«Wenn die Arbeit um sieben Uhr aufgenommen wird, darf ab 21 Uhr nicht mehr gearbeitet werden. Einem Arbeitnehmenden, der um 18 Uhr sein Kind in der Krippe abholt, ist es daher nicht erlaubt, am Abend, nachdem das Kind ins Bett gegangen ist, beispielsweise noch dringende E-Mails abzuarbeiten», argumentierte Burkhart damals. Damit erschwere das geltende Recht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für Menschen, die ihre Arbeitszeiten selber festsetzen können, wollen die Liberalen deshalb den täglichen Arbeitszeitrahmen auf 17 Stunden ausbauen. Konkret: Bis um Mitternacht solle die Person arbeiten dürfen – auch wenn sie gleichentags schon um sieben Uhr angefangen hatte. Und eben auch der Sonntag soll als Ausweichmöglichkeit vereinfacht werden.
«Wenn jemand im Homeoffice arbeitet und es der Beruf zulässt, soll es aber ein persönlicher Entscheid sein, wann die Arbeit erledigt wird», führt FDP-Nationalrat und WAK-Mitglied Marcel Dobler aus. Die heutige Gesetzgebung sei hier nicht mehr zeitgemäss: «In der Praxis beachten bereits heute viele Arbeitnehmende diese Regelungen nicht und verstossen gegen das Arbeitsgesetz.» Der Arbeitgeberverband begrüsse den Schritt, heisst es. Die Linke sieht derweil einen überdimensionierten Angriff auf das Arbeitsrecht. Der arbeitsrechtliche Schutz zu Arbeitszeiten und im Homeoffice würde so praktisch abgeschafft, stellt sich der Gewerkschaftsbund (SGB) in einer Mitteilung gegen den «skandalösen Vorstoss». Und dies in Zeiten explodierender Zahlen von Arbeitnehmenden, die wegen Stress und Vermischung von Arbeit und Freizeit einen Burn-out erlitten. Und: «Der SGB wird solche Wild-West-Verhältnisse bekämpfen.» Statt Abbau brauche es einen besseren Schutz im Homeoffice und aller Arbeitnehmenden. Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne und aktueller Vertreter von Franziska Ryser in der WAK-N, ergänzt: «Leider haben die Befürworter der Initiative nicht im Ansatz aufgezeigt, wie sichergestellt werden kann, dass die Arbeitszeiten nur wirklich selbstbestimmt und nicht auf Druck des Arbeitgebers flexibilisiert werden.» Dauernde Erreichbarkeit stresse und sei schlecht für die Gesundheit und senke darum auch die Produktivität.
Freiheit für Arbeitnehmer oder für Arbeitgeber?
«Wir alle dürfen schon immer mehr arbeiten, als wir müssen», ordnet Arbeitspsychologin Gudela Grote von der ETH Zürich ein. Der Vorschlagstext wolle diese Freiheit allerdings festschreiben, was aber in Realität vor allem dazu führen würde, dass wir dann nicht mehr nur dürften, sondern auch müssten. Grote: «Es geht es also am Ende um die Freiheit der Unternehmen und nicht der Beschäftigten, erweiterte Arbeitszeiten zu fordern.»
Weiterlesen - ein Beitrag von Silvan Haenni und Daniel Trüssel erschienen am 14.02.2024 auf www.20min.ch