfalten: zu mehr Sichtbarkeit der pädiatrischen Palliative Care und zu mehr gesellschaftlicher Akzeptanz.
Medienmitteilung allani Kinderhospiz