Kitas verlieren Betreuer scharenweise an Schulen

Der Lehrermangel in den Schulen stellt auch Kinderkrippen vor grosse Probleme. Weil ab Sommer ohne Diplom unterrichtet werden kann, wechseln viele Betreuungspersonen die Stelle.

Das Schweizer Bildungssystem leidet unter einem akuten Lehrermangel. Überall fehlt es an Fachkräften. Auch im Kanton Zürich. Ab dem kommenden Schuljahr können dort deshalb auch Personen ohne Lehrerdiplom unterrichten. Das hat Folgen: Angestellte aus anderen Betreuungsberufen wechseln nun in die Lehrerbranche und hinterlassen grosse Lücken. Das spürt auch Bettina Jecklin, Betreiberin einer Kita in der Stadt Zürich. Insgesamt 43 Krippenplätze pro Tag bietet Jecklin an, 30 Personen betreuen die Kinder. «Sechs dieser dreissig Personen wechseln jetzt den Job. Sie verlassen die Kita und arbeiten ab Sommer in den Kindergärten», sagt Jecklin zu Blick. Sie verliert auf einen Schlag einen Fünftel ihrer Belegschaft.

«Das Problem wird einfach umgewälzt»

Einige der Mitarbeiter hätten bereits länger mit einem Wechsel geliebäugelt – auch die zwei Jahre Pandemie haben die Mitarbeitenden stark gefordert, so Jecklin. Wegen des akuten Mangels und der kantonalen Ankündigung hätten sich nun auch weitere Betreuungspersonen für einen Wechsel entschieden. «Sicherlich ist auch der Lohn ein Grund dafür. Als Kindergarten-Lehrperson erhält man einen Lohn, den wir in der Kita-Branche einfach nicht bezahlen können», sagt Jecklin. Die Kita-Branche leide seit Jahren, müsse mit wenig Geld über die Runden kommen. «Leider ist es uns nicht möglich, wechselwilligen Personen ein Gegenangebot zu unterbreiten. Wenn wir die Löhne erhöhen würden, müssten wir das auf die Eltern abwälzen. Das können und wollen wir nicht», sagt die Geschäftsführerin. Jecklin sagt, sie habe Verständnis dafür, dass der Kanton nach Personal suche. «Der Fachkräftemangel in der Lehrerbranche ist tatsächlich ein grosses Problem. Wir alle möchten, dass die Kinder in den Kindergärten und Schulen gut betreut sind.» Dafür brauche es genügend Personen. Allerdings sei auch die Nachfrage nach Betreuungsplätzen in den Kitas ungebrochen hoch. «Wenn wir nun Personal an die Schulen und Kindergärten verlieren, wird das Problem einfach umgewälzt. Jetzt stehen wir vor der gigantischen Herausforderung, neue Leute zu finden. Und das ist momentan schwieriger als je zuvor. Ich verstehe, dass die Schulen und Kindergärten Leute brauchen. Aber sie bei den Kitas abzuwerben, darf keine Option sein.»

Weiterlesen - ein Beitrag von Sven Ziegler erschienen am 28.06.2022 auf www.blick.ch

 

 

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