Minderjährig verheiratete Personen sollen besser geschützt werden. Die Regelungen im Zivilgesetzbuch (ZGB) sollen dahingehend verbessert werden, dass die Gerichte eine Ehe mit minderjährigen Personen über einen längeren Zeitraum für ungültig erklären können. Weiter will der Bundesrat den Schutz der Betroffenen mit spezifischen Regelungen im internationalen Privatrecht verstärken. Er hat an seiner Sitzung vom 23. August 2023 die Ergebnisse der Vernehmlassung zu den Gesetzesänderungen zur Kenntnis genommen und die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet.
Gestützt auf eine Evaluation hat der Bundesrat im Sommer 2021 Vorschläge für einen besseren Schutz von minderjährig verheirateten Personen in die Vernehmlassung geschickt. Die vorgeschlagenen Änderungen im ZGB betreffen die Ungültigkeit von Ehen mit minderjährigen Personen. Heute kann eine solche Ehe nicht mehr für ungültig erklärt werden, wenn die minderjährig verheiratete Person das 18. Lebensjahr vollendet hat und damit volljährig geworden ist. Damit Betroffene und Behörden mehr Zeit erhalten, soll eine Ehe künftig bis zum 25. Geburtstag für ungültig erklärt werden können. Dieser Aspekt wurde in der Vernehmlassung begrüsst.
Das geltende Recht sieht zudem vor, dass Ehen mit minderjährigen Personen in Ausnahmefällen aufrechterhalten werden können. Ist die Person zum Zeitpunkt der Prüfung noch minderjährig, soll dies allerdings nur dann möglich sein, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise im Interesse und zum Schutz der betroffenen Person als notwendig erachtet wird. An dieser Ausnahmeregelung im ZGB soll festgehalten werden. Auch dieser Punkt wurde in der Vernehmlassung von einer Mehrheit begrüsst. Ist die minderjährig verheiratete Person bereits volljährig, aber noch nicht 25 Jahre alt, soll sie die Möglichkeit haben, die Ehe fortzuführen - sofern ein Gericht zum Schluss kommt, dass dies ihrem freien Willen entspricht.
Ehen mit einem Kind und Sommerferienheiraten werden künftig in der Schweiz nicht anerkannt
In der Vernehmlassung wurde zudem angeregt, die Wirksamkeit der Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten weiter zu stärken und den Schutz der betroffenen Personen auch mit Regelungen im internationalen Privatrecht zu verbessern. Der Bundesrat hat die Regelungsmöglichkeiten im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass sich im IPRG für viele Fälle von Minderjährigenheiraten keine adäquate Lösung umsetzen lässt. Dies im Gegensatz zum ZGB, das bereits klare Regelungen bereithält und deshalb für die Betroffenen Rechtssicherheit bietet.
Der Bundesrat schlägt daher einzig für zwei Fallkonstellationen von Minderjährigenheiraten eine besondere Regelung im IPRG vor: Zum einen geht es um Ehen, in denen ein Ehegatte das 16. Altersjahr im Beurteilungszeitpunkt noch nicht vollendet hat. In diesen Fällen soll die Ehe generell nicht anerkannt werden. Zum andern sollen Minderjährigenheiraten in der Schweiz in Zukunft wirkungslos sein, wenn einer der Ehegatten im Zeitpunkt des Eheschlusses seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Diese Regelung zielt insbesondere darauf ab, sogenannte Sommerferienheiraten zu verhindern, bei denen in der Schweiz wohnhafte Minderjährige während den Ferien im Ausland verheiratet werden. Der Bundesrat betrachtet eine Nichtanerkennungsregel in diesen beiden Fällen als gerechtfertigt.
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