Die Ehe für alle tritt in Kraft Das müssen homosexuelle Paare jetzt wissen

Ab Freitag, 1. Juli, gibt es in der Schweiz die Ehe für alle. Auch homosexuelle Paare können nun heiraten – mit allen Rechten und Pflichten, die auch heterosexuelle Ehepaare haben. Blick zeigt die wichtigsten Änderungen.

Endlich! Für viele Schwule und Lesben beginnt am 1. Juli ein neuer Lebensabschnitt: Nun dürfen auch sie heiraten und gelten vor dem Gesetz als Eheleute. Bisher konnten sie nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Die Ehe bedeutet auch zusätzliche Rechte und Pflichten. Das sind die wichtigsten Änderungen:

Unterschied bei Eingetragene Partnerschaft Ehe
Zivilstand In eingetragener Partnerschaft           Verheiratet
Ordentl. Güterstand Gütertrennung Errungenschaftsbeteiligung
Gemeinsame Adoption Verboten Erlaubt
Co-Elternschaft ab Geburt Nicht möglich Für Mutter und Co-Mutter
Witwen-/Witwerrenten               nur Witwerrente Für Frauen Witwenrente, für Männer Witwerrente
Einbürgerung Ordentlich Erleichtert

Zivilstand: Während bis jetzt im Pass «in eingetragener Partnerschaft» vermerkt wurde, steht nun «verheiratet». «Das kann insbesondere bei Reisen in weniger fortschrittliche Länder ein Vorteil sein», sagt Karin von Flüe (59). Die Rechtsanwältin arbeitet als Beraterin und Redaktorin beim «Beobachter» und hat gerade einen Leitfaden zur Ehe mit besonderer Berücksichtigung auf gleichgeschlechtliche Paare geschrieben. «Denn mit ‹eingetragene Partnerschaft› war auf den ersten Blick klar, dass man homosexuell ist.»

Güterstand: Bei eingetragenen Partnerschaften gilt Gütertrennung. Das heisst: Jeder hat sein Vermögen. Als Eheleute ist jetzt der normale Güterstand die Errungenschaftsbeteiligung. Was während der Dauer der Ehe aus Einkommen erspart wird, gehört beiden. «Bedeutsam wird das allerdings nur im Fall einer Scheidung», so von Flüe. «Dann wird aufgeteilt.» Sie rät: «Wer das nicht will, muss in einem Ehevertrag weiterhin die Gütertrennung festlegen.»

Adoption: Eheleute dürfen gemeinsam adoptieren – gelten dann also beide als Eltern. Bei eingetragenen Partnerschaften ist das nicht möglich. Für gleichgeschlechtliche Paare war bis anhin nur die Stiefkind-Adoption möglich.

Elternschaft: Bekommt das Ehepaar ein Kind, gelten lesbische Eheleute künftig beide als Eltern mit allen Rechten und Pflichten. Bei homosexuellen Männern ist das weiterhin nicht möglich, weil die Leihmutterschaft in der Schweiz verboten ist. Allerdings: Lässt ein Paar ein Kind im Ausland austragen, kann der nicht leibliche Vater dieses dann als Stiefkind adoptieren.

Witwenrente: Bislang erhielten Männer wie Frauen in eingetragener Partnerschaft nur eine Witwerrente, wenn der Partner oder die Partnerin verstarb. Auf diese hat nur Anspruch, wer Kinder unter 18 Jahren hat. Die Witwenrente hingegen erhalten heterosexuelle Ehefrauen, wenn sie Kinder – unabhängig vom Alter – haben oder älter als 45 Jahre und mindestens 5 Jahre verheiratet waren. Nun ändert sich das: Homosexuelle Ehepartnerinnen erhalten neu ebenfalls die grosszügigere Witwenrente. Schwule weiterhin nicht. «Hier besteht klar eine Diskriminierung von Männern – egal, welche sexuelle Orientierung sie haben», sagt von Flüe.

Einbürgerung: Wie bei heterosexuellen Ehepaaren kann sich der ausländische Lebenspartner jetzt erleichtert einbürgern lassen. Die erleichterte Einbürgerung ist in der Regel einfacher und günstiger als die ordentliche.

Die Ehe kostet 75 Franken

Und was, wenn ein Paar, das bisher in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, nun die Ehe eingehen will? «Man kann die Partnerschaft einfach in eine Ehe umschreiben lassen», sagt von Flüe. Dazu muss man sich beim Zivilstandsamt melden. Die Kosten für die Umschreibung betragen 75 Franken. Als verheiratet gilt man dann ab dem Tag der Umschreibung. «Wer aber eine Hochzeitszeremonie will, kann die ebenfalls nachholen und ganz einfach einen Termin auf dem Zivilstandsamt machen», so die Expertin.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 01.07.2022 auf www.blick.ch

 

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