Künftig sollen Verheiratete ihre Namen flexibler kombinieren können. Und auch Kinder sollen beide Familiennamen ihrer Eltern bekommen, wenn diese das wünschen. An einer entsprechenden Revision des Namensrechts arbeitet das Parlament. Roland Peterhans, Präsident schweizerischer Verband für Zivilstandswesen und Fachexperte beim Zivilstandsamt der Stadt Zürich, befürwortet die Revision. In acht von zehn Fällen bekämen die Kinder heute den Namen des Vaters, sagt Peterhans. Oft gebe es dabei Verlierer, oder eben Verliererinnen. Beide Eltern sollen den Kindern ihre Namen weitergeben können.
Herr Peterhans, seit 2013 können Paare entscheiden, ob das Kind wie der Vater oder wie die Mutter heisst. Wie oft bekommen Kinder den Namen der Mutter?
Bei denen, die heiraten, nehmen 75 Prozent der Frauen den Namen des Ehepartners an. Bei ihnen ist es klar, dass das Kind den gleichen Namen haben wird. Bei denen, die trotz Heirat unterschiedlich heissen und bei den Unverheirateten wählen die Paare aber überwiegend oft den Namen des Vaters für das Kind. Wir führen keine Statistik, aber ich schätze, dass in acht von zehn Fällen das Kind den Namen des Vaters bekommt. Für Männer ist das meistens viel wichtiger als für Frauen. Für die Frauen ist das in der Regel in Ordnung.
Sie sagen «in der Regel» – kommt es auch vor, dass Paare vor dem Zivilstandsbeamten streiten?
Das gibt es sehr selten. Einmal habe ich ein Paar wieder nach Hause geschickt, weil sie sich nicht einigen konnten, wie das Kind heissen soll. In so einer Situation rate ich den Betroffenen, gar nichts zu machen. Doch sie haben sich dann in eine Ecke im Stadthaus zurückgezogen und sind nach einer halben Stunde wieder gekommen. Sie haben sich darauf geeinigt, dass das Kind wie der Vater heissen soll.
Merken Sie bei manchen Paaren, dass jemand nachgegeben hat und vielleicht frustriert ist?
Es gibt schon die Fälle, in denen zwei-, dreimal hin- und herdiskutiert wird. Aber in der Regel haben sich die Paare vorher geeinigt und es ist für beide okay. Ein klassischer Ablauf ist etwa so: Ich frage, welchen Namen die Eltern für sich selber und für das Kind wollen. Dann schaut der Mann die Frau an, das bedeutet, sie haben das besprochen. Dann sagt die Frau, sie nehme den Namen ihres Mannes an und das Kind solle auch so heissen. An der Art, wie sie das sagt, merkt man, wie glücklich sie damit ist. Es ist schon so, dass es in dieser Frage häufig einen Verlierer gibt, oder eben eine Verliererin. Das ist schade. Deshalb setzen wir uns als Verband dafür ein, dass Kinder künftig einen Doppelnamen haben können.
Warum ist es den Vätern so wichtig, dass die Kinder gleich heissen wie sie?
Das hat mit Traditionen zu tun. Bis 1987 mussten Frauen bei der Heirat den Namen des Mannes annehmen und die Kinder hiessen automatisch wie der Vater. Es hat für den Mann auch mit dem Thema Stammhalter zu tun, der Familienname soll nicht aussterben.
Haben Sie den Eindruck, dass Männer, die ihren Namen dem Kind weitergeben wollen, generell älter oder konservativer sind?
Nein. Dieser Wunsch zieht sich durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten und hat meiner Meinung nach auch nichts mit politischen Ansichten zu tun. Auch nicht mit dem gelebten Familienmodell. Dieser Wunsch der Väter, ihren Namen weiterzugeben, ist auch bei Verheirateten wie bei Unverheirateten gleichermassen vorhanden.
Gibt es Fälle, in denen Sie den Namen des Vaters hässlich oder seltsam finden, und dennoch bekommt das Kind diesen Namen?
Ich habe tatsächlich auch schon Fälle gehabt, in denen ich persönlich eher den Namen der Mutter gewählt hätte für das Kind, während sich die Eltern für den Namen des Vaters entschieden haben. Es gibt aber auch Eltern, die gezielt den schöneren oder geläufigeren Namen wählen.
Neues Namensrecht -Doppelnamen auch für die Kinder
Das heutige Namensrecht ist erst seit zehn Jahren in Kraft. Doch das Parlament will bereits eine neue Reform. Die Rechtskommission des Nationalrats hat eine Vorlage verabschiedet, mit der die 2013 abgeschafften Doppelnamen ohne Bindestrich wieder eingeführt werden. Diesmal jedoch flexibler, die Ehegatten sollen die beiden Namen individuell und in unterschiedlicher Reihenfolge kombinieren können, mit oder ohne Bindestrich. Neu sollen auch Kinder einen Doppelnamen tragen können, der sich aus den Namen der Eltern zusammensetzt, wenn diese das wünschen. Dies begrüsst der Verband Schweizerischer Zivilstandsämter, wie Präsident Roland Peterhans im Interview mit 20 Minuten sagt. Die Liberalisierung trage der gleichberechtigten Realität von Vätern und Müttern Rechnung. Bei Uneinigkeit zwischen den Eltern soll die Kesb vermitteln und nötigenfalls entscheiden, wobei sie in der Regel auf einen Doppelnamen abstellen dürfte, bei dem der Name der Mutter vorangestellt wird. Während einer Übergangsphase sollen Paare und ihre Kinder unkompliziert nachträglich zu einem Doppelnamen kommen, durch eine einfache Erklärung soll das möglich sein, wenn es nach dem Willen der Rechtskommission geht. (blu)
Weiterlesen - ein Beitrag von Claudia Blumer erschienen am 09.01.2024 auf www.20min.ch