Arbeiten wir bald alle nur noch vier Tage die Woche?

Spanien testet die 4-Tage-Woche auf nationaler Ebene. Auch in der Schweiz könnte das Modell funktionieren. Dafür braucht es aber klare Rahmenbedingungen. Die verkürzte Arbeitswoche birgt aber auch Gefahren. Spanien unterstützt 200 Unternehmen darin, eine 4-Tage-Woche umzusetzen. In der Schweiz wäre das auch möglich, sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Der Arbeitgeberverband spricht sich dagegen aus, die Kosten müssten die Steuerzahler tragen.

Vier Tage pro Woche arbeiten und gleich viel verdienen: Das wird in Spanien zur Realität. Die Regierung hat einem Antrag der linken Partei Más País zugestimmt. Demnach sollen etwa 200 Unternehmen finanziell dabei unterstützt werden, die Arbeitszeit ihrer Angestellten auf 32 Wochenstunden zu reduzieren. Das Pilotprojekt soll frühestens im Oktober starten und drei Jahre dauern. Ziel ist es, die Produktivität zu steigern. Spanien könnte damit weltweiter Vorreiter beim Thema der 4-Tage-Woche werden. Auch in der Schweiz könnte eine verkürzte Arbeitswoche funktionieren, sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi.

«Das würde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern», so Gysi. Mitarbeitende, die Teilzeit arbeiten, seien zudem effizienter und motivierter, das wirke sich positiv auf das Unternehmen aus. Finanziert könnte das Ganze beispielsweise über Transaktionssteuern werden. «Oder Firmen mit hoher Wertschöpfung unterstützen schwächere Unternehmen», so Gysi.

4-Tage-Woche hilft gegen Arbeitslosigkeit

Eine 4-Tage-Woche könnte auch gegen die Arbeitslosigkeit helfen, sagt Arbeitspsychologin Nicola Jacobshagen: «Um eine verkürzte Arbeitswoche zu ermöglichen, müssten Betriebe, die rund um die Uhr funktionieren müssen, mehr Personal einstellen.» Finanzielle Unterstützung durch den Staat ist dabei essentiell. Denn es sei wichtig, dass Arbeitnehmer in vier Tagen nicht gleich viel leisten müssen wie sonst in fünf Tagen. «Ansonsten könnten die Mitarbeiter schnell ausbrennen und arbeitsunfähig werden.»

Führungskräfte müssen richtig geschult sein

Die Corona-Krise habe gezeigt, dass alte Arbeitsstrukturen durchbrochen werden können. Damit eine 4-Tage-Woche funktioniert, brauche es aber die richtigen Rahmenbedingungen. «Es muss klar kommuniziert werden, was von den Mitarbeitenden gefordert wird», so Jacobshagen. Dafür müssten auch die Führungskräfte richtig geschult werden. Noch fehlen aber die Langzeitstudien zu diesem Thema. Das Projekt in Spanien könnte erste Daten liefern. «Um zu wissen, ob eine 32-Stunden-Woche auch hierzulande funktioniert, müssten wir aber unsere eigenen Pilotprojekte starten», sagt Jacobshagen.

Steuerzahler müssten Kosten tragen

Weniger arbeiten für den gleichen Lohn, das funktioniert laut Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, nicht: «Das geht finanziell nicht auf – die zusätzlichen Kosten müssten dann letztlich entweder die Kunden oder die Steuerzahler tragen.» Zudem könne eine verkürzte Arbeitswoche nicht in jeder Branche eingeführt werden: Im Verkauf oder bei der Polizei herrschen andere Arbeitsbedingungen. «Bei den Berufen mit vorgegebener Präsenzzeit würde es 20 Prozent mehr Personal brauchen, eine Utopie in Zeiten des Fachkräftemangels und auch nicht finanzierbar» so Vogt.

Arbeitnehmende durch Maschinen ersetzen

Nur weil die Produktivität der Arbeiter steige, wachse die Wertschöpfung der Firma insgesamt nicht zwingend, gab die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich im Rahmen der Berichterstattung über die 4-Tage-Woche bei Microsoft in Japan zu bedenken. Denn je mehr Stunden ein Unternehmen produzieren kann, desto mehr Ertrag entsteht. Das heisst: Schlussendlich zählt die Anzahl Arbeitsstunden. Um Kosten zu senken, könnten Firmen dann Arbeitskräfte mit Maschinen ersetzen oder neue Standorte im Ausland aufbauen.

Weiterlesen - ein Beitrag von Barbara Scherer erschienen am 18.03.2021 auf www.20min.ch

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