Eine neue Erhebung bringt die weitverbreitete Annahme ins Wanken, Frauen würden vor allem wegen der Kinder Teilzeitjobs bevorzugen. Die alten Rollenbilder wirken nach.
Die Schweiz gehört zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Teilzeiterwerbstätigen. Es sind vor allem die Frauen, die Teilzeit arbeiten. Männer bevorzugen auch heute noch Vollzeitjobs, dieses Muster etabliert sich bereits früh im Berufsleben: Ein Viertel der Frauen ohne Kinder zwischen 25 und 29 arbeitet Teilzeit, bei den Männern ist es nur jeder Achte, wie eine neue Erhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt. «Frauen haben von Beginn weg weniger Interesse an einer Vollzeitstelle», sagt Ursina Kuhn, Forscherin am Schweizer Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften der Universität Lausanne. «Die jungen Frauen schauen schon bei der Berufswahl, ob Teilzeitarbeit möglich ist. Für die meisten Männer stelle sich hingegen die Frage gar nicht, ob sie mit reduziertem Pensum arbeiten sollten. «Sie arbeiten grundsätzlich Vollzeit. Auch heute noch reduziert nur eine Minderheit der Männer das Pensum, wenn sie Kinder haben.» Kuhn ist beteiligt am Schweizer Haushalts-Panel, einer wissenschaftlichen Langzeitstudie, die den sozialen Wandel und die Lebensbedingungen der Schweizer Bevölkerung erforscht. Frauen reagierten stark auf das familiäre Umfeld und richteten ihr Arbeitspensum darauf aus, sagt Kuhn. Dabei gäben nicht nur Kinder den Ausschlag für ein Teilzeitpensum. «Auch heute noch reduzieren manche Frauen ihr Pensum, wenn sie einen gut verdienenden Partner haben.» Kuhn erklärt sich dies damit, dass die traditionellen Rollenbilder auch bei der jungen Generation weiterhin verankert sind.
Frauen haben höhere Pensen als früher
«Frauen haben von Beginn weg weniger Interesse an einer Vollzeitstelle», sagt Ursina Kuhn, Forscherin am Schweizer Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften der Universität Lausanne. «Die jungen Frauen schauen schon bei der Berufswahl, ob Teilzeitarbeit möglich ist. Für die meisten Männer stelle sich hingegen die Frage gar nicht, ob sie mit reduziertem Pensum arbeiten sollten. «Sie arbeiten grundsätzlich Vollzeit. Auch heute noch reduziert nur eine Minderheit der Männer das Pensum, wenn sie Kinder haben.» Kuhn ist beteiligt am Schweizer Haushalts-Panel, einer wissenschaftlichen Langzeitstudie, die den sozialen Wandel und die Lebensbedingungen der Schweizer Bevölkerung erforscht. Frauen reagierten stark auf das familiäre Umfeld und richteten ihr Arbeitspensum darauf aus, sagt Kuhn. Dabei gäben nicht nur Kinder den Ausschlag für ein Teilzeitpensum. «Auch heute noch reduzieren manche Frauen ihr Pensum, wenn sie einen gut verdienenden Partner haben.» Kuhn erklärt sich dies damit, dass die traditionellen Rollenbilder auch bei der jungen Generation weiterhin verankert sind.
Frauen haben höhere Pensen als früher
Bei den 30- bis 49-Jährigen sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen noch deutlicher. Von den Frauen ohne Kinder arbeiten 43 Prozent Teilzeit, bei den Männern rund 15 Prozent. An dieser niedrigen Teilzeitquote der Männer ändert sich auch nichts, wenn sie Kinder haben. In diesem Fall arbeiten von den 30- und 49-jährigen Männern sogar nur 13 Prozent Teilzeit. Von den Frauen mit Kindern in dieser Altersgruppe haben hingegen 80 Prozent ein Teilzeitpensum. Das bedeute aber nicht, dass sich in den letzten Jahren nichts verändert habe, sagt Kuhn. Die Arbeitspensen der Frauen sind gestiegen, betragen heute 60 bis 80 Prozent, früher waren es meist Pensen von 30 oder 40 Prozent. Bei den Männern habe sich hingegen wenig verändert, stellt Kuhn fest. Selbst bei den Männern zwischen 30 und 50 mit Kindern stieg laut BFS der Anteil mit Teilzeitjobs in den letzten zehn Jahren nur unwesentlich von 8 auf 13 Prozent.
«Wenn eine Frau in der Schweiz 80 Prozent arbeitet, entspricht das in Frankreich fast einem Vollzeitpensum.»
Ursina Kuhn, Kompetenzzentrum für Sozialwissenschaften der Universität Lausanne
Dass auch viele kinderlose Frauen Teilzeit arbeiten, liegt laut Ursina Kuhn auch daran, dass in der Schweiz Teilzeitarbeit nicht schlechter entlöhnt wird als Vollzeitarbeit. Anders als in vielen Ländern gelte in der Schweiz für Teilzeitarbeit der gleiche Grundlohn wie für Vollzeitarbeit. Dies rechne sich insbesondere bei gut bezahlten Stellen für Hochqualifizierte. Dabei müsse aber auch berücksichtigt werden, dass die Wochenarbeitszeit in der Schweiz deutlich höher sei als etwa in Frankreich. «Wenn eine Frau in der Schweiz 80 Prozent arbeitet, entspricht das in Frankreich fast einem Vollzeitpensum.» Als weitere Gründe für die weit verbreitete Teilzeitarbeit nennt Kuhn die Berufsfelder, in denen Frauen arbeiten. Im Sozialbereich seien Teilzeitstellen fast schon die Norm – zum Teil auch, weil die Arbeit mit einem Vollzeitpensum als zu belastend empfunden werde. Tatsächlich verzeichnen Wirtschaftsbereiche, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, den höchsten Anteil an Teilzeitstellen. In den Bereichen Unterricht und Erziehung sowie Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten fast 60 Prozent der Angestellten Teilzeit.
Nur halb so hohe Renten wie Männer
Die Teilzeitarbeit hat jedoch Folgen für die Altersvorsorge der Frauen. Diese haben im Schnitt eine nur halb so hohe Pensionskassenrente wie Männer. Für SP und Gewerkschaften ist dies ein Grund, die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre abzulehnen. Frauen seien in der zweiten Säule benachteiligt, weil sie weniger verdienten als Männer und zur Kinderbetreuung häufig das Erwerbspensum reduzierten, sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Generell seien es die Frauen, die in der Gesellschaft den Hauptanteil der unbezahlten Arbeit übernähmen. Dass auch junge Frauen ohne Kinder öfter Teilzeit arbeiteten als Männer, liege daran, dass Frauen häufig in sozialen Berufen wie der Pflege arbeiteten, in denen Vollzeitpensen zu belastend seien.
Als weitere Gründe für die weit verbreitete Teilzeitarbeit nennt Kuhn die Berufsfelder, in denen Frauen arbeiten. Im Sozialbereich seien Teilzeitstellen fast schon die Norm – zum Teil auch, weil die Arbeit mit einem Vollzeitpensum als zu belastend empfunden werde. Tatsächlich verzeichnen Wirtschaftsbereiche, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten, den höchsten Anteil an Teilzeitstellen. In den Bereichen Unterricht und Erziehung sowie Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten fast 60 Prozent der Angestellten Teilzeit.
Nur halb so hohe Renten wie Männer
Die Teilzeitarbeit hat jedoch Folgen für die Altersvorsorge der Frauen. Diese haben im Schnitt eine nur halb so hohe Pensionskassenrente wie Männer. Für SP und Gewerkschaften ist dies ein Grund, die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre abzulehnen. Frauen seien in der zweiten Säule benachteiligt, weil sie weniger verdienten als Männer und zur Kinderbetreuung häufig das Erwerbspensum reduzierten, sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Generell seien es die Frauen, die in der Gesellschaft den Hauptanteil der unbezahlten Arbeit übernähmen. Dass auch junge Frauen ohne Kinder öfter Teilzeit arbeiteten als Männer, liege daran, dass Frauen häufig in sozialen Berufen wie der Pflege arbeiteten, in denen Vollzeitpensen zu belastend seien.
«Die berufliche Vorsorge soll Erwerbstätigkeit versichern, egal wann und wie diese erbracht wird.»
Melanie Mettler, GLP-Nationalrätin
Eine weitere Erklärung für das Festhalten der Männer an Vollzeitpensen hat GLP-Nationalrätin Melanie Mettler. Noch immer werde bei jungen Männern der berufliche Ehrgeiz stärker geweckt als bei Frauen. Sie befürwortet die Erhöhung des Frauenrentenalters dennoch, plädiert aber gleichzeitig für Reformen in der zweiten Säule. Diese orientiere sich heute am Vollzeitarbeitsmodell und benachteilige Teilzeiterwerb. Denn versichert ist nicht der ganze Lohn, sondern nur das um 25’000 Franken (Koordinationsabzug) reduzierte Einkommen. Faktisch führt dies dazu, dass bei Jobs im Tieflohnbereich und niedrigen Arbeitspensen keine Pensionskassenbeiträge erhoben werden. Mettler plädiert bei der laufenden Reform der zweiten Säule dafür, dass Jahreseinkommen über 10’000 Franken versichert sind. «Die berufliche Vorsorge soll Erwerbstätigkeit versichern, egal wann und wie diese erbracht wird.» Zudem sollte das Alterssparen in der zweiten Säule bereits mit 20 Jahren beginnen statt wie heute mit 25. Auch die Linke sträubt sich nicht gegen Anpassungen in der zweiten Säule, etwa einen tieferen Koordinationsabzug. Allerdings setzen SP und Gewerkschaften die Priorität auf einen Ausbau der AHV mit einer 13. Monatsrente.
Weiterlesen - ein Beitrag von Markus Brotschi publiziert am 21.02.2022 auf www.tagesanzeiger.ch