Teilrevision des AHVG: Einsparungen bei den Hinterlassenenrenten

Der Bundesrat will das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) reformieren. Da diese Revision auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird und nicht der aktuellen wirtschaftlichen Realität in der Schweiz entspricht, lehnt Pro Familia Schweiz die Teilrevision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zur Anpassung der Witwer- und Witwenrenten klar ab.

Am 8. Dezember 2023 schickte der Bundesrat einen Entwurf für eine Teilrevision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) in die Vernehmlassung, mit dem Ziel, die Witwen- und Witwerrenten anzupassen, indem ihre Anspruchsvoraussetzungen gesenkt werden und die Auffassung vertreten wird, dass Witwen- und Witwerrenten – unabhängig vom Zivilstand der Eltern (mit einigen Ausnahmen) – nur für die Erziehungszeit gewährt werden sollten. Tatsäch­lich werden die derzeitigen Renten für Witwen und Witwer über 55 Jahre beibehalten, jüngere Personen haben jedoch nur zwei Jahre lang Anspruch auf diese Renten.

Die Vorlage will nach den Worten des Bundesrates eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen auf eine für die Betroffenen sozialverträgliche Weise beseitigen, dabei aber gleich­zeitig 880 Millionen Franken einsparen.

Laut Bundesrat ermöglicht die Gesetzesänderung, die Anspruchsvoraussetzungen an die gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen, d.h. zwei berufstätige Elternteile, die beide eine wirtschaftliche Unabhängigkeit garantieren. Laut Bundesrat entspricht das System der Witwen­renten, das bereits in den Anfängen der AHV eingeführt wurde, nicht mehr den heutigen gesell­schaftlichen Realitäten.

Es ist jedoch wichtig, daran zu erinnern, dass die 10. AHV-Revision, die am 1. Januar 1997 in Kraft trat, implizit die unterschiedlichen wirtschaftlichen Rollen von Frauen und Männern aner­kannte, da der Gesetzgeber ein System unterschiedlicher Hinterlassenenrenten für die beiden Geschlechter einführte, welches die Realität eines vollzeitbeschäftigten Mannes und einer teil­zeitbeschäftigten oder nicht mehr berufstätigen Frau anerkannte. Es sei auch daran erinnert, dass die Regierung seit dem Jahr 2000 mehrmals versucht hat, das System der Witwen- und Witwerrente zu reformieren, jedoch ohne Erfolg.

Aber was sagen die neuesten Statistiken des Bundesamts für Statistik BFS aus dem Jahr 2022? Sie zeigen, dass etwa 50 % der Mütter mit Kindern zwischen 0 und 12 Jahren eine Erwerbstätigkeit von weniger als 50 % ausüben (etwa 20 % sind gar nicht erwerbs­tätig). Der Revisionsentwurf berücksichtigt daher diese statistische Realität nicht. Er zielt darauf ab, die Hinterbliebenen in der Übergangsphase nach einem Todesfall vorüberge­hend zu unterstützen, solange sie Kinder zu versorgen haben, sowie diejenigen, die von prekären Verhältnissen bedroht sind. Ausserhalb dieser Lebensphasen werden keine Renten mehr gezahlt, was zu neuen prekären Situationen führen kann, deren Hauptopfer die Frauen sind, die ihre Erwerbstätigkeit reduziert haben, um sich um ihre Familie zu kümmern, wie die Statistiken des BFS belegen.

Wie auch immer unsere persönliche Meinung zu diesem Thema aussehen mag, es handelt sich hier um Fakten. Es ist daher nicht Aufgabe des Rechts, Situationen vorwegzunehmen, die sich ändern können, sondern vielmehr sich an das reale Leben der Frauen in der Schweiz anzupassen. Diese Tatsache zu leugnen, bedeutet auch, die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zu ignorieren. Darüber hinaus ist seit einiger Zeit eine Verschiebung von der Sozialver­sicherung zur Sozialhilfe zu beobachten. Im Gegensatz zur Sozialhilfe geht die Versicherung davon aus, dass eine Gruppe von Personen Prämien oder Beiträge zahlt, um sich gegen ein Risiko abzusichern, und wenn das Risiko eintritt, werden diese Personen entschädigt. Die Sozialhilfe hingegen beruht ausschliesslich auf staatlicher Unterstützung für Personen mit niedrigem Einkommen. Die AHV muss weiterhin Renten für die Risiken zahlen, die sie abdeckt: das Alter und Personen, die von einem Todesfall in der Familie betroffen sind. Eine Reform, die aus Spargründen bestimmte Kategorien von Familien ausschliesst, entspricht immer weni­ger dem Versicherungsprinzip und immer mehr dem Sozialhilfeprinzip. Vor allem schränkt sie den universellen Anwendungsbereich der AHV ein, den die Schweizer Bevölkerung bei deren Inkraftsetzung verabschiedet hat.

Da diese Reform auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird und nicht der aktuellen wirtschaftlichen Realität der Schweiz entspricht, lehnt Pro Familia Schweiz die gesamte Teilrevision der AHV ab, die das System der Hinterlassenenrenten verschlechtern soll.

Medienmitteilung vom 16.02.2024

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