Im Jahr 2022 haben in der Schweiz 256 800 Personen mindestens einmal eine finanzielle Leistung der wirtschaftlichen Sozialhilfe erhalten. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt die Sozialhilfequote damit um 0,2 Prozentpunkte auf 2,9%. Seit der Einführung der Sozialhilfestatistik im Jahr 2005 erreichte die Sozialhilfequote nur im Jahr 2008 dieses Niveau. Dieser Rückgang geht einher mit erneut rückgängigen Zahlen von neu eröffneten Sozialhilfedossiers bei einer gleichzeitigen Zunahme der abgeschlossenen Sozialhilfebezüge. Dies sind einige Ergebnisse der Sozialhilfestatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS).
2022 waren 8300 Personen weniger auf Sozialhilfe angewiesen als noch im Vorjahr, was einer Abnahme von 3,1% entspricht. Diese wirkte sich auf die Sozialhilfequote aus, also den Anteil aller sozialhilfebeziehenden Personen an der ständigen Wohnbevölkerung: sie sank auf 2,9%. Befürchtungen, dass sich als Spätfolge der Covid-19-Pandemie insbesondere die Arbeitslosigkeit negativ auf die Sozialhilfe auswirken könnte, bestätigten sich weiterhin nicht.
Zum einen haben die Massnahmen des Bundes und der Kantone zur Eindämmung der sozialen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, die bis Ende 2021 in Kraft waren, nachhaltig zu dieser Entwicklung beigetragen.
Zum anderen wirkte sich das anhaltende Wirtschaftswachstum und die günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt positiv auf die Sozialhilfe aus. Im Vergleich zum Vorjahr sank im Jahr 2022 die Anzahl neu eröffneter Sozialhilfedossiers um 5,9% und die Anzahl abgeschlossener Sozialhilfedossier nahm um 0,9% zu. Der Rückgang der Sozialhilfequote ist in allen Risikogruppen festzustellen. Weiterhin weisen Minderjährige (4,8%), Ausländerinnen und Ausländer (5,9%) sowie Geschiedene (4,5%) die höchsten Sozialhilfequoten aus. Gerade in diesen Risikogruppen war jedoch der Rückgang der Sozialhilfequote tendenziell am stärksten ausgeprägt (mindestens -0,2%-Punkte).
Sozialhilfequote nimmt in 14 Kantonen ab
Im Vergleich zum Vorjahr sank die Sozialhilfequote in 14 Kantonen, in zehn Kantonen blieb sie unverändert und in zwei Kantonen nahm sie zu. In diesen beiden Kantonen stieg, anders als in Kantonen mit einer abnehmenden oder stagnierenden Quote, 2022 die Anzahl Neueintritte in die Sozialhilfe. Die Entwicklung auf der Ebene Schweiz war geprägt von den sinkenden Quoten in den bevölkerungsreichen Kantonen Zürich und Bern (-0,2%-Punkte) sowie der deutlichen Abnahme in den Kantonen Basel-Stadt (-0,4%-Punkte) und Neuchâtel (-0,3%-Punkte).
67 000 Personen mit Schutzstatus S bezogen Sozialhilfe
Insgesamt bezogen im Jahr 2022 66 700 Personen mit Schutzstatus S Sozialhilfe. Davon waren 21 400 Personen minderjährig. Von den 45 300 volljährigen Personen waren 72,8% weiblich, knapp die Hälfte war zwischen 26- und 45-jährig und ebenfalls knapp die Hälfte war verheiratet (inkl. eingetragene Partnerschaften). Unter den volljährigen Leistungsbeziehenden mit dem Schutzstatus S waren rund 13% (5800 Personen) 65-jährig oder älter. Da sie kein Anrecht auf eine AHV-Rente oder auf Ergänzungsleistungen haben, sind sie im Vergleich zur wirtschaftlichen Sozialhilfe stark übervertreten; dort lag der entsprechende Anteil bei 1,7%. Setzt man die Anzahl Sozialhilfebeziehender mit Schutzstatus S in Bezug zu allen Personen mit diesem Status, so resultiert ein Anteil von 89,0% Schutzsuchender, die mindestens einmal im Jahr 2022 eine Leistung der Sozialhilfe in Anspruch genommen haben.
Der Schutzstatus S ermöglicht es der Schweiz einer bestimmten Personengruppe unter besonderen Umständen schnell Schutz zu gewähren. Dieser Status wurde am 11. März 2022 zum ersten Mal für Personen aus der Ukraine aktiviert. Personen mit Schutzstatus S haben Anrecht auf Sozialhilfeleistungen.
Zunahme der Asylgesuche sowie der unterstützten Personen im Asylbereich
Im Jahr 2022 ist die Anzahl eingereichter Asylgesuche (ohne Schutzstatus S) in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (24 500, +64,2%). Aufgrund dieser Zunahme ist die Anzahl der von der Sozialhilfe unterstützten Personen im Asylbereich ebenfalls gestiegen um 6,1% auf 32 100. Im Flüchtlingsbereich nahm die Anzahl Sozialhilfebeziehender um -2,8% auf rund 22 500 Personen ab.
Ausschlaggebend dafür ist, dass viele Personen aus personenreichen Kohorten von Asylsuchenden der Jahre 2014 bis 2016 als Flüchtlinge anerkannt wurden und im Jahr 2022 Aufenthaltsdauern von fünf respektive sieben Jahren und mehr aufwiesen. Ab diesem Zeitpunkt befinden sie sich in der finanziellen Zuständigkeit der Kantone respektive Gemeinden und werden in der Statistik der wirtschaftlichen Sozialhilfe ausgewiesen. Der Anteil Ausländer und Ausländerinnen in der wirtschaftlichen Sozialhilfe mit einem Asylhintergrund (vorläufig Aufgenommene sowie Flüchtlinge mit Asyl mit mehr als 7 bzw. 5 Jahren Aufenthalt) nahm durch diese Entwicklung zu und lag im Jahr 2022 bei 26,9% (35 500 Personen, Anteil 2019: 17,7%).
Ablösungen aus der Sozialhilfe in einer Längsschnittoptik
Vor dem Hintergrund dieser Verschiebungen stellt sich die Frage nach den längerfristigen Ablösungsprozessen aus der Sozialhilfe. Längsschnittanalysen zeigen, dass in der Kohorte der neuen Asylsuchenden aus dem Jahr 2016 der Anteil Sozialhilfebeziehender im Jahr nach der Einreise bei rund 89,0% lag. Im Jahr 2022, das heisst nach sieben Jahren, lag die Bezugsquote für diese Kohorte bei 69,5%. Dies entspricht einer Differenz von rund 20 Prozentpunkten gegenüber der Situation ein Jahr nach der Einreise. Werden erwerbstätige Sozialhilfebeziehende bei der Berechnung der Bezugsquote ausgeklammert, lag diese im Jahr 2022 bei 42,0%. Das heisst, für rund 27% der unterstützten Personen in der Kohorte reichten sieben Jahre nach Einreise die erzielten Einkommen nicht aus, um den Lebensunterhalt zu sichern.
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