Wohlstandsungleichheit nimmt ab, doch es gibt einen Haken

Die Inflation lässt den Wohlstand steigen. Auch die unteren und mittleren Vermögen profitierten im vergangenen Jahr davon. Die Menschen in der Schweiz haben im Durchschnitt das höchste Vermögen der Welt. Alle Vermögen sind gestiegen. Doch viele Menschen haben gar kein Vermögen und leiden unter der Inflation.

637'000 Franken betrug das Durchschnittsvermögen einer erwachsenen Person in der Schweiz. Das ist weltweit Spitze, wie die UBS in einer Studie zeigt. Luxemburg an zweiter Stelle folgt mit 100'000 Franken weniger. Das Durchschnittsvermögen liegt zwar 6 Prozent tiefer als noch im Vorjahr. Das liegt aber vor allem am starken Franken. In Dollar gerechnet stiegen die Vermögen um 3,4 Prozent. Allerdings reissen die extrem Reichen das Durchschnittsvermögen hoch. Weniger verzerrt ist das Bild beim Medianvermögen, bei dem die Hälfte mehr und die andere Hälfte weniger besitzt. Beim Medianvermögen liegt die Schweiz mit 153'000 Franken noch an siebter Stelle weltweit und ganz oben ist Luxemburg.

Wohlstandsungleichheit nimmt ab

Doch entgegen der Meinung, dass Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, schliesst sich die Schere zwischen Arm und Reich laut UBS etwas. Der sogenannte Gini-Koeffizient, der die Wohlstandsungleichheit misst, ist in der Schweiz seit der Finanzkrise 2008 um 4,6 Prozent zurückgegangen, von 70 auf 67 Punkte.Laut UBS sind alle Vermögen gestiegen, doch die unteren und mittleren bis 100'000 Franken stärker als die oberen. Doch wie kann das sein angesichts steigender Krankenkassenprämien, Mieten und Inflation? «Es ist wichtig, zwischen Einkommen und Lebenshaltungskosten auf der einen und Vermögen auf der anderen Seite zu unterscheiden», sagt Paul Donovan, Chefvolkswirt, bei UBS Global Wealth Management.

«Inflation vermehrt den Wohlstand»

«Es gibt sogar einen Mechanismus, bei dem eine höhere Inflation zu einem Anstieg des Wohlstands führt», sagt Donovan. Als Extrembeispiel nennt er die Türkei. In dem Land steigen die Preise derzeit um 70 Prozent. Die hohen Preise bringen den Unternehmen mehr Einnahmen. «Eine höhere Inflation ermutigt die Menschen auch, in Vermögenswerte zu investieren, die ihre Ersparnisse vor der Inflation schützen können - in der Regel Aktien und Immobilien -, was die Preise dieser Vermögenswerte weiter steigen lässt», so Donovan. So sagt auch Andreas Lustenberger Bereichsleiter Grundlagen und Politik bei der Caritas zu dem Ergebnis: «Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik sprechen eine klare Sprache: Die am Einkommen gemessene Armut nimmt seit 2014 in einer klaren Tendenz zu.»

30 Prozent mehr Caritas-Kunden

Obwohl sich die Schweiz verpflichtet habe, die Armut im Land bis 2030 um mindestens die Hälfte zu senken, sei sie davon noch weit entfernt. Das Problem ist laut Lustenberger, dass immer mehr Menschen auch knapp über der offiziellen Armutsgrenze zu wenig Geld haben, um über die Runden zu kommen. Insgesamt seien das 15,6 Prozent der Bevölkerung, also jede sechste Person. Die Nachfrage in den Caritas-Märkten, wo Menschen mit wenig Geld vergünstigt Lebensmittel kaufen können, sei in den letzten zwei Jahren um 30 Prozent gestiegen. «Es kommen auch neue Leute in die Sozialberatungen. Diese Menschen haben kein Vermögen», sagt Lustenberger. Diese Menschen wüssten nicht mehr, wie sie die steigenden Kosten decken sollen. «Oft müssen sie sich entscheiden, das Geld für Rechnungen oder für Lebensmittel auszugeben.» 18,5% der Bevölkerung sind laut Bundesamt für Statistik nicht in der Lage, eine unerwartete Ausgabe in der Höhe von 2500 Franken zu begleichen.  Ausserdem betrug das Vermögen von der Hälfte der steuerpflichtigen Personen in der Schweiz maximal 50'000 Franken Vermögen (siehe Grafik).

Das zählt zum Vermögen

Zum Vermögen rechnet die UBS das Finanzvermögen und Wohneigentum abzüglich der Schulden. Dazu kommen private Pensionsfonds wie die zweite und dritte Säule, nicht aber die Ansprüche auf staatliche Renten.

Weiterlesen - ein Beitrag von Fabian Pöschl erschienen am 11.07.2024 auf 20min.ch

 

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