Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt: Schweiz legt zweiten Staatenbericht vor

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 26. September 2025 seinen zweiten Staaten­bericht über die Umsetzung der Istanbul-Konvention verabschiedet. Dieser konzentriert sich auf die Entwicklungen seit 2021. Der Schwerpunkt liegt auf Informa­tionen zu Prävention, Schutz und Strafverfolgung, auf neuen Tendenzen, die in der Schweiz zu beobachten sind, sowie auf den Daten der letzten zwei Jahre.

Häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen sind nach wie vor ein ernstes Problem in der Schweiz. Im Schnitt stirbt alle zwei Wochen eine Frau an den Folgen dieser Form von Gewalt. Seit Anfang Jahr ist die Zahl der Femizide in der Schweiz bereits sehr hoch. 2024 registrierte die Polizei 21 127 Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt, das entspricht 6 Prozent mehr als im Vorjahr. 70 Prozent der Opfer waren Frauen. Auch Kinder sind besonders von Gewalt in der Familie betroffen. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt hat für den Bundesrat höchste Priorität. Mit der Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) hat sich die Schweiz seit April 2018 verpflichtet, die Prävention, den Opferschutz und die Strafverfolgung dieser Formen von Gewalt konsequent voranzutreiben. Wie alle Vertragsstaaten ist auch die Schweiz gehalten, in regelmässigen Abständen einen Staatenbericht vorzulegen, der dem Europarat als Grundlage dient, um die Umsetzung der Konvention zu prüfen. Neben dem heute verabschiedeten zweiten Staatenbericht unterbreitet die Schweiz ihre Antworten auf die Empfehlungen, die der Ausschuss der Vertragsparteien im Dezember 2022 auf der Grundlage des ersten Berichts von 2021 und der Berichterstattung der zuständigen Expertengruppe des Europarats (Group of Experts on Action Against Violence Against Women and Domestic Violence; GREVIO) an sie gerichtet hatte.

Instrumente für Prävention und Schutz stärken

Als Reaktion auf die Empfehlungen zum ersten Staatenbericht baut die Schweiz seit 2022 die Instrumente zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt weiter aus. So hat der Bundesrat im Juni 2022 den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention 2022–2026 verabschiedet. Anlässlich des ersten Nationalen Dialogs zu Gewalt, Geschlecht und Diskriminierung am 25. November 2024 wurde ein Zwischenbericht veröffentlicht. Neben Studien zu verschiedenen Aspekten von Gewalt hat der Bund Minimalstandards für die Aus- und Weiterbildung verschiedener Berufsgruppen erarbeitet, die aufzeigen, welche Inhalte und Kompetenzen diesen zum Thema geschlechtsspezifische, sexualisierte und häusliche Gewalt vermittelt werden sollten. Auch die Kantone haben zahlreiche, im Bericht aufgeführte Massnahmen ergriffen, um die Prävention und die Bekämpfung der Ursachen von Gewalt, insbesondere in den Schulen, zu verstärken. Auf gesetzlicher Ebene wurden wichtige Änderungen verabschiedet, darunter die Revision des Sexualstrafrechts, zivilrechtliche Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten sowie die Anpassung des Aufenthaltsrechts für Opfer von häuslicher Gewalt. Darüber hinaus wird Stalking als neuer Tatbestand ins schweizerische Strafgesetzbuch aufgenommen. Der Bericht zeigt auch, dass sich neue Tendenzen abzeichnen, insbesondere hinsichtlich der Formen von digitaler Gewalt, die zunehmend als zentraler Bestandteil von häuslicher Gewalt anerkannt werden.

Kontinuierliches gemeinsames Engagement

Das gemeinsame Engagement von Bund, Kantonen, Gemeinden und der Zivilgesellschaft bleibt ein entscheidender Faktor bei der Prävention und Bekämpfung von Gewalt in der Schweiz. Mehrere Massnahmen werden derzeit erarbeitet. So wird im November 2025 die erste nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt lanciert. Im Mai 2026 wird eine zentrale dreistellige Telefonnummer für die Opferhilfe in Betrieb genommen, und 2027 wird die erste landesweite Prävalenzstudie zu Gewalt durchgeführt.

Prüfung des Staatenberichts durch unabhängige Expertengruppe

Der zweite Staatenbericht der Schweiz dient als Ausgangspunkt für das von GREVIO durchgeführte Monitoring. Die Expertengruppe wird der Schweiz nach Prüfung des Staatenberichts im März 2026 einen Länderbesuch abstatten und bis Ende 2026 neue Empfehlungen an die Schweiz formulieren.

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