Mütter in der Teilzeitfalle – jetzt sollen Eltern mehr Geld für die Kita bekommen

Eine Frau verdient nach der Geburt ihres ersten Kindes langfristig deutlich weniger. Die Wirtschaft und linke Politiker wollen das ändern. Kritik kommt von rechts. Die meisten Mütter arbeiten nach der Geburt des ersten Kindes nur noch Teilzeit oder gar nicht. Deshalb verdienen sie im Schnitt 68 Prozent weniger als vor der Mutterschaft. Nun wollen Politik und Wirtschaft das Rollenbild verändern.

Nach der Geburt des Kindes verdienen Mütter deutlich weniger. Längerfristig sinds im Schnitt 68 Prozent weniger als vor der Geburt, wie eine internationale Studie zeigt. In anderen Ländern ist der Einkommensverlust deutlich kleiner, in Dänemark lediglich 21 Prozent (siehe Tweet). In skandinavischen Ländern kehrten Mütter nach der Babypause oft wieder auf ihre Vollzeitstelle zurück, in der Schweiz sei das eher die Ausnahme, sagt Studienmitautor Josef Zweimüller von der Universität Zürich. «Der überwiegende Teil der Mütter reduziert das Arbeitspensum und befindet sich auch zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes noch in einer Teilzeitstelle.» 

Dadurch seien die Karrierechancen kleiner. In Teilzeit sei es schwieriger, im Betrieb aufzusteigen und so einen höheren Lohn zu bekommen. «Das summiert sich zu substanziellen Einkommenseinbussen von Müttern im Vergleich zu Vätern», so Zweimüller. Er erklärt den hohen Teilzeitanteil der Mütter mit den «sehr konservativen Geschlechternormen» in der Schweiz. Laut Umfrage sagen 91 Prozent der Bevölkerung, dass ein Kind darunter leidet, wenn die Mutter Vollzeit arbeitet. Für bessere Karrierechancen der Mütter brauche es neue Geschlechterrollen. «Es müssten nicht nur die Mütter, sondern auch die Väter gleichermassen das Arbeitspensum reduzieren, sobald Kinder da sind», so Zweimüller. Förderlich wäre laut Zweimüller auch ein längerer Vaterschaftsurlaub. Auch Arbeitgeber müssten Eltern entgegenkommen, etwa mit flexiblen Arbeitszeiten, individuellem Elternurlaub und Betreuungsangeboten.

Alliance F, der Bund Schweizerischer Frauenvereine, fordert schon lange Massnahmen, wie Co-Präsidentin und GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy zu 20 Minuten sagt. «Es braucht die Möglichkeit, dass Väter gleich lange Elternzeit beziehen können wie Mütter, zum Beispiel je 16 oder 18 Wochen.» In Island gebe es das schon lange und man habe gute Erfahrungen damit gemacht. Die Mütter arbeiteten dann rascher und in höheren Pensen in ihren Berufen weiter, während die Väter auch langfristig mehr Betreuungsaufgaben übernähmen. Auch bei den Betreuungsangeboten lohne sich eine gezieltere Unterstützung. «Die Schweiz hat mit die höchsten Elternbeiträge weltweit bei der Kinderbetreuung. Wenn der Staat hier mehr finanziert, zahlt sich das für die ganze Volkswirtschaft aus», so Bertschy (siehe Box). Die SP lancierte dazu auch die Kita-Initiative, die gute und bezahlbare Kitas garantieren soll.

Auch der Arbeitgeberverband nennt finanziell unattraktive Drittbetreuungsangebote als wesentlichen Grund für die geringe Beschäftigungsquote von Müttern, wie Chefökonom Simon Wey sagt. Die Wirtschaft wolle dieses ungenutzte Potenzial der Frauen im Arbeitsmarkt nutzen. Dafür befinde sich eine Initiative in der Vernehmlassung im Parlament, die vorsieht, dass die Beiträge der Eltern für die Kita sinken. 

 

«Betreuung in der Familie ist wichtiger»

Von einem verlängerten Vaterschaftsurlaub hält SVP-Nationalrat Manuel Strupler nichts. «Ich wurde erst kürzlich zum zweiten Mal glücklicher Vater, naturgemäss ist es aber so, dass Kinder gerade am Anfang vor allem auf die Mutter angewiesen sind.» Ausserdem würde sich der Fachkräftemangel noch verstärken, wenn Väter zusätzlich länger in der Babypause wären, so Strupler. Bei Kita-Plätzen ist Strupler gegen mehr bezahlte Leistungen vom Staat mit Steuergeldern. Eher solle die Familie wieder gestärkt werden. Es brauche deshalb nicht immer mehr Steuergelder und dadurch höhere Steuern. «Dann wären wir wie in den skandinavischen Ländern gezwungen, dass wegen der Steuern beide Eltern arbeiten müssen», so Strupler. «Ich will niemandem die Krippe verbieten, aber für mich persönlich ist die Betreuung in der Familie wichtiger. Deshalb soll jedes Paar selber wählen können, wie es dies organisiert, aber im Normalfall mehrheitlich auch selbst finanziell dafür aufkommen», so Strupler. So sei es schliesslich auch bei denjenigen, bei denen ein Elternteil zu Hause bleibe und die wertvolle Arbeit der Kinderbetreuung übernehme.

Weiterlesen - ein Beitrag von Fabian Pöschl erschienen am 29.08.2022 auf www.20min.ch

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