Chefetagen werden weiblicher

Ein Beitrag erschienen am 06.03.2020 auf www.blick.ch

Die Frauen haben in den Geschäftsleitungen der grössten Schweizer Unternehmen letztes Jahr mehr Verantwortung übernommen. Ihr Anteil stieg von neun Prozent im Vorjahr auf zehn Prozent. Trotzdem bleiben 46 Prozent der Firmenleitungen reine Männerclubs.

Der Frauenanteil in den 100 grössten Schweizer Unternehmen hat 2020 erstmals die 10 Prozent-Marke erreicht. Grossen Schub gab der letztjährige Frauenstreik aber nicht. Der Frauenanteil erhöhte sich gegenüber 2019 um einen Prozentpunkt. Von 2018 wurde noch ein Sprung von sieben auf neun Prozent verzeichnet – also zwei Prozentpunkte.

Absolut erhöhte sich die Zahl der weiblichen Topkader von 75 im Vorjahr dennoch beachtlich auf 94. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren waren es erst 51 Frauen.

Keine neuen weiblichen CEO

Neue Geschäftsleitungsfrauen eingesetzt haben letztes Jahr unter anderem der Zementkonzern LafargeHolcim, der Pharmakonzern Novartis und das Beratungsunternehmen EY. Sowohl das neue Geschäftsleitungsmitglied Magali Anderson von LafargeHolcim als auch Marie-France Tschudin von Novartis und Julia Thonhauser-Kurz von EY sind intern aufgestiegen.

Ernüchternd: Die bloss drei Frauen an der operativen Spitze der grössten Schweizer Unternehmen sind die gleich vom Vorjahr: BKW-Chefin Suzanne Thoma, Philomena Colatrella, Leiterin der Krankenkasse CSS, und Magdalena Martullo-Blocher, Chefin der Ems-Gruppe.

Vermehrt werden Frauen intern befördert

Die 100 erfassten Unternehmen haben 61 Prozent der weiblichen Geschäftsleitungsmitglieder intern befördert. Das zeigen die Daten, die die Kadervermittlungs-Firma Guido Schilling erhoben hat. Chef Guido Schilling (60) sagt: «Es ist erfreulich, dass die Unternehmen bei Beförderungen den Fokus nach innen richten und mittlerweile von ihrer Investition in die Talententwicklung profitieren.»

Den Fortschritten zum Trotz hat nur knapp über die Hälfte (53 Prozent) der Unternehmen überhaupt Frauen in der Geschäftsleitung. Hier bestehe weiterhin Bedarf an klarem Commitment der Unternehmensleitungen und Verwaltungsräte, betont Schilling.

Öffentlicher Sektor als Vorbild

Bei der Gleichstellung der Frauen deutlich schneller vorwärts kommt der öffentliche Sektor mit Bund und Kantonen. Im Topkader des öffentlichen Sektors steigt der Frauenanteil von 18 Prozent im Vorjahr auf 20 Prozent. Die höhere Gender Diversity verdankt der Sektor laut Schilling unter anderem der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie: «Sie ist der Schlüssel zu einer ausgewogenen Gender Diversity.»

Mehr mitzuentscheiden als in den Geschäftsleitungen haben die Frauen in Verwaltungsräten. Dort stieg der Frauenanteil in den grossen Firmen von 21 Prozent auf 23 Prozent, wie der Schilling Report weiter zeigt. Allerdings ist Schillings Forderung vom Vorjahr, jeden freien Verwaltungsratssitz mit einer Frau zu besetzen, nicht richtig aufgenommen worden.

Trotzdem ist die Schweiz letztes Jahr im internationalen Vergleich zurückgefallen. Im Europa-Vergleich befindet sich die Schweiz beim Frauenanteil auf zweitletztem Platz vor Griechenland. Portugal, Irland und Kroatien haben die Schweiz überholt.

Mehr Multiverwaltungsrätinnen

Nur knapp jedes dritte vakante Verwaltungsratsmandat (32 Prozent) wurde mit einer Frau besetzt (Vorjahr: 38 Prozent). Steige der Frauenanteil in der Schweiz weiter um jährlich zwei Prozentpunkte, übertreffe er 2024 die Marke von 30 Prozent, die der Gesetzgeber forderte, führt Schilling aus.

Auffällig: Es gibt auch unter den Frauen immer mehr, die zwei oder mehrere Verwaltungsratsmandate besetzen. «Während Männer schon seit Jahren professionelle Verwaltungsratskarrieren mit mehreren grossen Mandaten gleichzeitig verfolgen, ziehen die Frauen nun nach», sagt Schilling. Ein Beispiel dafür ist Ex-Bundesrätin Doris Leuthard (56). Die Coop-Verwaltungsrätin übernimmt dieses Jahr auch ein Verwaltungsratsmandat bei Stadler Rail.

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