Schweizer Familien haben immer weniger Geld zur Verfügung. Die Kosten steigen, während die Löhne stagnieren. «Längst müssen nicht nur Geringverdienende, sondern auch die Mittelschicht ihren Alltag anpassen», sagt Phillippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz. Eine von ihm geleitete Studie belegt diese Aussage nun mit Zahlen. Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihr Einkommen nicht oder nur knapp zum Leben reicht. Sparen ist für beinahe ein Drittel kein Thema. «Muss ein Kind unvorhergesehen zum Zahnarzt, kann schnell einmal die Rechnung nicht bezahlt werden», sagt Gnaegi. Es droht die Schuldenfalle. Den Familien bereiten besonders die höheren Preise, die Inflation und steigende Krankenkassenprämien Kopfzerbrechen. In den Hintergrund geraten sind dagegen die Themen Klimawandel und Umweltschutz sowie die Energieversorgung.
Familien verzichten auf weitere Kinder
Um diesen finanziellen Engpässen entgegenzuwirken, denkt knapp die Hälfte der Familien darüber nach, ihr Arbeitspensum zu erhöhen. Und sie machen vor allem Abstriche bei Ferien, Restaurantbesuchen und Freizeitaktivitäten wie Kino und Museum (siehe Grafik unten). Oder sie verzichten sogar auf ein weiteres Kind. 15 Prozent der Befragten geben die Kosten als Hauptgrund an, keine weiteren Kinder zu haben. Für 26 Prozent sind die Kosten zumindest einer von mehreren Gründen.In diesem Sinne würden mehr finanzielle Ressourcen das Familienleben der meisten Befragten verbessern – vor allem für Alleinerziehende und Haushalte mit nur einem Einkommen. Die Antwort liegt mit deutlichem Abstand vor mehr Freizeit, weniger Stress, weniger Arbeitszeit, mehr Zeit für die Kinder und einer besseren Beziehung zum Partner oder der Partnerin.
Homeoffice erleichtert Vereinbarkeit von Familie und Beruf
In die Zukunft blicken die Befragten eher pessimistisch. 79 Prozent erwarten eine Verschlechterung der Situation für Familien im Allgemeinen. 43 Prozent fühlen sich im Fall eines Jobverlusts nicht ausreichend abgesichert. Auch die Caritas macht sich Sorgen. «1,25 Millionen Menschen in der Schweiz sind armutsgefährdet. Damit diese Zahl abnimmt, müssten nicht nur die Löhne, sondern auch die Prämienverbilligungen nach oben angepasst werden», sagt Niels Jost. Es gibt aber auch versöhnliche Ergebnisse. 65 Prozent sind zufrieden mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Zufriedenheit nimmt mit höherem Einkommen tendenziell zu und ist bei Familien mit Kleinkindern zwischen null und drei Jahren durchschnittlich niedriger. Die Möglichkeiten, Arbeitszeiten flexibel einzuteilen und aus dem Homeoffice zu arbeiten, tragen am meisten dazu bei, dass sich Familie und Beruf vereinbaren lassen.