Beratungen zu Suizid verdoppelt

Der Corona-Report der Pro Juventute verzeichnet neue Rekorde: Statt täglich drei, sind es nun sieben Beratungen zu Suizidgedanken. Der neue Corona-Report von Pro Juventute zeigt: 2021 haben täglich sieben Jugendliche Hilfe gesucht, um über Suizid zu sprechen. Grund dafür: die Folgen der Corona-Krise wie die Einsamkeit während des Lockdown. Bis September schaltete die Pro Juventute in 100 Fällen die Sanität und die Polizei ein, weil nicht sichergestellt werden konnte, ob der oder die Jugendliche sich etwas antun würde.

«Die Beratungen zum Thema Suizid haben sich bei 147 im Vergleich zu vor der Pandemie fast verdoppelt», sagt Lulzana Musliu, Pressesprecherin der Pro Juventute. Konkret: Die Organisation verzeichnet täglich sieben Beratungen zum Thema Suizidgedanken. 2020 waren es noch fünf pro Tag und vor der Pandemie waren es knapp vier Beratungen. Das zeigt der am Montag erschienene Corona-Report von Pro Juventute. Gründe für die Suizidgedanken sollen laut Lulzana Musliu die Unsicherheit und fehlende soziale Kontakte während Corona sein: «Für die Jugendlichen stellt die Pandemie eine grosse psychische Belastung dar.» Gerade im Jugendalter befinde man sich noch in verschiedenen Entwicklungsprozessen und orientiere sich gegen aussen. Die Einschränkungen seien für die junge Generation eine grosse Herausforderung gewesen. Auch die Einsamkeit und die Angst, Freunde zu verlieren, würden eine grosse Rolle spielen. «Die bald zwei Jahre andauernde Krise ist für Jugendliche gefühlt fast eine Ewigkeit», erklärt Musliu.

Suizid ist zweithäufigste Todesursache

Die Schweiz verzeichnete bereits vor der Corona-Pandemie eine im internationalen Vergleich sehr hohe Suizidrate unter Jugendlichen. «Das ist alles schon viele Jahre bekannt, es wurde aber nicht genug getan, um dies zu ändern. Auf politischer Ebene wurde viel versäumt», sagt Musliu. Laut Pro Juventute ist Suizid bei jungen Schweizer*innen zwischen 16 und 25 Jahren die zweithäufigste Todesursache. Schuld daran soll der enorme Leistungsdruck sein. In den letzten Jahren beobachte die Organisation zudem, dass die Anrufer*innen immer jünger werden: «Es gibt Jugendliche, die schon mit 13 oder 14 Suizidgedanken äussern», sagt Musliu.

Lange Wartelisten

In der Telefon- oder Chatberatung der Pro Juventute wägen die Berater*innen ab und entscheiden, ob konkrete Hilfe aufgeboten werden muss, erklärt sie weiter. Bis September schaltete die Pro Juventute in 100 Fällen die Sanität und die Polizei ein, weil nicht sichergestellt werden konnte, ob sich der oder die Jugendliche etwas antun würde. «In den letzten Jahren beobachten wir eine markante Zunahme», sagt Musliu. Zwar sei die jetzige Generation offener, über psychische Probleme zu sprechen. Doch alleine damit lasse sich der Anstieg bei den Suizidgedanken nicht erklären: «Vor allem Kinder und Jugendliche aus belasteten Familien leiden.» Den Jugendlichen, die sich in Form einer Therapie Hilfe suchen, kann jedoch nicht immer sofort geholfen werden, sagt Musliu: «Die Wartezeiten sind an vielen Orten lange und die Angebote, welche ihnen helfen, laufen am Anschlag. Daher braucht es jetzt mehr Ressourcen für Angebote, welche Kinder und Jugendliche stärken, und keine Sparpakete auf dem Rücken der jungen Generation.» Ende April veröffentlichte die Pro Juventute einen Appell, in dem unter anderem mehr Geld für Therapieplätze gefordert wird.

 

Weiterlesen - ein Beitrag von Deborah Gonzalez erschienen am 16.11.2021 auf www.20min.ch

 

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