Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 19. Februar 2025 einen Postulatsbericht zu Kosten und Nutzen von Elternzeitmodellen verabschiedet. Der Bundesrat stützt sich dabei auf einen Forschungsbericht in Form einer Literaturanalyse. Diese zeigt auf, welche Vor- und Nachteile verschiedene Elternzeitmodelle für die Schweiz bringen könnten. Der Bericht dient als Grundlage für die Diskussion über die Ausgestaltung einer allfälligen Elternzeit in der Schweiz.
Gegenwärtig haben erwerbstätige Mütter in der Schweiz Anspruch auf einen 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub, während der andere erwerbstätige Elternteil nach der Geburt eines Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub beziehen kann. Urlaube im Zusammenhang mit einer Geburt wirken sich direkt auf Eltern, Kinder, Unternehmen und staatliche Stellen aus. Sie wirken jedoch auch indirekt, beispielsweise auf Sozialausgaben, Gesundheitskosten oder die Steuereinnahmen von Bund und Kantonen. Ein Postulat der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (21.3961) verlangte vom Bundesrat eine gesamtwirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse verschiedener Elternzeitmodelle für die Schweiz, die über die aktuelle Lösung hinausgehen. Es sollte untersucht werden, ob eine Elternzeit – entweder für beide Elternteile gleich lang (paritätisches Modell) oder mit gewissen Einschränkungen zwischen den Eltern aufteilbar (variables Modell) – volkswirtschaftlich sinnvoller wäre als der Status quo.
Positive und negative Wirkungen je nach Ausgestaltung
Die realisierte Literaturanalyse liefert einen ausführlichen Überblick über die teilweise nur schwer quantifizierbaren direkten und indirekten Kosten und Nutzen von Elternzeitmodellen. Im Bericht kommt der Bundesrat zum Schluss, dass Elternzeitmodelle verschiedene positive und negative Auswirkungen haben können: So können sie etwa die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbstätigkeit verbessern und für die Gesundheit der Mütter oder die Entwicklung der Kinder von Vorteil sein. Demgegenüber führt Elternzeit unter anderem zu einem erhöhten Finanzierungsbedarf und damit je nach Finanzierungsform etwa zu höheren Lohnnebenkosten. In der Analyse wird deutlich, dass die konkrete Ausgestaltung eines Elternzeitmodells eine zentrale Rolle spielt. Dies zeigt sich beim Vergleich eines variablen mit einem paritätischen Elternzeitmodell. Während im variablen Modell ein Teil der Elternzeit frei unter den Eltern aufgeteilt werden kann, und dadurch die Mütter länger als sechs Monate dem Arbeitsmarkt fernbleiben können, beziehen beim paritätischen Modell beide Elternteile gleich viele Wochen Elternzeit. Gemäss Analyse hat das variable Elternzeitmodell weniger starke negative Auswirkungen auf das Einkommen des anderen Elternteils und sorgt für geringere Lohnnebenkosten als das paritätische Modell. Dagegen wirkt sich das paritätische Elternzeitmodell positiver auf die Erwerbsbeteiligung der Mütter aus: Sie bleiben länger im selben Unternehmen oder überhaupt im Arbeitsmarkt, was mit Blick auf die Arbeitsmarktlage, den Fachkräftemangel und die Fluktuationskosten von Vorteil ist. Mit Elternzeit können Eltern zudem die Erwerbstätigkeit und die Haus- und Care-Arbeit ausgeglichener untereinander aufteilen. Auch kann die Diskriminierung von Frauen bei Beförderungen und Entlöhnungen abnehmen.
Solide Grundlage für die weiteren Diskussionen
Der Bundesrat kommt in seinem Bericht zum Schluss, dass mit dem Forschungsbericht die wesentlichen Anliegen des Postulats aufgenommen wurden, indem er eine solide Grundlage für die Diskussion über ein allfälliges Schweizer Elternzeitmodell liefert. Aktuell wird diese Diskussion sowohl von der Familienzeit-Initiative (angekündigt am 28. November 2024 von der überparteilichen Allianz – alliance F, Grüne, GLP, Mitte Frauen, Travail Suisse, EVP) als auch von kantonalen Elternzeit-Initiativen der Kantone GE, VS, JU und TI vorangetrieben. Die Standesinitiativen der Kantone Genf und Jura, wonach der Bund eine Elternzeit einführen solle, fanden in der ständerätlichen Kommission für Gesundheit und Soziale Sicherheit im Januar Unterstützung.
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