Die Schweiz verzeichnete bereits vor der Corona-Pandemie eine im internationalen Vergleich sehr hohe Suizidrate unter Jugendlichen. «Das ist alles schon viele Jahre bekannt, es wurde aber nicht genug getan, um dies zu ändern. Auf politischer Ebene wurde viel versäumt», sagt Musliu. Laut Pro Juventute ist Suizid bei jungen Schweizer*innen zwischen 16 und 25 Jahren die zweithäufigste Todesursache. Schuld daran soll der enorme Leistungsdruck sein. In den letzten Jahren beobachte die Organisation zudem, dass die Anrufer*innen immer jünger werden: «Es gibt Jugendliche, die schon mit 13 oder 14 Suizidgedanken äussern», sagt Musliu.
Lange Wartelisten
In der Telefon- oder Chatberatung der Pro Juventute wägen die Berater*innen ab und entscheiden, ob konkrete Hilfe aufgeboten werden muss, erklärt sie weiter. Bis September schaltete die Pro Juventute in 100 Fällen die Sanität und die Polizei ein, weil nicht sichergestellt werden konnte, ob sich der oder die Jugendliche etwas antun würde. «In den letzten Jahren beobachten wir eine markante Zunahme», sagt Musliu. Zwar sei die jetzige Generation offener, über psychische Probleme zu sprechen. Doch alleine damit lasse sich der Anstieg bei den Suizidgedanken nicht erklären: «Vor allem Kinder und Jugendliche aus belasteten Familien leiden.» Den Jugendlichen, die sich in Form einer Therapie Hilfe suchen, kann jedoch nicht immer sofort geholfen werden, sagt Musliu: «Die Wartezeiten sind an vielen Orten lange und die Angebote, welche ihnen helfen, laufen am Anschlag. Daher braucht es jetzt mehr Ressourcen für Angebote, welche Kinder und Jugendliche stärken, und keine Sparpakete auf dem Rücken der jungen Generation.» Ende April veröffentlichte die Pro Juventute einen Appell, in dem unter anderem mehr Geld für Therapieplätze gefordert wird.