Wer muss bei einer Scheidung was und wie viel zahlen?

Das Bundesgericht beschloss neue Regelungen für Paare im Falle einer Scheidung. Blick erklärt, was es mit dem nachehelichen Unterhalt auf sich hat und was das 2018 eingeführte Schulstufenmodell bedeutet.

Im Idealfall läuft eine Scheidung friedlich ab. Doch was, wenn die Fetzen fliegen – vor allem, wenn es ums Thema Geld geht? Wer muss wofür aufkommen? Wer muss wem wie viel zahlen? Das Bundesgericht hat in den vergangenen Jahren – ausgelöst durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2017 – einige Urteile mit Neuerungen zum Unterhaltsrecht gesprochen. Muriel Ego-Sevinc (33), Rechtsanwältin und Mediatorin bei der Advokatur Blumenfeld, ist hauptsächlich im Familienrecht tätig. Zu ihren Schwerpunktthemen gehören unter anderem Scheidungen, Trennungen und Unterhaltsverfahren. «Gerade das Unterhaltsrecht wurde in den letzten Jahren stark modifiziert», sagt sie zu Blick. Die Expertin gibt eine Übersicht über die wichtigsten Begriffe.

Betreuungsunterhalt

«Ab 2017 wurden eheliche und nicht eheliche Kinder durch eine Gesetzesänderung gleichgestellt. Auch nicht verheiratete Frauen werden mit dem sogenannten Betreuungsunterhalt für ihre betreuungsbedingten Einkommenseinbussen entschädigt», erklärt Ego-Sevinc. Der Betreuungsunterhalt soll das Existenzminimum der Frau sichern.

Schulstufenmodell

«2018 löste das Schulstufenmodell die 10/16-Regel ab.» Beim Schulstufenmodell geht es um die Frage, ab wann die Mutter wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss. Nach der neuen Rechtsprechung muss sie, sobald das jüngste Kind den obligatorischen Schulunterricht besucht (gilt je nach Kanton für den Kindergarten oder die Primarschule), ein 50-Prozent-Pensum aufnehmen. Bei Übertritt des jüngsten Kindes in die Oberstufe wird von ihr erwartet, ihr Arbeitspensum auf 80 Prozent aufzustocken. Ab dem vollendeten 16. Lebensjahr gilt es, ein 100-Prozent-Arbeitspensum aufzunehmen. Tut die betreuende Person dies nicht, kann ihr ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden. Verheirateten Frauen steht je nach Einzelfall zusätzlich ein nachehelicher Unterhalt zu.

Nachehelicher Unterhalt

«Die Frau hat Anspruch auf Fortführung des ehelichen Lebensstandards, wenn sie aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes ihre Tätigkeit zugunsten der Besorgung des Haushalts und der Kindererziehung aufgegeben hat und es ihr nicht mehr möglich ist, an ihrer früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen», so Ego-Sevinc. Ob diese Kriterien der Lebensprägung erfüllt sind, sei im Einzelfall zu prüfen. «Bisher galt die Vermutung, dass eine Ehe lebensprägend war, wenn die Ehe über zehn Jahre gedauert hatte oder Kinder daraus hervorgegangen waren. Das Bundesgericht hat diese Vermutungen in einer Reihe von kürzlich erschienenen Urteilen aufgegeben. In Zukunft ist jeder Fall individuell zu prüfen.» Zu beachten sei, dass, selbst wenn die Kriterien für eine Lebensprägung nicht erfüllt sind, je nach Konstellation nachehelicher Unterhalt gesprochen werden kann. «In Bezug auf Höhe und Dauer besteht jedoch ein grosser Ermessensspielraum des Gerichts», erklärt die Anwältin.

Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text die Frau als betreuende Person des Kindes oder der Kinder gewählt, da dies in der Praxis immer noch häufiger der Fall sei, wie die Anwältin betont. Die Angaben und Beschreibungen beziehen sich jedoch auf die jeweils betreuende Person in der Partnerschaft.

Weiterlesen - ein Beitrag publiziert am 16.05.2022 auf www.blick.ch

 

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