Hat man vergessen, dass die Familie, in ihrer Vielfalt, der Kitt unserer Gesellschaft ist? Dies war in allen Perioden der Geschichte und in allen Zivilisationen der Fall. Wir wünschen uns eine stärkere Förderung der Familienpolitik durch alle politischen Entscheidungsträger:innen von allen Parteien, denn die Werte der (Inter-)Solidarität und des Teilens werden innerhalb einer Familie sicherlich am besten verteidigt.
Im Frühjahr 2023 präsentierten Pro Familia Schweiz und Pax die Resultate des ersten Schweizer Familienbarometers. Im Rahmen dieser Umfrage wurden mehr als 2000 Familien aus allen Landesteilen zu aktuellen Themen rund um das Familienleben befragt. Im Folgenden präsentieren wir Ihnen die wichtigsten Ergebnisse.
1. Finanzen
Die Resultate zeigen, dass die Lebenswelt von Familien in der Schweiz stark von finanziellen Themen geprägt ist. Vor allem Krankenkassenprämien beschäftigen die Familien und die Situation ist heute mit der massiven Erhöhung der Prämien noch akuter geworden. Auch von der Politik wünschen sich Familien einen Fokus auf Themen, die zur Verbesserung ihrer finanziellen Situation beitragen. So zeigt sich ebenfalls: Mehr finanzielle Ressourcen werden mit Abstand als der wichtigste Hebel zur Verbesserung des Familienlebens erachtet. Im Detail zeigt das Schweizer Familienbarometer folgende Resultate:
Bei vier von zehn Familien (41 Prozent) reicht das Haushaltseinkommen nur knapp für das gemeinsame Familienleben, weitere 6 Prozent kommen mit ihrem Einkommen nicht über die Runden.
53 Prozent der Familien verzichteten aus Kostengründen schon einmal auf eine medizinische oder therapeutische Behandlung. Eine Minderheit fühlt sich finanziell ausreichend abgesichert.
2. Familienleben, Familien und Beruf
Mehr als drei Viertel der Familien in der Schweiz sind mit ihrem derzeitigen Familienleben zufrieden, aber mehr als zwei Drittel (68 Prozent) rechnen über die kommenden drei Jahre mit einer Verschlechterung.
Die Mehrheit der Familien in der Schweiz ist mit der Vereinbarkeit vom Berufs- und Familienleben und den von den Arbeitgebenden dafür ergriffenen Massnahmen zufrieden. Noch verbessern liesse sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem durch mehr Flexibilität bei der Einteilung der Arbeitszeit, der Nutzung von Homeoffice und der Möglichkeit von Teilzeitarbeit. Externe Kinderbetreuung liesse sich vor allem durch tiefere Kosten und weitere Plätze verbessern.
3. Vorsorge
Mit Blick auf die Vorsorge und finanzielle Absicherung zeigt sich, dass sich bei sämtlichen Risikoarten ein erheblicher Teil der Familien in der Schweiz unzureichend abgesichert fühlt.
4. Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub
Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub werden als zu kurz erachtet. Jeweils ungefähr zwei Drittel der Familien sind der Meinung, dass die Dauer des Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs zu kurz ist.
Die Ergebnisse des ersten Schweizer Familienbarometers liefern eine wertvolle Grundlage für familienpolitische Debatten und können helfen, die Rahmenbedingungen für Familien in der Schweiz auf verschiedenen Stufen zu stärken, besonders in Bezug auf die fehlenden Ressourcen von vielen Familien.
5. Bildung und Familie
Wie «Fokus Mein Kind» zeigt, hat jedes Kind ab der Geburt ein enormes Potenzial, welches gefördert werden muss. Zum Beispiel können alle kleinen Kinder, ohne viel Schwierigkeiten, zweisprachig werden, wenn z. B. die Eltern zwei verschiedene Sprachen sprechen oder wenn die Schule einen bilingualen Unterricht, wie im Kanton Neuenburg ab vier Jahren, einführt. In diesem Sinne ist auch die Frühförderung ein wichtiger Bestandteil der Familienpolitik, welche auf genügend Ressourcen angewiesen ist.
Text Dr. Philippe Gnaegi, Direktor Pro Familia Schweiz, Autor des Buches «Familienpolitik in der Schweiz», 2022, Schulthess Verlag
Weiterlesen - ein Beitrag von Smart Media Agency erschienen am 18.11.2023 auf Fokus Swiss Online