Eine neue Studie im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt (SKHG) beleuchtet die Situation von Kindern, die von Gewalt in der elterlichen Paarbeziehung betroffen sind. Konkrete Empfehlungen zeigen, wie bestehende Lücken bei den Unterstützungsangeboten geschlossen werden können und wie sich der Schutz betroffener Kinder in der Schweiz verbessern lässt.
Jährlich sind rund 27 000 Kinder in der Schweiz elterlicher Partnerschaftsgewalt ausgesetzt. Diese Kinder erleben Gewalt zwischen den Eltern mit und sind damit permanent einem Klima der Angst ausgesetzt. Das wirkt sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit, aber auch auf die schulische und soziale Entwicklung der Kinder aus. Die neue Studie «Unterstützungsangebote und Schutzmassnahmen für Kinder, die Gewalt in der elterlichen Paarbeziehung ausgesetzt sind» nimmt eine Bestandsaufnahme vor und formuliert Empfehlungen, um die Situation für betroffene Kinder in der Schweiz zu verbessern. Die Studie der Hochschule Luzern, der Universität Freiburg und der Haute Ecole et Ecole Supérieure de Travail Social wird vom EBG und von der SKHG herausgegeben.
Bestandsaufnahme zeigt Verbesserungspotenzial
Die Studie stellt fest, dass es in der Schweiz zwar verschiedene spezifische Kindesschutz- und psycho-soziale Unterstützungsangebote gibt, dass Betroffene aber nicht in allen Kantonen Zugang zu solchen Angeboten haben. Die Zusammenarbeit und Abläufe sind nicht einheitlich geregelt und die Finanzierung variiert von Kanton zu Kanton. Weiter zeigt die Studie, dass elterliche Partnerschaftsgewalt in Trennungs-, Eheschutz- und Scheidungsverfahren nur teilweise und nicht systematisch abgeklärt wird. So wird auch bei Hinweisen auf Gewalt in der Regel die gemeinsame elterliche Sorge zugeteilt. Die Studie stellt zudem ein Verbesserungspotential bei der Zusammenarbeit zwischen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und Zivilgerichten fest.
Zugang zu Angeboten ermöglichen, relevante Berufsgruppen sensibilisieren
Basierend auf dieser Bestandsaufnahme formuliert die Studie 18 Standards und führt zehn Good-Practice-Beispiele auf. Diese zeigen, wie eine zeitnahe Kontaktaufnahme ausgestaltet werden kann und wie betroffene Kinder psycho-sozial unterstützt werden können. Die Beispiele sollen als Grundlage für die Entwicklung entsprechender Angebote in den Kantonen dienen. Die Studie empfiehlt, die relevanten Berufsgruppen - zum Beispiel Richter/-innen, Anwält/-innen und Behördenvertreter/-innen - bezüglich der Auswirkungen von elterlicher Partnerschaftsgewalt auf Kinder aus- und weiterzubilden. Zudem sollen Richtlinien zu systematischen Abklärungen von elterlicher Partnerschaftsgewalt in Trennungs- und Scheidungsverfahren eingeführt und die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen soll verbessert werden.
Kontinuierliches Engagement gegen Gewalt
Der Bundesrat betont, dass sämtliche Formen von Gewalt mit dem Kindswohl nicht vereinbar sind. Die Bekämpfung und die Verhütung von häuslicher Gewalt sind für ihn prioritär. Die vorliegende Studie ist eine Massnahme des Nationalen Aktionsplan der Schweiz zur Umsetzung der Istanbul-Konvention 2022-2026 (NAP IK), die der Bundesrat 2022 verabschiedet hat. Ziel des NAP IK ist es, mit 44 konkreten Massnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu reduzieren und die persönliche Sicherheit der Bevölkerung zu erhöhen.
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