68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben

Die Zeitschrift Annabelle hat über 6000 Frauen gefragt, wie gleichgestellt sie sich fühlen. Bei vielen Punkten tut sich ein Graben zwischen den Generationen auf. Am meisten Aufholbedarf sehen die Frauen bei der Gleichstellung im Beruf.

#MeToo, Frauenstreik, 50 Jahre Frauenstimmrecht in der Schweiz: Die Themen Gleichstellung, Lohndiskriminierung und Feminismus sind in den letzten Jahren wieder ganz oben auf die politische Agenda geklettert. Das Umfrageinstitut Sotomo hat im Auftrag der Zeitschrift «Annabelle» bei 6280 Schweizer Frauen nun den Puls gefühlt.

Leben sie aus ihrer Sicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft? Wie verbreitet sind veraltete Rollenmodelle? Und was hat sich im Vergleich zur vorhergehenden Generation - beruflich, gesellschaftlich, sexuell - verbessert? Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse.

Wie weit ist die Schweiz bei der Gleichstellung?

Im privaten und politischen Bereich sowie in der Öffentlichkeit sehen die befragten Frauen die Gleichstellung einigermassen verwirklicht. Grossen Handlungsbedarf sehen sie noch im Beruf: Nur vier Prozent der Befragten finden, dort sei die Gleichstellung sehr gut umgesetzt. Potential gibt es aber auch in den übrigen Bereichen Familie & Partnerschaft, Öffentlichkeit und Politik: So finden etwa nur 13 Prozent, dass die Gleichstellung im Privaten «sehr gut» umgesetzt sei. Es zeigt sich auch: Jüngere Frauen zeigen sich kritischer.

Wo besteht der dringendste Handlungsbedarf?

Dass viele Frauen sich im Beruf noch nicht gleichgestellt sehen, schlägt sich auch in den dringendsten Forderungen nieder. 85 Prozent finden, das drängendste Thema sei, dass gleiche Arbeit mit gleichem Lohn entlohnt wird. Danach folgt mit 69 Prozent die finanzielle Absicherung im Alter. Und auch die dritte Forderung betrifft den Beruf: 68 Prozent wünschen sich, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie voranzutreiben. Kontrovers schätzen die befragten Frauen das Mittel der Quoten zur Förderung der Frauen im Job ein. 48 Prozent sind dafür, 52 Prozent dagegen. Für Quoten sind mehrheitlich jüngere Frauen.

Wie viele Frauen bezeichnen sich als Feministin?

Ein Generationen-Graben tut sich bei der Frage auf, ob sich die Befragten als Feministinnen bezeichnen würden. Während bei den 16- bis 24-Jährigen 61 Prozent absolut oder «eher» zustimmen, sind es bei den älteren Generationen deutlich weniger. Die Forscherinnen und Forscher folgern daraus: «Bei den unter 35-Jährigen ist der Feminismus im Mainstream angekommen.»

Gendergerechte Sprache

Sind Politikerinnen mit gemeint, wenn es heisst, dass Politiker ein Corona-Hilfspaket fordern? Um diese Frage wird heftig gestritten. 26 Prozent der befragten Frauen finden es wichtig, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden und fordern eine konsequente Umsetzung. 40 Prozent achten darauf nicht besonders. Auch hier sind es Frauen zwischen 16 und 34 Jahren, die sich deutlich stärker für das «Gendern» aussprechen (40 Prozent Anteil).

Diskriminierung am Arbeitsplatz

Haben Frauen und Männer die gleichen Chancen im Job? Nur 40 Prozent der Befragten können diese Aussage bei ihrem Arbeitgeber unterschreiben. 11 Prozent finden, sie würden aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz Nachteile erfahren. Bei den negativen Erfahrungen werden am meisten sexualisierte Sprüche oder Witze (55 Prozent) genannt, danach folgt allgemein Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und an dritter Stelle die Frage nach dem Kinderwunsch am Vorstellungsgespräch (28 Prozent).

Das nervt Schweizer Frauen

Auch Einstellungen zur Partnerschaft haben die Forscherinnen und Forscher erfragt. 42 Prozent der Befragten nervt es, dass sie die Hauptlast im Haushalt tragen und vieles an ihnen hängen bleibt. Der Haushalt sei der zentrale Reibungspunkt, so die Forscher. Vierzig Prozent stören sich weiter daran, dass ihr Partner oder ihre Partnerin nicht über Gefühle sprechen kann oder will. Für 27 Prozent hat zudem der Faktor «ist ständig am Mobile» Nerv-Potential.

Zufriedenheit mit dem eigenen Sex-Leben

29 Prozent der befragten Frauen geben an, sie seien mit ihrem Sexleben voll und ganz zufrieden. 27 Prozent können ihre Sexualität genau so ausleben, wie sie das wollen. Ein Viertel hätte gerne mehr Sex, acht Prozent anderen Sex. Im Vergleich zur Generation ihrer Mütter geben die Befragten an, dass sich bei der sexuellen Entfaltung einiges verbessert habe: 38 Prozent stimmen dieser Aussage zu. Trotzdem ist für viele Frauen Sexualität mit negativen Erfahrungen verknüpft. Drei Viertel geben an, schon mindestens einmal im Leben Sex gehabt zu haben, um jemanden einen Gefallen zu tun. Jüngere Frauen sind davon häufiger betroffen. Zudem hatten dreissig Prozent der befragten Frauen schon Sex ohne Einwilligung, nochmal so viele haben schon einmal sexuelle Gewalt erfahren.

Weiterlesen - ein Beitrag von Pascal Michel erschienen am 1. März 2021 auf www.20min.ch

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