Mit Teilzeit gegen den Fachkräftemangel im Baugewerbe

Das Maler- und Gipsergewerbe zeigt: Auch auf der Baustelle funktioniert Teilzeit. Diese Pensumsreduktion ist erwünscht.

Matthias Fröhlicher arbeitet 60 Prozent als Maler und verbringt zwei Tage pro Woche mit seiner 6-jährigen Tochter Malia. Als sie vier Jahre alt war, hat er für sich entschieden, sein Pensum zu reduzieren. «Als ich 100 Prozent gearbeitet habe, hatte ich eigentlich gar nichts von meinem Kind», sagt er rückblickend. Sein damaliger Chef hielt aber gar nichts von einer Teilzeitstelle und stellte ihn vor die Wahl: weiter Vollzeit arbeiten oder gehen. Matthias Fröhlicher reichte die Kündigung ein. Er hatte Glück und fand sofort eine neue Stelle. Rein organisatorisch sei Teilzeit auf der Baustelle kein Problem: «Ich teile mir die Baustellen mit einer anderen Teilzeit-Malerin. Immer dienstags übergeben wir einander die Arbeit», sagt Fröhlicher.

Teilzeitstellen während Projekt verdoppelt

Mit dem Wunsch, nicht fünf Tage die Woche zu arbeiten, steht Maler Fröhlicher nicht allein da. Das hat eine Umfrage in der Branche 2018 ergeben. 10 Prozent der 700 Befragten gaben an, sofort auf Teilzeit wechseln zu wollen, 37 Prozent sagten, sie wollten in den nächsten Jahren ihr Pensum reduzieren. Während der Projekt-Zeit von vier Jahren haben sich die Teilzeitstellen bei den Gipsern und Malerinnen verdoppelt – der Anteil liegt bei 8.2 Prozent. Vergleichbare Projekte gibt es aber keine in anderen Branchen des Baugewerbes. Doch Cristina Schaffner, Direktorin des Dachverbandes Bauenschweiz, ist überzeugt, dass die Betriebe am Thema Teilzeit dran sind – wegen des Fachkräftemangels: «Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute in ihrem Job bleiben. Da gibt es keine andere Chance, als solche Modelle anzuschauen.» Etwas weiter seien Branchen mit einem höheren Anteil an Büroarbeit im Bereich Planung, also zum Beispiel bei den Ingenieurinnen und Architekten.

Teilzeit fördert Gleichstellung

Für Arbeitnehmende wird es immer wichtiger, dass Teilzeitarbeit möglich ist. Doch noch immer arbeiten 80 Prozent der Väter Vollzeit, und über 60 Prozent der Mütter Teilzeit. Dabei sei die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, elementar für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt Hanna Jordi vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann. Doch viele Branchen berufen sich laut Jordi auf den Status Quo. «Es ist aber an der Wirtschaft, den Arbeitnehmenden Teilzeitstellen anzubieten», sagt Jordi. Einen wichtigen Schritt haben die Gipser und Malerinnen getan. Mit ihrem Projekt und der Verdoppelung der Teilzeitstellen haben sie Pionierarbeit geleistet und bewiesen, dass Teilzeit auch auf der Baustelle durchaus funktioniert.

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