Damit nicht genug: Manche Arbeitgebenden kürzen jungen Vätern auch einfach die freie Zeit. «Bei uns haben sich Männer gemeldet, denen der Chef gesagt hat, sie dürften sich nur fünf statt zehn Tage frei nehmen», sagt Bauer. Das sei nicht legal. In gewissen Unternehmen durften Mitarbeitende den Vaterschaftsurlaub zudem nicht direkt nach der Geburt nehmen, weil im Geschäft zu viel los war. Auch das sei nicht richtig, so Bauer. «Ein Mann musste den Vaterschaftsurlaub sogar nach zwei Tagen abbrechen und wurde ins Geschäft zurückbeordert.»
Dass sich viele Männer den Vaterschaftsurlaub kürzen, verschieben oder gar streichen lassen, hängt wohl auch damit zusammen, dass es bei Vätern keine Kündigungssperrfrist gibt. Anders ist es beim Mutterschaftsurlaub: Arbeitgebende können Frauen ab dem Zeitpunkt der Empfängnis bis 16 Wochen nach der Geburt nicht kündigen. Gegen diese Ungleichheit hat die Grünen-Nationalrätin Greta Gysin eine Motion eingereicht. Diese sieht vor, dass der Vaterschaftsurlaub ebenfalls eine Sperrfrist erhält und auch beim Tod des Kindes zur Anwendung kommt. Denn es dürfe nicht sein, dass junge Väter aus Angst vor einer Kündigung den Vaterschaftsurlaub nicht beziehen.
Firmen verstossen gegen das Gesetz
Unternehmen, die den Vaterschaftsurlaub kürzen oder gar streichen, verstossen gegen das Gesetz. Das muss auf keinen Fall akzeptiert werden, sagt Personalexperte Werner Raschle, Inhaber und CEO des Personalvermittlers Consult & Pepper. Den Betroffenen rät Raschle, zuerst das Gespräch mit den Vorgesetzten zu suchen: «Der Hinweis, dass das nicht legal ist, kann oft schon viel bewirken.» Kommt es zu keiner Einigung, sollte das HR eingebunden werden. Funktioniert auch das nicht, bleibt nur noch der Gang zum Arbeitsgericht.
Länge des Urlaubs ist finanzielle Frage
Dass manche Branchen nur das gesetzliche Minimum für den Vaterschaftsurlaub erlauben, habe finanzielle Gründe, so Raschle. «Es geht heute in den meisten Fällen darum, Arbeitnehmende zu gewinnen und dann auch zu halten. Dafür steht den Firmen aber unterschiedlich viel Geld zur Verfügung», erklärt Raschle. Gerade in der Informatikbranche herrsche aber Fachkräftemangel. Dort setzten die Firmen darum stärker auf Teilzeitarbeit und grosszügigen Vaterschaftsurlaub, um gutes Personal anzuziehen. Denn das ist laut Raschle «ein echtes Bedürfnis bei jungen Vätern». Dass Angestellte bei Kantonen keinen grosszügigen Vaterschaftsurlaub erhalten, liege ebenfalls am Budget: «Kantone richten sich nach einem meist engen, politisch vorgegebenen Budget», erklärt der Personalexperte.
Weiterlesen - ein Beitrag von Barbara Scherer erschienen am 01.10.2021 auf www.20min.ch