«Noch nie war der Nachholbedarf bei den Löhnen so gross wie dieses Jahr», sagt Urban Hodel, Co-Leiter Kommunikation beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). «Die Chance für kräftige Lohnerhöhungen war selten besser.» Um zu prüfen, ob dein Lohn fair ist, hat der Verband nun einen Lohnrechner lanciert.
So hilft der Lohnrechner bei Lohnverhandlungen
Der Lohnrechner sei der erste Schritt für Lohngespräche: Gebe es Nachholbedarf, könne man seine Lohnforderung zusätzlich mit den Zahlen des Lohnrechners begründen, so Hodel. Das helfe insbesondere Arbeitnehmenden in schlecht bezahlten Branchen, um eventuell einen Branchenwechsel ins Auge zu fassen.
Auch der Bund bietet Lohnrechner an
Lohnrechner bieten auch das Bundesamt für Statistik und das Staatssekretariat für Wirtschaft an. Sie basieren auf der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung für 2020, die auch der SGB als Datenbasis nutzt. Der SGB-Lohnrechner biete aber eine grössere Branchenauswahl und berücksichtige die jüngsten Lohnerhöhungen, sagt SGB-Ökonom David Gallusser.
Das ist beim SGB-Lohnrechner anders
Der Lohnrechner des SGB könne Branchen aufgliedern und zeige die Löhne genauer an. So könne eine Malerin zum Beispiel direkt nach ihrem Richtlohn suchen, anstatt bloss einen Durchschnittslohn für das ganze Ausbaugewerbe zu erhalten. Im Lohnrechner des SGB könne man zudem die erwartete Lohnerhöhung seit 2020 aufrechnen, sagt Gallusser. Der Rechner gebe so Auskunft über die jüngsten Lohnanpassungen in den einzelnen Branchen.
SGB erwartet Lohnerhöhungen
«Die Arbeitgeber beklagen Fachkräftemangel und werden gezwungen sein, die Löhne kräftig zu erhöhen», sagt Hodel vom Gewerkschaftsbund. Denn die Zahl der offenen Stellen sei besonders in Branchen mit (zu) tiefen Löhnen gestiegen, etwa in der Gastro, dem Detailhandel und bei Bauinstallationen.
Teuerung frisst Lohnerhöhung weg
Der SGB schlägt Alarm, weil die Löhne das dritte Jahr in Folge gesunken sind. Daniel Lampart, Chefökonom des Verbands, sieht die Schuld bei den Firmen: «Viele haben in den letzten Monaten die Gelegenheit genutzt und die Preise über die Kosten hinaus erhöht. Das ist Gewinnmaximierung zulasten der Arbeitnehmenden.» Der Arbeitgeberverband hält dagegen: Firmen könnten Preise nicht beliebig erhöhen, sagt Chefökonom Simon Wey. Laut ihm tragen viele die hohen Kosten wegen der Inflation selbst. «Wo eine Weitergabe der Kosten nicht möglich ist, sinken die Margen und letztlich auch die Aussichten auf höhere Löhne», sagt Wey.
Weiterlesen - ein Beitrag von Marcel Urech erschienen am 07.06.2023 auf www.20min.ch