Weniger Prämienverbilligung für Mittelschicht
Im Vorfeld dazu legt SGB-Zentralsekretär Reto Wyss (38) den Finger auf einen wunden Punkt: «Während die Prämienlast für die Bevölkerung steigt, ziehen sich die Kantone zunehmend aus der Verantwortung», moniert er. Während der Bund 7,5 Prozent der Grundversicherungskosten für die individuelle Prämienverbilligung übernimmt, sind die Kantone im Einsatz der finanziellen Mittel frei. «Berücksichtigt man das Prämien- und Bevölkerungswachstum, haben 17 Kantone ihre Mittel für Prämienverbilligungen gekürzt.» Besonders betroffen davon sei der Mittelstand, so Wyss. Einen Grund sieht er darin, dass viele Kantone die Prämienverbilligung auch für die Prämienzahlung im Bereich der Ergänzungsleistungen (EL) und Sozialhilfe einsetzen. Von 5,4 Milliarden Franken, die von Bund und Kantonen 2022 für die Prämienverbilligung flossen, wurden rund 2,9 Milliarden für EL und Sozialhilfe eingesetzt. Dass manche Kantone auch Bundesgelder für diese zwei Bereiche einsetzen, ist juristisch umstritten, wie ein früheres Gutachten des Staatsrechtlers Thomas Gächter zeigt. «In 18 Kantonen werden auch Bundesgelder für diese Bereiche verwendet, was einer Zweckentfremdung gleichkommt», kommentiert Wyss.
Entwicklung akzentuiert sich
Das ist den Gewerkschaften ein Dorn im Auge, steht damit für die individuelle Prämienverbilligung für Haushalte, die nicht Sozialhilfe oder EL beziehen, doch weniger Geld zur Verfügung. «Im Jahr 2000 flossen rund zwei Drittel der Gelder in diesen Bereich, 2022 waren es nur noch 46 Prozent», rechnet Wyss vor. Die Bezügerquote ausserhalb EL und Sozialhilfe sei innerhalb von zehn Jahren von 21,4 auf 17,8 Prozent gesunken. Bei einem Ja müssten Bund und Kantone deutlich mehr Geld in die Prämienverbilligung investieren. «Die Prämienverbilligung würde dahin fliessen, wo sie hingehört», so Wyss. «Insbesondere zu Familien mit unteren und mittleren Einkommen.»
Weiterlesen - ein Beitrag von Ruedi Studer erschienen am 26.04.2024 auf blick.ch