Der Homo Homeoffice: Produktiver, aber weniger teamfähig

Die Mitarbeitenden geben sich gute Noten für ihre Arbeit im Homeoffice. Nicht ganz so euphorisch sind die Chefs.

Lange Jahre weissagten Zukunftsforscher, dass die Digitalisierung unseren Arbeitsalltag fundamental verändern wird. Trotzdem drängten sich allmorgendlich die Autos auf der Autobahn und die Menschen in den Zügen, um quer durchs Land zum Arbeitsplatz zu fahren. Und auch das Kafi und Znüni waren fester Bestandteil des Nine-to-Five-Jobs – wie in den guten alten, analogen Zeiten. Durch Shutdowns und Homeoffice-Pflicht hat sich dies in Windeseile geändert: Seit einem Jahr gehört das Arbeiten von zuhause zum Alltag vieler Menschen in der Schweiz. Durch die Pandemie ist eine Art Versuchslabor in Sachen Homeoffice entstanden – auch für die Arbeitgeber, die nicht selten befürchteten, dass Homeoffice den Schlendrian befördern würde.

Meinungen im Management «polarisiert»

Eine neue Studie kommt nun zu anderen Schlüssen: Tatsächlich hat die Effizienz und Produktivität der «Heimarbeitenden» im letzten Jahr nicht gelitten. Durchgeführt wurde die Erhebung vom Personalberatungsunternehmen von Rundstedt. Laut Studienleiter Pascal Scheiwiller werden die neuen Freiheiten aus Sicht der Mitarbeitenden geschätzt. «Und sie glauben auch, dass Qualität und Effizienz im Homeoffice gestiegen sind.» Eine Sicht der Dinge, die tendenziell auch vom Management geteilt werde, sagt der Arbeitsmarkt-Experte. «Aber die Meinungen sind sehr polarisiert. Es gibt einen anderen Teil im Management, der findet, dass Qualität und Effizienz eher sanken.» Die verbreitete Skepsis in den Chefetagen begründet der Studienleiter damit, dass sich die Erwartungen an den Arbeitsalltag und die Angestellten über Jahrzehnte eingeschliffen haben. «Es braucht seine Zeit, bis man sich an den neuen Modus gewöhnt und auch die positiven Resultate erkennt.» Also alles eitel Sonnenschein im Homeoffice-Land Schweiz? Nur bedingt. Das isolierte Arbeiten behagt auf Dauer nicht allen. «Den Mitarbeitenden fehlt die Beziehungsebene», sagt Scheiwiller. Laut der Studie haben Teamwork und Zusammenhalt aus Sicht vieler Mitarbeitenden gelitten. So manch einem schlagen die fehlenden sozialen Kontakte aufs Gemüt. «Wir sehen, dass die Unzufriedenheit zunimmt. Am Anfang war das alles noch spannend», so der Arbeitsmarkt-Experte. «Und auch die Zoom-Apéros waren lustig. Aber irgendwann hat man die Nase voll und braucht den direkten Austausch, die physische Nähe.»

Die richtige Balance finden

Für Scheiwiller ist klar: Es braucht einen gesunden Mix. Eine Homeoffice-Pflicht, in der Mitarbeitende teils Wochen einsam vor sich hinarbeiten, sei kontraproduktiv: «Das wirkt sich negativ auf die Motivation und Beziehungsqualität im Unternehmen aus.» Die Verbundenheit zur Firma leidet also. Ein Jahr Corona hat die Arbeitswelt laut der Studie nachhaltig verändert. «Die meisten Unternehmen glauben, dass Homeoffice bleiben wird – sich aber in einem vernünftigen und sinnvollen Mittelmass einpendeln wird.» Diese Kombination von Heim- und Büroarbeit könne eine gesunde und produktive Balance herbeiführen, glaubt Scheiwiller.

Weiterlesen - ein Beitrag erschienen am 16.03.2021 auf www.srf.ch

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